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geschrieben von: Redaktion am 18.04.2013, 15:04 Uhr
paperpress614
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Eine knappe Stunde verbrachten die Bezirksverordneten in Tempelhof-Schöneberg gestern damit, vier Mündliche Anfragen zum Thema Logistikzentrum / Kleingartenkolonie Säntisstraße abzuarbeiten. Gestern haben wir die Anfragen veröffentlicht. Die Frage von Michael Ickes (Piraten) wurde aus Zeitgründen nicht mehr beantwortet, wäre sie aber auch nicht bei genügend Zeit, denn damit, was die „ortstypischen Beimischungen in dem Eisen der Gleise sind, die Aufschluss darüber geben könnten, von welchem Planeten des hiesigen Sternensystems“ sie stammen, wollte sich niemand beschäftigen. Wie blank die Nerven bei der Stadtentwicklungsdezernentin Dr. Sibyll Klotz (Grüne) liegen, wurde deutlich, als Ickes versuchte, einen Teil seiner Mündlichen Anfrage in einer Zusatzfrage einer anderen Anfrage unterzubringen. Ickes, so Klotz, solle sich doch die Gleise auf der Kleingartenkolonie selbst ansehen, am besten während der nächsten Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses. Auch ohne zart besaitet zu sein, kann man die Aufforderung an einen Bezirksverordneten, er solle lieber der Ausschusssitzung fern bleiben, als beleidigend empfinden. Aber, das kennt man ja schon. Mit der Bemerkung, die Kleingärtner sollten sich auch mal öffnen, hatte Klotz schon in einer früheren BVV-Sitzung deutlich gemacht, was sie von diesen Leuten hält. Ickes griff zum Stift und unterschrieb erst einmal die Liste für den Einwohnerantrag.
Viele Sozialdemokraten haben in den letzten Tagen ebenfalls die Listen unterschrieben. Am Rande der BVV-Sitzung auch die frühere Fraktionsvorsitzende Margrit Zauner und die Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses, Marijke Höppner. Bei der Beantwortung der Mündlichen Anfragen gab es zumindest zwei neue Informationen. Seit dem 12. April 2013 liegt dem Bezirksamt ein Bauantrag für das erste Logistikzentrum vor. Er ist allerdings nicht vollständig, weil das Lärm- und Verkehrsgutachten fehlt. Der Antrag wird jetzt von der Behörde sorgfältig geprüft, teilte Frau Dr. Klotz mit.
Inzwischen habe auch ein Gespräch zwischen dem Bezirksamt und dem Investor stattgefunden, auf dem er seine Pläne erläuterte. Nun ist plötzlich auch von Wohnungsbau die Rede und von dem Erhalt einiger Kleingärten. Den Wohnungsbauplänen widersprach auf dem Fuße Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD). Der Investor wolle nun auf der Einwohnerversammlung am 23. April 2013, um 19 Uhr, im Gemeinschaftshaus Lichtenrade seine Pläne den Anwohnern vorstellen.
262 Widerspräche gegen den Bau der Logistikzentren seien bereits eingegangen, 50 ließen sich von der Androhung einer Gebühr abschrecken und haben ihren Antrag wieder zurückgezogen. Die 2012 erteilten Bauvorbescheide verteidigte Klotz, alle waren rechtskonform. Problem ist nur dabei, dass bislang nicht festgestellt wurde, ob das Bezirksamt überhaupt die Bescheide hätte erteilen dürfen, oder ob dafür der Bund zuständig gewesen wäre. Dies wäre der Fall, wenn es sich um Bahngelände handeln würde. Festzustellen, ob es sich um Bahngelände handelt oder nicht, wäre Aufgabe des Eisenbahnbundesamtes. An dieses ist aber bislang niemand herangetreten, auch wurde kein Feststellungsantrag gestellt. Diesen könnte nur der Eigentümer oder die Kommune stellen. Das Interesse daran dürfte aus verständlichen Gründen bei beiden nicht besonders ausgeprägt sein. Denn läge die Hoheit beim Bund, wären alle bisherigen Bescheide Null und Nichtig und es kämen auf den Bezirk Schadensersatzansprüche zu. Der Bezirk beruft sich ständig darauf, dass man die Senatsstadtentwicklungsverwaltung gefragt habe und die hätte nein gesagt. Das mag sein, aber die Senatsverwaltung ist schlicht und einfach dafür nicht zu-ständig.
Ansonsten waren die Antworten von Sibyll Klotz ein Konglomerat aus Halbwahrheiten und Weglassungen, unkorrekten Zitaten und bislang unbewiesenen Behauptungen. Das paperpress-Redaktionsteam, das sich seit vielen Monaten mit dem Fall beschäftigt, kam gestern mal wieder aus dem Kopfschütteln nicht heraus. Durch paperpress sind die Kleingärtner und Anwohner umfangreich informiert, alle Vorgänge wurden dokumentiert. Frau Dr. Klotz müsste eigentlich davon ausgehen, dass unkorrekte Zitate sofort auffallen.
