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Ist die SPD noch zu retten?

geschrieben von: Redaktion am 19.06.2018, 08:56 Uhr
paperpress554 
Sie können gern diesen Beitrag weiterlesen, obwohl wir Ihnen gleich zu Beginn die Antwort verraten: Ja. Sie muss. Was erwarten eigentlich die Menschen einer Stadt von ihrem Bürgermeister? Zu Recht erwarten sie, dass er sie und ihre Stadt ordentlich repräsentiert, und zwar weltweit. Einen besseren Werbeträger als das Stadtoberhaupt gibt es nicht. Auch wenn die Rollkoffer nerven, der Tourismus ist eine der wichtigsten Einnahmequellen. In diesem Bereich kann sich Berlin nicht beklagen, die Besucher strömen aus aller Welt in unsere Stadt. Die Aufgabe des Berlin-Botschafters erfüllt Michael Müller mit großem Engagement und Hingabe. Note Eins. Er empfängt in Berlin mehr internationale Gäste als seine Amtskollegen in vielen anderen europäischen Metropolen, und er ist unter-wegs auf allen Kontinenten, um über Berlin zu berichten und andernorts zu lernen, was nachahmenswert wäre. Vom Papst in Rom empfangen zu werden, ist für jeden Politiker eine kleine Heiligsprechung, auch wenn man wenig vom Vatikan für das tägliche Leben lernen kann. Was noch? Im Innenverhältnis einer Stadt erwarten die Bürgerinnen und Bürger von ihrem Frontmann, dass alles läuft und funktioniert. Wir ersparen uns an dieser Stelle die Aufzählung dessen, was schlecht läuft und verbesserungswürdig ist. Das weiß jeder selbst aus eigenem Erleben und aus den Medien.

Auch wenn bei den meisten Bürgern in ihrem beruflichen und privaten Umfeld alles gut läuft, haben sie aus Solidarität mit denen, die Probleme mit der Verwaltung haben, ebenso schlechte Laune. Und diese bekommt immer zuerst der Bürgermeister ab. Man macht ihn für alles verantwortlich, was nicht gut läuft, bedankt sich aber auch nicht für das, was funktioniert. Ein undankbarer Job. Zumal, wenn man auch für Vorgänge aus den Amtszeiten seiner Vorgänger verantwortlich gemacht wird. Natürlich war es West-Berliner Schwachsinn, bis 1967 die Straßenbahnen stillzulegen. Die Versuche, heute wieder Linien einzurichten, ist löblich, aber nur ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein der Abgaswerte, die vor allem durch Busse verursacht werden. Berlin hat aber weit-aus größere Probleme. Das „Sparen, bis es quietscht“ früherer Senate, haben wir heute auszubaden. Ab Seite 3 versuchen wir herauszufinden, warum es derzeit der SPD in Berlin so schlecht geht und ob Michael Müller an allem schuld ist.

Ob durch den Privatisierungswahnsinn der früheren Jahre, Berlin heute besser oder schlechter dasteht, kann niemand belegen. Mit den nichtstädtischen Energieversorgern in der Stadt können wir zufrieden sein. Diese Unternehmen zu rekommunalisieren, ist keine Frage der Kalkulation, sondern der Ideologie.

Die Wahrnehmung der Bürger über den Zustand ihrer Stadt, ob sie nun von Problemen betroffen sind oder nicht, ist schlecht. Die großen Themen, Wohnungsbau, Schulen, Kitas, Verkehr, bekommt die Koalition aus SPD, Linken und Grünen nicht in den Griff. Der Wohnungsbau bleibt weit hinter den Ziel-vorstellungen zurück, beim Fachkräftemangel ist keine Besserung in Sicht, ebenso wenig wie bei den Schadstoffwerten in der Leipziger Straße trotz Tempo 30.

Die gute Arbeit, die Senat und Bezirksämter leisten, um die Stadt am Laufen zu halten, rückt in den Hintergrund. Die Medien berichten ohnehin lieber über Probleme, als über Funktionierendes. Die Medien sind am Zustand der Stadt nicht schuld, aber zu einem großen Teil an der Stimmung in der Bevölkerung. Eines ist aber auch klar, Berlin ist nicht am Untergehen, ganz im Gegenteil. Zur Kenntnis nehmen muss man auch, dass die Mehrheit der Bevölkerung trotz allem nicht ganz unzufrieden zu sein scheint, denn…

