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Ich freue mich, dass der Syrer lebt

geschrieben von: Redaktion am 28.01.2016, 09:02 Uhr
paperpress525 
Die Trauer und das Entsetzen über den Tod eines Syrers, den es nicht gab, waren groß. Freuen wir uns also umso mehr, dass er am Leben ist. Es ist immer wieder erschreckend, was diese so genannten „sozialen Medien“ auslösen können. Jeder Dreck wird für bare Münze ge-nommen. Immer unter dem Motto, „es wird schon was dran sein.“ Schlecht recherchierte Geschichten kennen wir aus der professionel-len Medienlandschaft Berlins zur Genüge. Aber gar nicht recherchiert, sondern einfach kühn behauptet, ist zunehmend das Markenzeichen von facebook und Twitter.

Was den angeblich toten Syrer betrifft, so sagt der letzte Abschnitt eines Artikels im Tagesspiegel von heute das aus, was durch viele Köpfe geistert.

„So verworren der Fall ist, eine Erkenntnis gibt es. Niemand – nicht die Politik, nicht die Helfer, nicht die Presse – hat den Tod eines Menschen am Berliner Lageso auch nur einen Moment lang für unwahrscheinlich gehalten.“

Diesen Satz muss man mehrfach lesen, und umso öfter, umso wütender wird man. Diese Aussage ist einfach nur perfide und widerlich. Das LaGeSo ist kein Kriegsgebiet, auch rennen hier keine Terroristen mit Sprengstoffgürteln durch die Gegend. Wärmebusse stehen bereit. Warum soll man also davon ausgehen können, oder es sogar für wahrscheinlich halten, dass hier Menschen sterben müssen?

Wenn schon bei einem durch nichts bewiese-nen, von niemand seriös recherchierten, angeblichen Todesfall, die Medien verrücktspie-len, was erst, wenn wirklich – aus welchem Grunde auch immer – jemand Schaden nimmt?

Geradezu sozialarbeiterisches Verständnis für den Auslöser des angeblichen Todesfalls zeigt Lorenz Maroldt in seinem Newsletter von heute: „Die Lüge ist nur ein Drama - für die vielen ehrenamtlichen Helfer, die sich jetzt kollektiv ins Zwielicht gestellt sehen, und für den Mann selbst. Was ihn dazu brachte, ist nicht klar. Überforderung? Erschöpfung? Verzweiflung? Ein Schrei nach Anerkennung? Nach mehr Aufmerksamkeit, für ihn, für die Lage der Flüchtlinge? Was was auch immer es war, jetzt braucht er selber Hilfe.“

Nichts, aber auch nichts von dem, was Maroldt als mögliche Motive für die Tat, ja es ist eine Tat, aufgeführt hat, rechtfertigt die Verbreitung einer Todesmeldung.

Die Zustände am LaGeSo, die sich nur schleppend verbessern und die auch unter krankheitsbedingten Ausfällen von Mitarbeitern leiden, werden teilweise von den Medien in reißerischer Weise weltweit verbreitet. Einen großen Anteil daran haben die Protagonisten von „Moabit hilft“. Fraglos hat diese Organisa-tion viel Gutes bewirkt, aber auch immer wieder die Stimmung angeheizt. Ich halte viel von guten Menschen, wenig von Gutmenschen, bei denen man nicht weiß, ob die eigene Zurschaustellung die Hauptmotivation ihres Handelns ausmacht. Mir waren diese Leute von Anfang an suspekt, erst recht, als sich herausstellte, dass einige „Ehrenamtliche“ inzwischen bezahlte Jobs bei der Caritas haben, mit denen sie die Verhältnisse verbessern sollten, die sie ständig kritisieren. Die BZ deckte das vor einigen Wochen auf.

Vermutlich werden die Telefone bei Mario Czaja heute nicht stillstehen, weil sich alle, die gestern seinen Rücktritt forderten, heute bei ihm entschuldigen wollen. Was kommt jetzt noch, nachdem Russland uns fast den Krieg erklärt hätte wegen der angeblichen und nicht bewiesenen Vergewaltigung eines 13-jährigen Mädchens mit russischem Migrationshintergrund, und einem nicht toten Syrer. Vielleicht sollten wir uns zwischenzeitlich mehr darüber aufregen, wie viele Menschen im Krieg in Syrien sterben.

Ed Koch

  
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