Warum behauptet sie, dass am 17.12.2012 der Senatsstadtentwicklungsabteilung der Wille des Bezirks, die Kleingartenkolonie zu erhalten, mitgeteilt wurde? In dem Schreiben ist nebulös von dem Wunsch „im politischen Raum, die Kolonie erhalten zu wollen“, die Rede. Der BVV-Beschluss vom Februar 2010 lag diesem Schreiben immer noch nicht bei. Das erfolgte erst in einem weiteren Schreiben vom 18.02.2013. Warum sagt sie, sie habe der Senatswirtschaftsverwaltung diesbezüglich geschrieben, wenn alle, die bislang Akteneinsicht genommen haben, kein entsprechendes Schriftstück dazu gefunden haben? In einem Schreiben vom 01.03.2013 teilt die Senatsverwaltung Fr. Dr. Klotz mit, dass sie ihr Schreiben vom 18.02.2013 und den BVV-Beschluss an die Senatswirtschaftsverwaltung weitergeleitet habe. Senator Michael Müller hätte ihr persönlich geschrieben, dass eine Änderung des Flächennutzungsplans nicht vorgesehen ist. Wo ist dieses Schreiben? Einige Beobachter der gestrigen BVV-Sitzung meinen, Frau Dr. Klotz hätte mitgeteilt, dass ihr das der Senator persönlich gesagt hätte. Wann und wo?
Siebenmal hätte ihr Amt die Senatsverwaltung angeschrieben, und immer hätte man geantwortet, dass man den FNP nicht ändern werde. Warum sagt sie so etwas, wo jeder nachlesen kann, dass die Senatsverwaltung mitgeteilt hat, dass sie „gegenwärtig“ keine Möglichkeit einer FNP-Änderung sehe. Gegenwärtig ist etwas anderes als nicht ändern werde. Der SPD-Bezirksverordnete Jan Rauchfuß stellte dann auch die beste Frage des Abends, ob sie denn wisse, dass bloßes Anschreiben und nachfragen kein Antrag sei. Warum wurde nicht längst der Antrag formvollendet gestellt? Der beste Satz des Abends von Frau Dr. Klotz war, dass man jetzt alle Kräfte konzentrieren müsse, um die Anwohner vor dem Logistikzentrum zu schützen. Späte, vielleicht zu späte Einsicht, aber immerhin.
Klar und deutlich drückte sich Frau Dr. Klotz vor allem in einem Punkt aus, als es um die Schuldzuweisung an ihren Vorgänger ging. Noch vor wenigen Wochen hatte sie gesagt, Bernd Krömer (CDU) hätte im Verfahren alles richtig gemacht. Wohl doch nicht. „Denn, im Jahr 2011 hat der Berliner Senat ‚den Stadtentwicklungsplan (StEP) Industrie und Gewerbe’ beschlossen, in dem u. a. die Flächen der in Rede stehenden Kleingartenkolonie ‚Eisenbahn Landwirtschaft Säntisstraße’ als gewerbliches Entwicklungspotenzial mit einer vorrangigen Inanspruchnahme enthalten sind. Dies wurde bei der Erarbeitung des StEP Industrie und Gewerbe auch vom Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg unterstützt.“ Zu jener Zeit war Krömer für die Stadtentwicklung verantwortlich. Vielleicht hätte man 2011 noch etwas ändern können, die Chance ist vertan worden.
Wer plant was und wem gehört es?
Nächsten Dienstag will also der Investor seine Pläne den Kleingärtnern und Anwohnern vorstellen. Wer ist aber dieser Investor. Kürzlich haben wir an den Briefkasten geschaut, der auf dem Grundstück Säntisstraße 89 steht. Auf einem Schild ist zu lesen: Hortuli GmbH. Geschäftsführer war Peer Mock-Stümer. Nach dem Verkauf der Hortuli ist nun Roland F. Geschäftsführer. Geschäftsadresse Sophie-Charlotten-Straße.
Es stehen aber noch weitere Firmennamen am Briefkasten. So die Loran Immobilien Verwal-tungs GmbH. Geschäftsführer Sergey N. und Roland F. Geschäftsanschriften: Sophie-Charlotten- und Säntisstraße. Diese ist beteiligt an der Loran Immobilien GmbH & Co. KG. Bis 3.8.2011 war Sergey N. Kommanditist. Alexander P. hat jetzt diese Funktion übernommen. Die Geschäftsanschriften sind mit den vorgenannten identisch. Nächstes Schild am Briefkasten: Sigma Logistics Services Ltd., eine Gesellschaft nach britischem Recht. Director: Sergey N. Geschäftsanschriften: identisch. Und letztlich gibt es noch die Panov Immobilien GmbH mit gleichen Geschäftsanschriften und als Geschäftsführer Sergey N.
Nun, es macht bestimmt Sinn, fünf Unternehmen für letztlich ein Logistikzentrum vorzuhalten.
Erwarten wir also mit Spannung, was die Investoren am kommenden Dienstag von sich geben werden.
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