Berlin ist Links

Umfragen sollen angeblich belegen, dass in Berlin die bundesweit unbeliebteste Landesregierung tätig ist. Was natürlich auch wieder zu Lasten von Michael Müller geht, nicht etwa Klaus Lederer oder Ramona Pop. Tatsache ist jedoch, dass rund 55 Prozent der Berliner links wählen. Dass die Linke links ist, setzen wir mal voraus. Die SPD ist zumindest nicht rechts, sondern bedient die Linke Mitte. Und die Grünen ähneln in ihrer Mitgliederstruktur der Besserverdienenden eher der FDP, müssen aber ideologisch dem linken Spektrum zugerechnet werden. Gäbe es also Linke und Grüne nicht, und würden sich deren Positionen in der SPD wiederfinden, könnten die Sozial-demokraten vermutlich alleine regieren. Linke und Grüne denken aber natürlich nicht daran, mit der SPD zu fusionieren. Berlin hat also eine dreigeteilte linke Mehrheit. Und wie das so ist bei den Linken, man macht sich das Leben unnötig schwer. Rot-Rot-Grün ist derzeit dabei, das, was ein Modell hätte werden können, zu zerschießen.

Niemand glaubt, dass die linke Bausenatorin Katrin Lompscher wirklich bauen will und dass die Bildungs-senatorin Sandra Scheeres die Schulprobleme in den Griff bekommt. Auf der Beliebtheitsliste der elf Senatsmitglieder belegen sie seit Monaten die letzten Plätze. Und der linke Kultursenator Klaus Lederer, über dessen Kiffgewohnheiten die Medien schon seit über zehn Jahren berichten, ist Berlins beliebtester Politiker. Trotz Lompscher und Lederer liegt die Linke bei den letzten Umfragen auf Platz Eins, vor CDU, SPD und Grünen. Und warum? Weil es angeblich so harmonisch bei den Linken zugeht. Kein Streit in den eigenen Reihen, nur durchorganisierte Solidarität. Dass es auf Bundesebene etwas anders ausschaut, stört hier keinen. Auch bei den Berliner Grünen gibt es im Augenblick wenig Verwerfungen. Das mögen die Leute: Harmonie. Und genau das ist das Problem der SPD, und damit auch das Problem unserer Stadt.

Das Gesicht der Stadt und der SPD ist nun mal das des Regierenden Bürgermeisters und Landesvorsitzenden. Immerhin belegt er Platz 5 von 11 der Beliebtheitsliste. Wäre er ein besserer Schauspieler, der auch in der Not lächeln könnte, stünde er weiter oben.

Keiner weiß, wo Michael Müllers Schmerzgrenze bei der Wahl zum Landesvorsitzenden gelegen hat. Viel-leicht bei 60 Prozent, denn knapp 65 hat er ja noch hingenommen. Anstatt nach der Verkündung des Wahlergebnisses aufs Podium zu gehen und zu sagen, „immerhin, Zweidrittel, lasst uns darauf hinarbeiten, dass die SPD insgesamt in Berlin auch dieses Ergebnis erzielt“, sitzt er schmollend auf seinem Platz mit einem Gesichtsausdruck, in dem sich alle Probleme der Stadt und seiner Partei widerspiegeln. Man darf seine Gegner nicht dadurch belohnen, dass man ihnen zeigt, wie betroffen man ist. Katja Kipping hat nur 64,46 Prozent bei ihrer Wiederwahl als Vor-sitzende der Linken bekommen, also noch weniger als Müller. Sie lächelte das Ergebnis mit Lichtshow und Rockmusik zum Ärger ihrer ärgsten Gegnerin Sahra Wagenknecht einfach weg. So macht man das.

Geeignete Locations für einen Parteitag mit über 600 Leuten zu finden, ist nicht einfach. Musste es aber Anfang Juni unbedingt ein Saal im Keller sein? Eine Steilvorlage für die Schlagzeile der Berliner Morgen-post: „SPD-Parteichef Michael Müller im Keller.“

Wer und was sind die Probleme?

Dass Berlins Juso-Chefin Annika Klose die Rede von Michael Müller auf dem Parteitag „irritierend“ fand, ist ein typischer Beweis für eine Wunsch-Wahrnehmung. Müllers Rede war an Klarheit nicht zu überbieten. Wenn er das Problem sei, solle man es sagen und nach vorn treten, forderte er seine Genossen auf. Niemand bewegte sich. Der Hinweis von Müller, dass alle, und nicht nur er, die SPD seien, mag auf Außenstehende irritierend wirken, trifft aber innerparteilich genau den Kern des Problems.

