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geschrieben von: Redaktion am 20.08.2013, 21:38 Uhr
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In diesen Tagen wehren sich nicht nur die Kleingärtner der Kolonie in der Säntisstraße in Marienfelde gegen einen möglichen Verlust ihres grünen Idylls. Auch die Parzellenbesitzer der Kolonie Oeynhausen in Schmargendorf kämpfen mit aller Macht gegen die Räumung dieses innerstädtischen grünen Raums. In beiden Fällen ist es vor allen Dingen ein Aufbäumen gegen die politisch Verantwortlichen im Bezirk. Die Wut auf und die Verbitterung gegenüber der Politik von SPD und Grünen ist unter den Kleingärtnern immens groß. Frau Dr. Klotz, verantwortliche grüne Stadtentwicklungsdezernentin in Tempelhof-Schöneberg, auf der einen Seite und Marc Schulte, SPD-Stadtentwicklungsdezernent in Charlottenburg-Wilmersdorf, auf der anderen Seite, haben es aus Sicht der Kleingärtner versäumt, sich für die Sicherung der Kolonien einzusetzen.
In Bezug auf die Kolonie Oeynhausen fielen am Donnerstag und Freitag letzter Woche wichtige Entscheidungen. Doch bevor wir auf diese eingehen, möchten wir das bisherige Geschehen rund um die Kolonie Oeynhausen etwas näher eingehen.
Auf der Webseite des Kleingärtnervereins Oeynhausen e.V. (http://www.kleingaertnerverein-oeynhausen.de/) ist zu lesen: „Die Kleingartenkolonie Oeynhausen, gelegen im Ortsteil Schmargendorf im Bezirk Berlin-Wilmersdorf, wurde im Jahr 1904 gegründet und ist damit eine der ältesten Kleingartenkolonien in Berlin. [..] Mit 436 Parzellen und einer Fläche von über 120.000 m² ist sie heute die größte Kolonie in Berlin-Wilmersdorf und befindet sich zu 38.587 m² (135 Parzellen) in Landeseigentum und zu 92.785 m² (302 Parzellen) in Privateigentum.“
Die Existenzbedrohung der Kolonie zieht sich nun schon über viele Jahre hinweg: „Bereits am 26. August 1986 wurde vom Bezirksamt Wilmersdorf ein Bebauungsplanverfahren zur Sicherung der kleingärtnerischen Nutzung eingeleitet (Bebauungsplan IX-150). Die Bezirksverordnetenversammlung Wilmersdorf hat am 16. Dezember 1999 das Bezirksamt aufgefordert, unsere Kolonie durch Festsetzung des Bebauungsplanes zu sichern, am 20.Juni 2000 wurde der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan IX-205 (Fläche identisch mit der des Vorgängers IX-150) ge-fasst. Aktuell geht es um den Bebauungsplan IX-205a, der vom 30.08.2010 bis zum 29.09.2010 öffentlich ausgelegt wurde. In der öffentlich zugänglichen Auslegungsbegründung lässt sich nachlesen: 'Die Erhaltung und planungsrechtliche Sicherung des Schmargendorfer Kleingartenareals ist seit über 20 Jahren Ziel der BVV...'. Bis heute befindet sich dieser Bebauungsplan im Verfahren und ist nicht festgesetzt worden, obwohl der ehemalige Baustadtrat Charlottenburg-Wilmersdorf, Herr Gröhler, dies im Jahr 2011 zugesagt hat.“
Die Angst des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf vor einer möglichen Entschädigungsforderung des jetzigen Eigentümers bei Festschreibung des Bebauungsplanes scheint immens groß zu sein:
„Der seit 27.10.2011 zuständige Bezirksstadtrat, Marc Schulte, hat auf der Informationsveranstaltung des Bezirksverbandes der Kleingärtner Berlin-Wilmersdorf e.V. am 02.06.2012 seine und die Unterstützung der Bezirksverordnetenversammlung bekundet, den Bebauungsplan festzusetzen. Hinderungsgrund dafür ist allerdings, dass die luxemburgische Gesellschaft Lorac Investment Management S.à.r.l. (ein Tochterunternehmen der Lone Star Funds), die das Grundstück am 31.03.2008/01.04.2008 von der Deutschen Post zu einem m²-Preis von 6,45 EUR gekauft hat, diesen Bebauungsplan anfechten will und möglicherweise eine Entschädigung einklagt. Für diese Entschädigung hätte das Land Berlin keine finanziellen Mittel.“
Ob und in welcher Höhe die Eigentümerin einen Entschädigungsanspruch bei Festschreibung der Kolonie als Dauerkleingarten im Rahmen des Bebauungsplans hätte, ist streitig. Mittlerweile gibt es drei unterschiedliche Rechtsgutachten, zwei davon vom Bezirksamt in Auftrag gegeben, eines von der Eigentümerin. Die Gutachten, die vom Bezirksamt beauftragt wurden, kann man auf der Webseite des Bezirksamtes nachlesen:
http://www.berlin.de/ba-charlottenburgwilmersdorf/org/stadtplanung/bebauungsplan/gutachten.html.
