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geschrieben von: Redaktion am 21.12.2017, 05:22 Uhr
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Er gibt keine Interviews, kaum jemand weiß, wo er heute seinen 75sten Geburtstag feiert. Rummel um seine Person hat er noch nie gemocht. Für Klatsch und Tratsch ist er nicht zu haben. Dass seine Fans ihn heute dennoch feiern und an ihn denken, wird ihn vermutlich trotzdem freuen.
Der MedienPoint Tempelhof denkt regelmäßig mit kleinen Ausstellungen an bedeutende Persönlichkeiten der Zeitgeschichte, so auch jetzt an Reinhard Mey. Im letzten Jahr feierte man dort den 65sten Geburtstag von Klaus Hoffmann, der mit seiner Frau Malene an der Ausstellungseröffnung teilnahm. Reinhard Mey und Klaus Hoffmann, das ist eine ganz besondere Freundschaft, die seit Jahrzehnten besteht. Das gemeinsame Lied „Schenk mir diese Nacht“ haben sie viele Male bei Klaus-Hoffmann-Konzerten gesungen.
Das ARD-Magazin „Brisant“ gratulierte gestern Reinhard Mey zu seinem Geburtstag. Anzuschauen in der Mediathek unter:
http://www.ardmediathek.de/tv/BRISANT/75-Jahre-Liedermacher-Reinhard-Mey/Das-Erste/Video?bcastId=2673662&documentId=48552472
Reinhard Mey wurde im Berliner Bezirk Wilmersdorf als zweites Kind des Rechtsanwalts Gerhard Mey und der Lehrerin Hertha Mey geboren. Er besuchte das Französische Gymnasium in Berlin, wo er 1963 das französische Baccalauréat und das deutsche Abitur absolvierte. Zu Meys Klassenkameraden im Französischen Gymnasium zählten der spätere Liedermacher Ulrich Roski und die Politologin Gesine Schwan. Mey absolvierte im Anschluss eine Ausbildung zum Industriekaufmann bei der Schering AG Berlin. Ein darauf begonnenes Studium der Betriebswirtschaftslehre an der TU Berlin brach er nach sechs Semestern ab, um sich ganz der Liedermacherei zu widmen.
Im Alter von zwölf Jahren bekam Mey seine erste Klavierstunde, mit vierzehn erhielt er seine erste Gitarre (als Leihgabe seiner Tante), kurz darauf kaufte er sich für 40 Mark eine eigene Gitarre. Er brachte sich selbst das Trompete spielen bei. Bereits während der Schulzeit sammelte er mit Freunden Erfahrungen auf der Bühne mit der Aufführung von Skiffle-Musik in der 1957 gegründeten Band Rotten Radish Skiffle Guys, der er das gleichnamige Lied in seinem 2010 erschienenen Album Mairegen widmete. Im Jahr 1961 bildete sich die Gruppe Les Trois Affamés mit Wolfgang „Schobert“ Schulz. Meys erstes Chanson, Ich wollte wie Orpheus singen, erschien 1964. Im selben Jahr bekam er die Möglichkeit, auf dem Festival Chanson Folklore International auf der Burg Waldeck, einer Burgruine im Hunsrück, seine Lieder vorzutragen. Dort lernte er auch 1966 den gleichaltrigen Liedermacher Hannes Wader kennen. 1967 star-tete er für Deutschland beim Knokke-Festival in Bel-gien. Dies führte zu seinem ersten französischen Plattenvertrag.
1967 tourte Reinhard Mey zeitweise zusammen mit Hannes Wader durch die Bundesrepublik und spielte mit ihm in Clubs und auf Theaterbühnen. Da das Repertoire beider Musiker zu diesem Zeitpunkt jeweils noch zu klein für ein abendfüllendes Konzert war, traten sie mit einem gemeinsamen Programm ihrer deutschen und französischen Stücke auf. Nach einem besonders erfolgreichen Auftritt im Audimax der Universität Hamburg entschied sich Mey aller-dings gegen eine Fortführung der gemeinsamen Auftritte.
