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geschrieben von: Redaktion am 24.01.2018, 08:27 Uhr
paperpress549
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Es ist das Wesen der Demokratie, dass alle um den aus ihrer Sicht besseren Weg ringen. Mit Argumenten und Gegenargumenten. Es ist aber vor allem das Wesen der Demokratie, dass sich alle nach einer Abstimmung hinten dem Mehrheitsbeschluss versammeln. Die Mehrheit der Delegierten auf dem SPD-Parteitag hat am 21. Januar 2018 beschlossen, Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU aufzunehmen. Es ist völlig egal, ob dieser Beschluss mit deutlicher oder knapper Mehrheit gefasst wurde. Für Konrad Adenauer reichte damals nur eine Stimme mehr aus, um Bundeskanzler zu werden.
Auch wenn die Unterlegenen einer Abstimmung schlechte Laune nach der Niederlage haben, so müssen sie sich als gute Demokraten möglichst schnell wieder einfangen und sich dem Mehrheitsbeschluss fügen.
Die Kampagne der Juso, gezielt Gegner der Großen Koalition aufzurufen, in die SPD einzutreten, um dann beim Mitgliederentscheid über den Koalitions-vertrag mit Nein zu stimmen, ist aus meiner Sicht schlicht und einfach unanständig.
Die Koalitionsverhandlungen können immer noch scheitern. Allein die Aufnahme von Verhandlungen ist keine Gewähr für den Erfolg. Noch weiß niemand, ob aus dem für viele unzulänglichen Sondierungspapier ein akzeptabler Koalitionsvertrag werden kann. Wa-rum wartet man diesen Prozess nicht einfach ab?
Auch die Jusos sollten das Ende der Koalitionsverhandlungen abwarten. Erst dann können sie sich seriös äußern und den Mitgliedern Annahme oder Ablehnung empfehlen. Die Eintrittsaufforderung ist ein untaugliches politisches Mittel.
In eine Partei tritt man nicht wegen eines Vorgangs ein. Der Beitritt in eine Partei ist etwas anderes als der in einen Bücherclub. Bei Parteien geht es um grundlegende politische und gesellschaftliche Überzeugungen. Und wenn man diese nicht hat, sollte man einer Partei nicht beitreten. Bei der Juso-Aktion ist übrigens nicht vorhersehbar, ob alle Neu-Mitglieder dann tatsächlich mit Nein stimmen. Es kann ja sein, dass viele Neue den Koalitionsvertrag für annehmbar halten. Die Jusos gehen also auch ein gewisses Risiko ein. Es ist darüber hinaus nicht sehr professionell, eine Koalition abzulehnen, deren Vertrag man noch nicht in allen Einzelheiten kennt. Politik ist die Kunst des Möglichen, sagte schon Otto von Bismarck. Und in Koalitionen bildet sich für keine Partei ihr Wahlprogramm Eins zu Eins ab.
Vielen SPD-Mitgliedern ist zu raten, sich auch einmal in die Situation von CDU und CSU zu versetzen. Auch die haben Programme, deren Inhalt sie umsetzen möchten. Angela Merkel als Kanzlerin einer Regierung auf der Grundlage des SPD-Wahlprogramms wird es nicht geben.
Gerade die Berliner SPD, auch wenn sie auf Bundesebene der Partei keine Rolle spielt, sollte sich zurückhalten und den Beschluss vom Parteitag akzeptieren. Geradezu unsäglich die Fernsehauftritte von GroKo-Gegner Raed Saleh. Seit Ernst Reuter schaut die Welt, vor allem Deutschland, auf Berlin. Juso-Chef Kevin Kühnert ist ein Berliner und wird auch als solcher wahrgenommen.
Die Jubel-Pressemitteilung der Berliner SPD: „SPD Berlin verzeichnet Neumitglieder-Welle“ hätte man sich schenken können. Die Landesgeschäftsführerin Anett Seltz ließ uns wissen: „Seit Sonntag um 16:30 Uhr sind bereits über 170 neue Mitgliedsanträge bei uns eingegangen. Insgesamt hat die SPD Berlin nun 19.668 Mitglieder und Gastmitglieder. Viele Menschen wollen sich aktiv beim Mitgliedervotum einbringen. Sie wollen entscheiden, wie es weitergeht. Interessant ist dabei, dass die Altersstruktur sehr durchmischt ist. Das spiegelt die Debatte innerhalb der Partei wider. Eins ist klar: Die SPD bleibt die Mitglieder- und Mitmachpartei. Wir sind stolz auf unsere Mitglieder!“ Kann man sein, aber nicht unter diesen Umständen.
Ich habe großes Verständnis dafür, wenn die Orts-vereine, in Berlin Abteilungen genannt, sich die Aufnahmeanträge genau anschauen. Nicht danach, ob jemand erklärt, für oder gegen die GroKo zu sein, sondern welche politischen Ansichten und Überzeugungen er insgesamt hat. Es gab in der Geschichte schon viele Aktionen dieser Art, die letztlich alle zum Schaden der Parteien verliefen. Die Jusos haben mit ihrer Kampagne weder ihrer Partei noch der Demokratie einen Dienst erwiesen.
Und was die Neuauflage einer möglichen GroKo betrifft, halte ich mich an den Mathematiker Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799): „Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser wird, wenn es anders wird, aber so viel kann ich sagen: Es muss anders werden, wenn es gut werden soll.“
Ed Koch
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