In Bezug auf die Eigentumsverhältnisse wird es aber noch komplizierter. Denn die Lorac Investment Management verkaufte das Gelände sehr gewinnbringend an die Groth-Gruppe um Klaus Groth. Man munkelt, dass das Gelände für 50 Millionen Euro an Groth ging. Das wäre also umgerechnet das etwa 80-fache von dem, was Lorac seinerzeit beim Erwerb der Fläche von der Deutschen Post gezahlt hat. Alban Becker, der Vorsitzende des Kleingärtnervereins Oeynhausen e.V., teilte uns mit, dass seinem Wissen nach der Kaufvertrag von Groth aber erst wirksam wird, wenn für das Gelände Baurecht erteilt wurde. Dies versuchen die Kleingärtner natürlich mit aller Macht zu verhindern.
Im Flächennutzungsplan (FNP) ist die Kolonie Oeynhausen seit 1994 als Grünfläche mit der Zweckbestimmung Kleingärten ausgewiesen. Ein FNP dient jedoch nur als vorbereitender Bau-leitplan und als Planungsinstrument, für welchen Zweck eine Fläche verwendet werden soll. In wikipedia heißt es dazu: „Der FNP entfaltet erst über einen verbindlichen Bauleitplan (Bebauungsplan), eine Baugenehmigung oder über eine Planfeststellung Rechtswirkung für den Bürger.“ Demnach ist auch mehr als verständlich, warum die Kleingärtner so sehr darauf drängen, dass besagter Bebauungsplan nun endlich festgeschrieben wird, um die Kolonie planungsrechtlich zu sichern.
Kommen wir aber auf die aktuellen Ereignisse zurück. Die BVV Charlottenburg-Wilmersdorf hat auf Ihrer Sitzung am 15. August den von der im April 2013 gegründeten Bürgerinitiative „Schmargendorf braucht Oeynhausen“ eingebrachten Einwohnerantrag „Keine Bebauung ohne Bürgerbeteiligung“ mit den Stimmen von CDU, Piraten und Linken angenommen. Fast die gesamte Grünen-Fraktion enthielt sich, die SPD stimmte gegen den Einwohnerantrag. Den Ein-wohnerantrag hatten im Vorfeld mehr als 3.200 Charlottenburg-Wilmersdorfer innerhalb von knapp drei Wochen unterschrieben. Sein Wortlaut:
Die BVV beschließt:
„1. Die Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf hebt die Beschlüsse vom 17.01.2013 und vom 16.05.2013 zur Wohnbebauung und Erschließung der westlichen Teilfläche des Grundstücks "Oeynhausen Nord" (Kolonie Oeynhausen, Drucksache 0466/4; Oeynhausen - keine Fakten schaffen lassen, Drucksache 0531/4) auf. Sie erklärt ihre Absicht, erst nach Abschluss des Bürgerbegehrens "Rettung der Kleingartenkolonie Oeynhausen" über die städtebauliche Entwicklung des Gebietes zu entscheiden.
