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geschrieben von: Redaktion am 20.06.2016, 16:33 Uhr
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Als heute vor 25 Jahren in Bonn darüber diskutiert wurde, ob Berlin (auch) Regierungssitz werden soll, habe ich die Welt nicht mehr verstanden. Was für eine Trickserei, im Einigungsvertrag vom August 1990 zwar Berlin als Hauptstadt festzulegen, aber über die Frage des Regierungssitzes später entscheiden zu wollen. Als ich vor langer Zeit noch deutschlandpolitische Seminare in Bonn und Umgebung veranstaltete und wir Rundfahrten durch Bonn unternahmen, wurde das Autokennzeichen BN immer mit Berlin-Nebenstelle übersetzt. Davon wollten die Bonner nichts mehr wissen, als völlig überraschend die Wiedervereinigung das Städtchen am Rhein an den Rand drängte.
Daran, dass Berlin bei einer Wiedervereinigung automatisch Hauptstadt und Regierungssitz wird, gab es überhaupt keine Zweifel. Man hatte allerdings die Rechnung ohne die in meinen Augen völlig geschichtslosen Nord-Rhein-Westfalen und Bayern gemacht. Die starke NRW-Gruppe im Bundestag kämpfte um Bonn als ginge es um Leben und Tod. Trotz der Entscheidung, dass Berlin auch Regierungssitz werden soll, hat Bonn einen guten Schnitt gemacht. Andere Bundes- und Europa-Behörden zogen dorthin und vor allem verblieben bis heute viele Ministerien am Rhein. Millionen kostet den Steuerzahler dieser zweite völlig überflüssige Amtssitz der Bundesregierung. Über die vielen Beamten, die jeden Tag zwischen Bonn und Berlin hin und her fliegen, wollen wir gar nicht reden. Unglaublich, was hier für ein Schwachsinn am Leben gehalten wird.
Ich möchte mir auch nicht vorstellen, was mit Berlin passiert wäre, wenn es lediglich Hauptstadt geblieben, aber nicht Regierungs- und vor allem Parlamentssitz geworden wäre. Eine andere Trickserei gab es mit dem Bundesrat, der unverständlicher Weise weiterhin in Bonn tagte. Erst im Jahr 2000 zog er nach Berlin um. Die Rheinländer haben versucht, Berlin richtig zu verarschen.
Zwar soll man nicht nachtragend sein, aber sich doch zumindest daran erinnern, wem Berlin letztlich zu verdanken hat, Regierungs- und Parlamentssitz ge-worden zu sein. 338 von 658 Abgeordneten stimmten für Berlin = 51,4%. Wie teilt sich das auf: CDU: 124 für Bonn 146 für Berlin. Danke. CSU: 40 für Bonn 8 für Berlin. Kein Kommentar. SPD: 126 für Bonn 110 für Berlin. Verräter. FDP: 26 für Bonn 53 für Berlin. Sehr ordentlich. Linke: einer für Bonn 17 für Berlin = 94,5% Berlin-Freunde, damit die größte Zustimmung. Grüne: zwei für Bonn vier für Berlin. Immerhin. Und ein Fraktionsloser wollte in Bonn bleiben.
Interessant auch, wo Berlin geographisch seine Freunde hatte. 291 Abgeordnete der „alten Bundes-länder stimmten für Bonn, 214 für Berlin, während 29 aus den „neuen Bundesländern einschließlich Berlin“ für Bonn stimmten und 214 für Berlin.
Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung
Nicht vergessen werden darf, wer an diesem 20. Juni 1991 die großen Reden für Berlin hielt. Bundeskanzler Helmut Kohl mit einem klaren Satz: „Ich stimme für Berlin.“ Auch Willy Brandt hielt eine flammende Rede für die Stadt, in der er einst Regierender Bürgermeister war.
Die beeindruckendste Rede hielt jedoch der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble, der sagte: „Für mich ist es - bei allem Respekt - nicht ein Wettkampf zwischen zwei Städten, zwischen Bonn und Berlin. Es geht auch nicht um Arbeitsplätze, Umzugs- oder Reisekosten, um Regionalpolitik oder Strukturpolitik. Das alles ist zwar wichtig, aber in Wahrheit geht es um die Zukunft Deutschlands. Das ist die entscheidende Frage.
Mit allem Respekt darf ich einmal sagen: Jeder von uns - ich wohne ja weder in Bonn noch in Berlin; ich wohne auch nicht in Brandenburg oder in Nordrhein-Westfalen, sondern ich wohne ganz im Südwesten an der Grenze zu Frankreich - ist nicht nur Abgeordneter seines Wahlkreises und seines Landes, sondern wir sind Abgeordnete für das gesamte deutsche Volk. Jeder von uns muss sich dieser Verantwortung bewusst sein, wenn er heute entscheidet.“
„…das Symbol für Einheit und Freiheit, für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit für das ganze Deutsch-land war wie keine andere Stadt immer Berlin: von der Luftbrücke über den 17. Juni 1953, den Mauer-bau im August 1961 bis zum 9. November 1989 und bis zum 3. Oktober im vergangenen Jahr.“
Nun, es war ein historischer Tag für Berlin, vermutlich der wichtigste nach dem Mauerfall. Nach 25 Jahren wird es nun endlich Zeit, dass die Bundesregierung die letzten Zelte in Bonn abbaut. NRW und Bayern werden den üblichen Widerstand leisten.
Ed Koch
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