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Unredlich!?

geschrieben von: Redaktion am 28.06.2017, 16:26 Uhr
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Eigentlich sollte man nicht über jedes Stöckchen springen, das einem der Chef-Agitator der BZ, Gunnar Schupelius, hinhält. Wenn es dann aber doch zu unerträglich wird, muss man durch einen Gegenkommentar der eigenen Magengeschwürbildung vorbeugen. Es geht um Tegel, worum sonst?

„Der Regierende Bürgermeister tritt immer heftiger für die Schließung des Flughafens Tegel ein“, schreibt Schupelius. Woran er das festmacht, weiß ich nicht. Müller sagt, wenn er gefragt wird, seit Monaten immer dasselbe. Denn, es hat sich nichts geändert. „Wenn das Volk am 24. September anders entscheidet, wird es für ihn äußerst schwierig.“ Nein, es wird nicht für Müller, sondern könnte für Berlin als Teil der BER-Gesellschaft schwierig werden, wenn der Senat dem Votum des Volksentscheides folgt.

„Im Streit um den Flughafen Tegel ergreift der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) immer stärker Partei. Immer heftiger führt er die Argumente derjenigen ins Feld, die den Flughafen gerne schließen würden. Das müsste er nicht tun. Er könnte als Stadtoberhaupt auch neutral bleiben und abwarten, wie die Berliner in der Volksabstimmung am 24. September entscheiden werden.“ Ich schreibe das ungern, aber diese Argumente sind an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten. Man muss Herrn Schupelius nicht daran erinnern, dass es seit Planungsbeginn des BER zwischen Berlin, Brandenburg und dem Bund vereinbart ist, Tempelhof so schnell wie möglich und Tegel bei Inbetriebnahme in Schönefeld zu schließen. Daran hat sich nichts geändert. Tegel war kein Thema, bis die FDP eine Propagandachance für ihren Wahlkampf sah.

Nach gewonnener Wahl will die FDP jetzt den zweiten Schritt umsetzen, und einen Volksentscheid gewinnen. Wortlaut: „Der Flughafen Berlin-Tegel Otto-Lilienthal ergänzt und entlastet den geplanten Flug-hafen Berlin Brandenburg Willy Brandt (BER). Der Berliner Senat wird aufgefordert, sofort die Schließungsabsichten aufzugeben und alle Maßnahmen einzuleiten, die erforderlich sind, um den unbefristeten Fortbetrieb des Flughafens Tegel als Verkehrs-flughafen zu sichern!“ Da die „Schließungsabsichten“ mit Brandenburg und dem Bund vereinbart sind, dürfte es spannend werden, wie die sich dazu äußern. Schupelius: „Durch die Parteinahme verknüpft Michael Müller sein politisches Schicksal vor aller Augen mit der Tegel-Abstimmung. Denn wenn die Pro-Tegel-Seite gewinnt, was zu erwarten ist, kann er entweder die Seite wechseln. Das wäre unglaubwürdig. Oder gegen das Volk regieren. Das wäre heikel.“ Natürlich weiß es Schupelius besser, aber agitieren macht halt Freude. Es geht nicht um Parteinahme des Regierenden Bürgermeisters, es geht darum, dass er sich an Verträge hält. Sein Job ist es, die Position des Senats zu vertreten, und diese bein-haltet die Schließung von Tegel. Das war die Position unter Rot-Rot, Rot-Schwarz und ist sie jetzt unter Rot-Rot-Grün. Müller steht schlicht und einfach für Kontinuität und eine klare Haltung, wie sie in der Politik nicht häufig zu erkennen ist.

In diesem Zusammenhang darf die CDU nicht unerwähnt bleiben, deren Führung zu feige ist, sich zu ihrem Wahlprogramm von 2016 zu bekennen. „Die Umsetzung dieser Planung (Schließung von TXL) ist ein wichtiger Baustein für die Stärkung des Forschungs- und Unternehmensstandortes Berlin und die Schaffung moderner Arbeitsplätze“ (S. 33), und „Die kreative industrielle Nachnutzung von Tegel hat für die CDU unbedingte Priorität gegenüber allen anderen Nutzungsüberlegungen“ (S. 44).“ Quelle: Tagesspiegel Checkpoint. Chefredakteur Lorenz Maroldt ergänzt: „Unbedingt! Es sei denn, man sitzt plötzlich in der Opposition.“

In der Rubrik „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“ (Original von K. Adenauer), präsentiert der Tagesspiegel Aussagen des jetzigen CDU-Generalsekretärs Stefan Evers: 2013: „Tegel offen halten zu wollen, ist rechtlicher Blödsinn.“ 2015: „Weder das Parlament, noch der Senat, noch nicht einmal ein Volksentscheid könnte die Offenhaltung erzwingen.“ 2017: „Tegel muss offen gehalten wer-den.“ Nun müssen die CDU-Mitglieder ihrem Parteivorstand sagen, was sie wollen.

Zurück zu Schupelius, der im nächsten Satz zu seiner beliebten Höchstform aufläuft: „Ziehen wir einen Vergleich mit London: Dort kämpfte Premierminister David Cameron gegen den Austritt Englands aus der EU. Als das Volk anders entschied, trat er zurück. Das war die einzig sinnvolle Reaktion.“ Es hat ja ein paar Sätze gedauert, ehe Schupelius zum Kern seines Anliegens kommt.

Nun allerdings eine Passage, deren Inhalt man der SPD, aber nicht nur der SPD, vorwerfen kann: „Denn seine Partei, die SPD, hat den Volksentscheid über-haupt erst gesetzlich möglich gemacht und immer als große Errungenschaft der Demokratie gefeiert.“ In einer repräsentativen Demokratie entscheiden in erster Linie die vom Volk Gewählten. Ich halte Volks-entscheide für blanken Unsinn. Das habe ich an dieser Stelle viele Male begründet. Es gibt nur einen Volksentscheid, den man zulassen kann, nämlich den, der die Abwahl des Senats, die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen vorsieht. Bitte, nur zu.