2. Das Bezirksamt wird ersucht, mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Verhandlungen aufzunehmen mit dem Ziel, die Kleingartenkolonien Oeynhausen und Am Hohenzollerndamm im Stadtentwicklungsplan (StEP) Wohnen nicht als Wohnungsbaupotenzial auszuweisen und den Ausgang des vom Bezirksamt für zulässig erklärten Bürgerbegehrens "Rettung der Kleingartenkolonie Oeynhausen" abzuwarten. Ist diese Präjudizierung durch die genannte Senatsverwaltung nicht zu verhindern, wird empfohlen, zumindest die Vorbehalte bezüglich einer Bebauung, die u. a. von der Bürgerinitiative ‚Schmargendorf braucht Oeynhausen’, den Kleingärtnern sowie dem BUND vorgebracht wurden, in den Textteil des Stadtentwicklungsplans Wohnen aufzunehmen.“
Ein Antrag der SPD-Fraktion, der im Kern auf die Beibehaltung des erzielten Kompromisses zwischen Bezirksamt und Vorhabenträgerin hinzielte, wurde dagegen mit den Stimmen von CDU, Piraten und Linken abgelehnt. Die Grünen-Fraktion enthielt sich auch hier. Der Wortlaut dieses Antrages war wie folgt:
„Die Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf bekräftigt ihre Beschlüsse vom 17. Januar und vom 16. Mai 2013 zum Themenfeld Oeynhausen. Eine Aufhebung dieser Beschlusslage gefährdet den zwischen Bezirk und den Eigentümern erzielten Kompromiss. Mit dem Kompromiss werden 50% der Flächen planungsrechtlich als Kleingärten gesichert.
Eine planungsrechtliche Sicherung der gesamten Fläche als Kleingartenfläche ist angesichts des damit verbundenen finanziellen Risikos nicht zu verantworten. Eine Aufhebung des Kompromisses gefährdet alle 302 Parzellen der Kolonie Oeynhausen, die auf der privaten Fläche liegen. Dieses Risiko einer hundertprozentigen Bebauung lehnt die Bezirksverordnetenversammlung ab und unterstützt deshalb weiterhin den Kompromiss.
Das Bezirksamt wird aufgefordert, das weitere Verfahren so auszugestalten, dass sowohl die ökologischen Aspekte umfassend überprüft werden als auch eine umfangreiche Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger erfolgen wird. Die einzelnen Verfahrensschritte sind im Ausschuss für Stadtentwicklung vorab zu erläutern und zu besprechen.
Weiterhin wird das Bezirksamt beauftragt, im Rahmen des weiteren Verfahrens das Instrument des städtebaulichen Vertrages anzuwenden, um Fragen der Infrastruktur, wie z.B. Bau einer Kita innerhalb des Bauprojektes, zu klären. Auf den Investor ist dahingehend einzuwirken, dass in dem Neubauprojekt die soziale Mischung der Mieterinnen und Mieter gesichert wird.“
Am Freitag, dem 16. August 2013, wurde vor dem Verwaltungsgericht Berlin die Klage des Kleingärtnervereins Oeynhausen e.V. gegen das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf bezüglich einer Formulierung hinsichtlich einer möglichen Entschädigung im Text eines Bürgerbegehrens verhandelt.
Das Bürgerbegehren sollte eigentlich schon Anfang des Jahres gestartet werden. Kernpunkt des Bürgerbegehrens ist die Frage „Sind Sie dafür, dass das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf aufgefordert wird, das Gebiet des Kleingärtnervereins Oeynhausen e.V. durch zügige Fortsetzung des Bebauungsplanverfahrens bis zur Planfestsetzung des bereits aufgestellten Bebauungsplanes IX-205a dauerhaft zu sichern, um die geplante Bebauung durch die Eigentümerin zu verhindern?“
Aber erst jetzt wurde die Klage der Kleingärtner mündlich verhandelt. Die Richterin schlug beiden Seiten einen Kompromiss, eine „weichere Formulierung“ der Kostenschätzung, vor. Das Bezirksamt hat jetzt bis zum 29. August Zeit, diesen Kompromiss in einen entsprechenden Bezirksamtsbeschluss umzuwandeln. Sollte dies bis dahin nicht passieren, werde das Gericht dann über die Streitsache entscheiden, teilte ein Gerichtssprecher mit.
Wir werden die Entwicklungen hier, wie auch in der Sache Kolonie Säntisstraße, weiter beobachten und begleiten. Es bleibt spannend.
Textzusammenstellung und Kommentierung: Chris Landmann
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