Willkommen bei PaperPress Jugendpolitischer Pressedienst
suchen  
Hauptmenü  

Online  
Es sind 5 Besucher und 0 _MEMBER0 online..

Anmeldung

Sprachen  
Sprache auswählen:


  

Gespräch mit Dr. Hans Stimmann

geschrieben von: Redaktion am 25.05.2016, 10:11 Uhr
paperpress529 
Hans Stimmann ist Anfang März 75 Jahre alt geworden. Der gebürtige Lübecker war in seiner Heimatstadt ab 1986 Bausenator, bevor er 1991 wie-der nach Berlin kam und unter Bausenator Wolf-gang Nagel Senatsbaudirektor wurde. Er blieb dies bis 2006 mit einer vierjährigen Unterbrechung, in der er als Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung tätig war. In seine Amtszeit fiel die Rekonstruktion der Mitte Berlins, der Umzug der Regierung und der Bau diverser neuer Vorstädte. Ein großes Glück und eine besondere Herausforderung für einen Stadtplaner und Architekten.

Kürzlich besuchte er den EUREF-Campus. Mit Reinhard Müller machte er einen Rundgang über das Gelände. Schon bevor der Campus entstand, kannte Stimmann das Gelände, weil er an der TU unter anderem mit Gaswerken beschäftigt hatte. Die Gas- und Kraftwerke waren in Berlin auch zu Symbolen des Fortschritts und Wachstums geworden.

Wenn Reinhard Müller 1993 mit dem Plan des EU-REF-Campus zu ihm als Senatsbaudirektor gekommen wäre, hätte er vermutlich gesagt: „Ich will Stadt und keinen Campus“. Ein Campus ist immer ein abgeschlossenes Areal. Angesichts dessen, was allerdings auf diesem Campus entstanden ist, spricht Hans Stimmann von einem Geniestreich Müllers, der das Potenzial dieses Areals erkannt hat, mit seiner spezifischen Lage, aber auch mit den vorhandenen Restriktionen. Eigentlich hätte Reinhard Müller für sein Projekt einen Orden verdient, denn die Transformation eines Gaswerkes auf dem Campus ist laut Stimmann exemplarisch. Vor allem deshalb, weil hier individuelle Einzelgebäude den Charakter des Neuen ausmachen. Be-sonders zufrieden ist er damit, dass die historischen Bestandsgebäude tatsächlich auch vielfältig genutzt werden. Die Anwohner Schöne-bergs könnten froh sein, so Stimmann, dass hier kein weiterer Bau- oder Möbelmarkt entstanden ist.

Die Suche nach einer neuen städtischen Nutzung, der Umgang mit der Geschichte der Stadt war und ist doch das Thema vom Zentrum bis in die Peri-pherie. So ging es auch in den Jahren nach der Wiedervereinigung auch im Zentrum vor allem um die Neugestaltung der gemeinsamen Stadtmitte, Potsdamer Platz, Friedrichstadt, Dorotheenstadt, Friedrichswerder usw. Die DDR habe die historische Stadtmitte abgerissen und zur Staatsmitte umgebaut. So hat Berlin sein Gedächtnis verloren. Um sie wieder aufzubauen, suchte sich Hans Stimmann Stadtpläne aus den Jahren vor 1933 heraus, also bevor die Nazis die Macht übernahmen und anfingen, die Stadt nach Speers Plänen umzuplanen. Die alten Pläne waren für Hans Stimmann Grundlage der Neugestaltung. Dort, wo schon einmal Stadt war, sollte auch Stadt wieder hin. Dabei kam der Paragraph 34 des Bundesbau-gesetzes Stimmann in seinen Plänen zugute. In dem Paragraphen geht es um das Einfügen in eine Baulücke zwischen zwei Häusern. Was aber, wenn die Lücke ganze Blöcke wie in der Dorotheen- und Friedrichstadt umfasst? Man schloss auch hier die Lücken. Gewünscht hätte sich Stimmann natürlich, dass in der Friedrichstraße mehr Gebäude auf parzellierten Grundstücken und weniger Blöcke entstanden wären. Selbst bei bedeutenden Architekten ist eine 100 Meter lange Front langweilig. Insge-samt gesehen, ist Hans Stimmann mit der neuen Architektur in der Innenstadt zufrieden, es hätte, sagt er, berücksichtigt man die ökonomischen und politischen Verhältnisse, schlimmer kommen können und nennt ein Beispiel:

Dort, wo sich heute Unter den Linden das Café Einstein befindet, wollte der amerikanische Architekt Richard Meier ein Hochhaus bauen. Stimmann machte ihm klar, dass es gerade hier eine vorgeschriebene Höhe gebe, worauf Meier das Interesse verlor. Letztlich hat der Berliner Architekt Jürgen Sawade, der auch die Schaubühne umgebaut hat, die Baulücke geschlossen, in dem sich heute das Café Einstein befindet, das vor allem deshalb so beliebt ist, weil es eines der ganz wenigen Cafés auf dem berühmtesten Berliner Boulevards ist. Aber das sei Geschichte, heute geht es um andere Themen.

So ist die wachsende Großstadt seit ein paar Jahren wieder zum Thema geworden. Hans Stimmann erinnert daran, dass Berlin in den frühen dreißiger Jahren deutlich über vier Millionen Einwohner hatte. Die aktuellen Prognosen sehen Berlin 2030 bei 3,8 Mio. Einwohnern. Stimmann kann deshalb die Auf-regung über eine wieder wachsende Stadt nicht verstehen.

Das im internationalen Maßstab gemessene relativ bescheidene Wachstum ist eine Chance. Das Problem ist vielmehr die Bevölkerungsstruktur: Single-Haushalte sind in Berlin die große Mehrheit, Familien mit zwei oder drei Kindern sind dagegen in der Minderheit. Dazu kommen die große Zahl der Alten, der Verbrauch an Wohnfläche mit derzeit ca. 42 m2 pro Person, viele Zweitwohnungen etc. Aber gleich-zeitig wird die Stadt jünger, die Zahl der Studenten wächst, die Dienstleister der Kreativindustrie lieben Berlin, kurz - die Lust auf Stadt wächst. Für ein solches Wachstum ist das EUREF-Projekt eine gute Adresse.

Und auch um weitere freie Flächen in Berlin macht sich Hans Stimmann keine Sorgen. Selbst in Berlins Mitte gäbe es noch genügend Flächen für städtische Nutzungen. Man muss nur den Mut haben, diese Potentiale zu nutzen, aber daran fehle es allzu oft.

Mit Dr. Hans Stimmann sprach Ed Koch

  
Anmeldung  




 


Registrierung

Impressum  
p a p e r p r e s s
Ed Koch (Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt)
Träger: Paper Press Verein für gemeinnützige Pressearbeit in Berlin e.V.
Vorstand: Ed Koch - Mathias Kraft
Postfach 42 40 03
12082 Berlin
Email: paperpress[at]berlin.de
PDF-Newsletter-Archiv:
www.paperpress-newsletter.de

Diese WebSite wurde mit PostNuke CMS erstellt - PostNuke ist als freie Software unter der GNU/GPL Lizenz erh�ltlich.