Ebenfalls 1967 bekam er einen Plattenvertrag in Deutschland. Anfangs, so Der Spiegel, „schien es freilich, als würde die Karriere des Liedermachers im kommerziellen Abseits enden. Denn der Beamten-sohn … tingelte … durch Studenten-Pinten, Keller-Kneipen und Provinz-Turnhallen – ohne nennenswerte Resonanz. … Das deutsche Show-Business nahm jahrelang kaum Notiz von ihm oder spottete bestenfalls: ‚Der Mey ist ein Spinner‘.“ Durch gelegentliche Funk- und Fernseh-Engagements zu bescheidener Popularität gelangt, brachte ihm erst 1971 die Doppel-LP Reinhard Mey live (bis Oktober 250.000 verkaufte Exemplare) sowie das Lied ‚Der Mörder ist immer der Gärtner‘ den Durchbruch zu einem Massenpublikum.
1967 heiratete er die Französin Christine; die Ehe wurde 1976 geschieden. Seit 1977 ist Mey mit seiner Frau Hella verheiratet und lebt in Berlin-Frohnau. Aus dieser Ehe stammen zwei Söhne und eine Tochter.
Im Mai 2014 starb Meys zweitgeborener Sohn Maximilian nach einem etwa fünf Jahre dauernden Wach-koma, das aus einer verschleppten Lungenentzündung und Herzrhythmusstörungen resultierte. Er wurde 32 Jahre alt. Quelle: Wikipedia
Begegnungen
In der eingangs erwähnten „Brisant“-Sendung vom 20. Dezember berichteten der Ex-RIAS-Moderator Henning Hamann, und ein „Fan der ersten Stunde“, Ed Koch, über ihre Begegnungen mit Reinhard Mey. Hamann hatte Reinhard Mey zweimal in seiner Sen-dung und erlebte ihn als äußerst angenehm. Seine Lieder sind Geschichten, häufig aus dem Alltag, wenn er beispielsweise die Antragstellung eines Antragsformulars besingt. Viele seiner Lieder sind zu Klassikern geworden, „Der Gärtner ist immer der Mörder“ oder „Gute Nacht, Freunde“, vor langer Zeit von Inga & Wolf gesungen. Übrigens: Wolfgang Preuß von Inga & Wolf besuchte jene Berufsschule, auf der auch Klaus Hoffmann seine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann machte.
Es muss Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre gewesen sein, als ich in Kiel war und ein Plakat von Reinhard Mey entdeckte. Seine Lieder kannte ich aus dem Radio. Ich besorgte mir für denselben Abend eine Karte, was damals noch problemlos möglich war, denn heute sind seine Konzerte lange im Voraus ausverkauft. Auf dem Wege zu dem Konzertsaal, es kann tatsächlich eine Schulaula gewesen sein, hielt plötzlich ein weißer VW-Käfer mit Berliner Kennzeichen neben mir. Der Fahrer kurbelte die Scheibe herunter und fragte mich, ob ich wisse, wo sich die Halle befindet. Wir haben denselben Weg, Herr Mey, ich gehe gerade zu Ihrem Konzert, antwortete ich ihm.
Das Konzert werde ich nie vergessen. Eine riesige Bühne, ein Stuhl, ein Mikrophon, eine Gitarre und Reinhard Mey. Das reichte. Er füllte mit seinen Liedern den großen Saal aus, was wirklich berührend war. Viele Jahre später traf ich ihn im Büro des RIAS-Jugendfunks wieder. Er signierte Fotos für die Hörer der Sendung „Treffpunkt“. Als wir gemeinsam den Sender verließen, stieg er in einen vor der Tür parkenden weißen Porsche. Ich erzählte ihm die Geschichte von Kiel mit dem VW-Käfer. Er konnte sich gut an ihn erinnern, freute sich aber sehr, jetzt in einem Porsche fahren zu können. Auch ein Auto kann Gradmesser für den Erfolg sein.
Mit seinem wohl berühmtesten Lied „Über den Wolken“, das vielfach von anderen Künstlern interpretiert wurde, traf er 1974 den Nerv der Zeit im eingemauerten Berlin. „Über den Wolken - Muss die Freiheit wohl grenzenlos sein - Alle Ängste, alle Sorgen - Sagt man - Blieben darunter verborgen - Und dann - Würde was uns groß und wichtig erscheint - Plötzlich nichtig und klein.“ Mit dem drei Jahre vorher abgeschlossenen Viermächte-Abkommen über Berlin, hatte sich die Lage der Insel West-Berlin deutlich entspannt. Es dauerte aber noch 18 Jahre, ehe die Freiheit grenzenlos wurde.
Wir gratulieren einem großen Berliner zu seinem 75sten Geburtstag. Möge er uns noch viele Geschichten erzählen.
Ed Koch
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