Bevor wir im nächsten Abschnitt auf die Arbeitsweise der Berliner SPD eingehen, noch ein paar Zeilen zur Berliner Juso-Vorsitzenden Annika Klose, der man auf dem Wahl-Parteitag den Frust anmerkte, tags zuvor nicht zur Berliner Spitzenkandidatin für die Europa-Wahlen nominiert worden zu sein. Etliche der Gegenstimmen, die Michael Müller einstecken musste, kamen sicherlich aus dem Juso-Lager. Wir sind sehr dafür, dass auch junge Leute in die Parlamente einziehen. Auch wenn viele nicht viel vom Europäischen Parlament halten, es ist die Premium-Klasse nach BVV, Abgeordnetenhaus und Bundestag. Nicht nur, weil sie erst 26 ist, verfügt Frau Klose nicht an-nähernd über die Erfahrung, das Standing und die Persönlichkeit, die sie im Europa-Parlament benötigen würde. Die 57-jährige Gewerkschaftsfunktionärin Gabriele Bischoff nominiert zu haben, ist die klügere Entscheidung der Berliner SPD. Annika Klose sollte lernen, mit Niederlagen umzugehen und auf das Erwachsenwerden warten. Sie kann sich ja Rat bei ihrem Bundesvorsitzenden Kevin Kühnert holen, der ihr viele Schritte voraus ist.

Zurück zu den wirklichen Problemen: Ständig die Medien mit irgendwelchen wegweisenden Papieren zu versorgen, bringt weder die Autoren, noch die SPD weiter. Es ist zu einem Ritual geworden, vor Klausurtagungen oder Parteitagen Strategiepapiere zu verfassen und an die Medien weiterzuleiten. Häu-fig hat man den Eindruck, dass diese Papiere nur für die Medien verfasst werden, um mal wieder Erwähnung zu finden. Diese Beiträge umschiffen aber die innerparteilichen Strukturen zur Meinungsbildung, indem sie sich direkt an die Delegierten und die Me-dien wenden. Für Anträge an den Parteitag sind nun mal die Abteilungen, Kreisdelegiertenversammlungen oder Arbeitsgemeinschaften zuständig, was kein Parteimitglied daran hindert, seine Meinung zu sagen und Vorschläge in Antragsform einzubringen. Die SPD steht jedoch nur für das, was die Delegierten oder die Mitglieder mehrheitlich beschlossen haben. Als interessierter Bürger kann man oft nicht nachvoll-ziehen, ob ein vor einem Parteitag eingebrachter Antrag dann tatsächlich beschlossen wurde. Der Antrag der Jusos, „feministische Sexfilme zu Bildungszwecken mit öffentlichen Mitteln zu finanzieren.“, wurde offenbar beschlossen. „Die Sozialdemokraten wollen, dass diese Pornos in den Mediatheken von ARD und ZDF angeboten werden. Mit feministischen Pornos wird vor allem eine realistischere Dar-stellung des Geschlechtsaktes im Film angestrebt. Kritisiert wird, dass die Pornoindustrie zu stark von Männern dominiert sei.“ Oswalt Kolle hätte sich über eine gebührenfinanzierte Sexualaufklärung sicherlich gefreut.

Durch die mediale Verbreitung von nicht beschlossenen und somit nicht legitimierten Papieren von Einzeldarstellern der SPD bezieht man den überwiegen-den Teil der Bevölkerung in eine innerparteiliche Diskussion ein, der gar nicht Mitglied dieser Partei ist und dem diese Papiere völlig egal sind. Hängen bleibt jedoch, dass es Streit in der Partei gibt, und so einer Partei möchte man ungern seine Stimme geben. Ist das wirklich die Absicht der Autoren?

Die viel beschworene Solidarität, Markenzeichen der SPD, ist nichts mehr wert. Wenn ein Staatssekretär einer Landesregierung den Regierungs-Chef öffentlich anzählt, dann ist das ein völlig inakzeptabler Vor-gang. In jedem anderen Bundesland hätte so ein Staatssekretär innerhalb von fünf Minuten seine Entlassungsurkunde auf dem Schreibtisch gehabt.

Und dass der Chef der Senatskanzlei, engster Mitarbeiter des Regierenden Bürgermeisters, kaum, dass er woanders einen neuen Job gefunden hat, sogar eine Online-Plattform gegen seinen früheren Arbeit-geber erstellt, ist ein beispielloser Akt unsolidarischen Verhaltens. Das Problem der Berliner SPD ist nicht Michael Müller. Das Problem der Partei ist das Fehlen jeglicher Solidarität. Einem Parteivorsitzenden und Regierenden Bürgermeister muss man – getreu der Forderung von Peer Steinbrück – Beinfreiheit gewähren. Die Berliner SPD hingegen zementiert seine Beine ein. Einem Parteivorsitzenden muss man zugestehen, dass er, um eine vernünftige Arbeit leisten zu können, um sich herum Leute versammelt, mit denen er die Aufgaben vertrauensvoll meistern kann.