„Müller spielt das Spiel ganz raffiniert. Er behauptet einfach, dass Tegel aus rechtlichen Gründen gar nicht offen gehalten werden könne. Dass zweitens der Lärmschutz ‚Milliarden Euro‘ kosten würde, wenn Tegel offen bliebe und dass drittens ‚die Terminalkapazitäten in Schönefeld hinreichend ausbaubar‘ sei-en, sodass Berlin in Zukunft mit einem einzigen Flughafen auskomme.“ Es ist kein Spiel, das hier stattfindet. Mit allem hat Müller Recht, was Schupelius natürlich bestreitet. „Müller malt dennoch das Schreckgespenst von ‚jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen‘ an die Wand und wirft allen, die für Tegel stimmen, vor, die Zukunft der Stadt zu verspielen. Das ist unredlich.“ Nein, Herr Schupelius, das ist nicht unredlich, sondern die Wahrheit, die Sie auch kennen, und deshalb ist Ihr Agitationsbeitrag unredlich.

Denn, Schupelius weiß, dass es eine Klagewelle bei der Offenhaltung von Tegel geben wird. In der Berliner Zeitung haben sich die Umweltschützer schon mal in Position gebracht. „Im Falle eines erfolgreichen Volksentscheids und dem Nachgeben auf Senatsseite, stehen die Naturschützer in den Startlöchern um gegen einen Weiterbetrieb zu klagen“, ist in der Berliner Zeitung zu lesen. Und weiter: „Wenn aus welchen Gründen auch immer entschieden würde, dass Tegel in Betrieb bliebe, würden wir mit allen zur Verfügung stehenden juristischen Mitteln dagegen vorgehen", sagte Tilmann Heuser vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) der Berliner Zeitung. Eine anvisierte Sammelklage hätte laut Heuser sehr große Erfolgschancen.

„613.000 Befürworter müssen am 24. September zusammenkommen, wenn diese Zahl erreicht ist, war der Volksentscheid erfolgreich. Würde der Senat diese Stimmen ignorieren, wären der Konflikt und die damit einhergehenden Proteste unausweichlich. Bliebe der Flughafen Tegel offen, erwartet dem Senat Gegenwind fluglärmgeplagter Anwohner.“ Und nicht nur von dieser Seite. Alle BER-Planungen, die auf der Schließung Tegels beruhen, kämen auf den Prüfstand. Und das hieße, dass sich der Start am BER auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben würde. Das wäre dann ein echter Schaden für Berlin, ganz abgesehen von den fehlenden Wohnungen, die in Tegel entstehen sollen.

Der Senat ist nicht zu beneiden. Er steht in dieser Frage mit dem Rücken an der Wand. Ob R2G diese Zerreißprobe aushält, muss man abwarten. Die Gefälligkeitsgutachten zur Offenhaltung von Tegel sind nichts wert. Zu jedem Gutachten kann man ein Gegengutachten erstellen lassen. Die Motive von Ryanair in Tegel bleiben zu wollen, sind durchsichtig. Die Landegebühren würden am BER höher sein. Die Gutachten spielen aber letztlich keine Rolle. Wohl aber alle Prozesse, die angestrengt werden. Und es ist eben nicht ein „Schreckgespenst“, das der Regierende Bürgermeister an die Wand malt, sondern Realität.

Dass der Volksentscheid die notwendige Mehrheit bekommen wird, ist sehr wahrscheinlich. Vor allem deshalb, weil niemand mehr Vertrauen in eine BER-Eröffnung hat. Der Süden Berlins wird dafür sein, weil man sich erhofft, weniger Flugzeuge am Himmel zu sehen. Und selbst die Reinickendorfer könnten einerseits für eine Offenhaltung von Tegel stimmen, weil sie im Falle der Schließung Angst vor höheren Mieten haben, andererseits werden viele auf Lärmschutzmaßnahmen klagen. Rund 300.000 Menschen sind vom Tegeler-Fluglärm betroffen.

Und noch ein Punkt sollte nicht unerwähnt bleiben. Bereits 2004 ist die Betriebsgenehmigung von Tegel widerrufen worden. Um Tegel offen zu halten, müss-te es einen Widerruf des Widerrufs geben. Tegel in der jetzigen Form entstand auf alliierte Anweisung in West-Berlin. Es ist eher unwahrscheinlich, dass es damals so etwas wie Bürgerbeteiligung gab. Selbst wenn, alle West-Berliner wären für den Flughafen gewesen. Ob allerdings heute noch einmal ein inner-städtischer Flughafen an den Start gehen könnte, ist nahezu ausgeschlossen.

Den politischen Agitatoren, die sich für eine Offenhaltung von Tegel stark machen, spreche ich ein ernsthaftes Interesse ab. Es geht um etwas ganz anderes. Mal wieder. Es geht um die Lust am Chaos und darum, den „Regierenden“ ein Bein zu stellen. Ich kann nur hoffen, dass Michael Müller standhaft bleibt. Es ist unerheblich, wovon er persönlich überzeugt ist, er hat sich an Verträge zu halten. Das opportunistische Verhalten der CDU empfinde ich als beschämend. Das Verhalten der FDP ist reiner Populismus. Wohin ist diese einst stolze liberale Partei bloß abgestürzt? Und Karl Eduard von Schnitzler ist nicht tot, er lebt in neuem Gewande in der BZ weiter…

Ed Koch

  
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