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Ein Scherbenhaufen misslungener Integration

geschrieben von: Redaktion am 17.04.2017, 15:07 Uhr
paperpress540 
Eine der ersten Ankündigungen des türkischen Dikta-tors Erdogan galt der Wiedereinführung der Todes-strafe. Das macht Sinn. Denn die überfüllten Gefängnisse müssen für den künftigen Nachschub frei-gemordet werden. Und Neuzugänge wird es geben. Die Türkei stand vor dem Referendum am Abgrund und ist heute einen Schritt weiter. Die wirtschaftliche Situation ist alles andere als rosig. Der Tourismus liegt am Boden. Wer will in einem Land Urlaub machen, in dem man sehr schnell unter Terrorismusverdacht geraten kann. Ein Gespräch mit „falschen“ Leuten kann schon ausreichen.

Das Ergebnis des Referendums, das die Türkei in eine Präsidial-Diktatur treibt, ist genau betrachtet hauch dünn. Die Gegner hatten so gut wie keine Möglichkeiten, für das Nein Argumente zu liefern. In den gleichgeschalteten Medien konnten vor allem Erdogan und seine Claqueure ihre Position verkaufen. Ein demokratischer Wahlkampf sieht anders aus. In den Großstädten wie Ankara (51,15%), Istanbul (51,35%), Izmir (68,8%) und Antalya (59,08%) überwiegen die Nein-Stimmen, weil hier der Informationszugang größer ist als in den Provinzen.

Nun könnte man natürlich dem Vorgang keine größere Bedeutung beimessen, wenn nicht rund drei Milli-onen „türkisch-stämmige“ Menschen in Deutschland lebten. 1,43 Mio. davon waren wahlberechtigt, knapp 50% nahmen Gebrauch von ihrem Wahlrecht und 63,1% von diesen haben mit Ja gestimmt. In Berlin ist das Ergebnis etwa gleich mit dem in der Gesamttürkei, nämlich 51%. In anderen europäischen Ländern, ausgenommen der Schweiz (38% Ja-Stimmen), sieht es noch verheerender aus: Österreich 73,5%, Niederlande 71% und Belgien 75,1%. Das kann man bewerten wie mal will, ich nenne es einen Scherbenhaufen misslungener Integration.

Wie kann ein Mensch, der in einem der demokratischsten Staaten der Welt lebt, mit einem besseren Wahlsystem als in den USA und Groß Britannien, mit einer breit gefächerten unabhängigen Medienvielfalt, einem Referendum zustimmen, das demokratische Grundrechte abschafft und alle Staatsgewalt in die Hand eines einzelnen legt? Das kann doch nur dann möglich sein, wenn dieser Mensch keinen oder kaum einen Kontakt zur Mehrheitsgesellschaft hat, keine Zeitungen liest, sondern sein ganzes Wissen über Satellit direkt aus dem Erdogan-Palast in Ankara bezieht. Ein Experte begründet dieses Verhalten damit, dass sich die Menschen abgehängt fühlen. Ich kann dieses Wort „abgehängt“ nicht mehr hören. Es gehören immer zwei dazu, einer der andere abhängen will und einer, der sich das gefallen lässt. Was muss denn getan werden, damit sich unsere türkischen Mitbürger hier zu Hause fühlen? Sie geben ja zu, die Freiheit in unserem Land zu genießen, vergöttern aber gleichzeitig einen Diktator, in dessen Land sie wiederum nicht leben möchten. Warum auch. Sie sind hier geboren, aufgewachsen, zur Schule gegangen und haben einen Beruf erlernt, den sie ausüben. Das jedenfalls ist der Regelfall.

Niemand will den Türken ihr Herkunftsland, das sie häufig – wenn überhaupt – nur aus dem Urlaub kennen, madig machen. Aber die Türkei ist seit heute keine Demokratie nach europäischer Wertevorstellung mehr. Natürlich können wir den Türken nicht sagen, geh doch nach Hause, da ihr Zuhause hier ist. Aber was tun? Wir haben nun ein richtig großes Problem. Wenn die Todesstrafe tatsächlich wieder eingeführt wird, hat sich jede Diskussion über einen EU-Beitritt erübrigt, da hilft auch keine Schönrechnerei der Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Aydan Özoguz (SPD): „Unter dem Strich haben nur etwa 14 Prozent aller hier lebenden Deutsch-Türken mit Ja gestimmt. Die meisten Migranten seien gar nicht zur Wahl gegangen.“ (Quelle: Münchener Merkur). CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sieht es pragmatischer: „Die Türkei hat für den Türkxit gestimmt", sagte er der Deutschen Presseagentur.

Es macht nun keinen Sinn, die türkischen Mitbürger zu beschimpfen, besser wäre es, sie in den Arm zu nehmen. Am Zusammenleben führt kein Weg vorbei. Dazu muss die Mehrheitsgesellschaft die Hand aus-strecken, was keine Einbahnstraße sein kann. So fordert Grünen-Chef Cem Özdemir nach dem Referendum in der Türkei völlig zu Recht von Deutsch-Türken in der Bundesrepublik ein klareres Bekenntnis zum Grundgesetz. „Die Auseinandersetzung um Herz und Verstand der Türkeistämmigen muss endlich aufgenommen werden”, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Künftig muss stärker darauf be-standen werden, dass auf Dauer in Deutschland Lebende nicht nur mit den Zehenspitzen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, sondern mit bei-den Füßen.”

Wir haben 1961 Türken zu uns nach Deutschland eingeladen, um hier zu arbeiten und zu leben. Damit haben wir Verantwortung übernommen, der wir uns jetzt und in Zukunft stellen müssen.

Ed Koch

  
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