Müllers Vertraute im Geschäftsführenden Landesvorstand hat die linke Mehrheit in Ruhe gelassen. Es wurde aber wieder sehr von ihr darauf geachtet, dass es, wenn notwendig, eine Mehrheit gegen Müller im Landesvorstand gibt. Man muss sich das einmal vorstellen: da macht der vorhin erwähnte Staatssekretär eine Welle gegen Müller und tritt als einer der stellvertretenden Landesvorsitzenden aus Protest zurück. Als Beisitzer lässt er sich aber erneut in den Parteivorstand wählen. Beisitzer jedoch, die der Lan-desvorsitzende Michael Müller gern an seiner Seite hätte, werden von der linken Mehrheit auf dem Parteitag regelrecht versenkt.

Wie sieht eigentlich die Partei ihre Zukunft? Darin, dass sie öffentlichkeitswirksam ihren Vorsitzenden demontiert? Das ist Schwachsinn, nichts anderes.

Es war richtig, dass Michael Müller 2016 den Partei-vorsitz von Jan Stöß zurückgefordert hat. Die Koalitionsverhandlungen konnte er Stöß nicht überlassen. In diesem Jahr allerdings erneut für den Landesvor-sitz zu kandidieren, hätte nicht unbedingt sein müssen. Damit hat sich Müller nur Probleme geschaffen beziehungsweise bestehende erhalten. 60 Prozent der SPD-Mitglieder wollten ihn 2014 als Regierenden Bürgermeister haben, nicht Jan Stöß und erst recht nicht Raed Saleh. Die SPD ist aus den Wahlen 2016 als stärkste Partei hervorgegangen, also mit Regierungsauftrag. Das allein zählt. Die Zusammensetzung der Landesregierung wird nicht an die monatlichen Umfragen angepasst. Müllers Vertrag mit der Stadt gilt bis zur nächsten Wahl 2021. Das sind noch über drei Jahre, in denen viel passieren kann, vielleicht sogar die Fertigstellung eines Berliner Flughafens in Brandenburg.

Was sind die Probleme der Berliner SPD?

Ohne ablenken zu wollen, auch die Performance der Bundespartei. In einer Analyse hat die SPD jetzt das „Schulz-Debakel“ aufgearbeitet mit unglaublichen Ergebnissen. So viel Unvermögen hätte niemand der SPD zugetraut. Fazit: Sigmar Gabriel ist schuld. Dass die Berliner Wähler die Bundes-SPD noch weniger mögen als die Berliner zeigt, dass bei Bundestagswahlen nur 16 Prozent die SPD wählen würden, in Berlin 18 Prozent. Das größte Problem der Berliner SPD sind allerdings Raed Saleh und seine Spandau-er Freunde. Regelmäßig erhalten wir Post aus Span-dau, die belegen, in welcher unglaublichen Gutsherrenart der Kreisverband von Saleh und seinen Freunden dominiert und geführt wird. Wir haben alles gesammelt und überlegen, daraus vielleicht eines Tages ein Buch zu machen. Denn so ein Negativbei-spiel gab und gibt es in der gesamten SPD nicht. Beginnen wir mal mit dem Versuch, einen Saleh-Vertrauten in den Landesvorstand der SPD zu wählen.
Christian Haß ist Vorsitzender der SPD-Fraktion Spandau und gehört zu dem Ausputzer-Kreis von Saleh, wenn es darum geht, wer im Bezirk welche Partei-Funktion bekommen darf. Herr Haß verbreitete in den so genannten „sozialen Medien“ die folgenden Botschaften:

„Ich glaube, die NATO ist aggressiv und die russische Föderation muss sich eben auch schützen. Schön, wenn man immer die Perspektive von Brüssel und Washington sieht. Vielleicht auch einmal die Perspektive aus Moskauer Sicht sehen…Für die Krim sage ich, es wird jetzt immer Teil der russischen Föderation bleiben…Das Volk hat Wladimir Putin mit über 70% gewählt. Ich begrüße das als Sozialdemokrat ausdrücklich. Aber sie können ja darüber weinen. Fakt ist, Nawalny ist ein jämmerlicher Lappen, er würde 2% holen.“ Die Kandidatur von Herrn Haß wurde dann doch zurückgezogen. Dafür sitzen andere Ver-traute von Saleh im Landesvorstand, wie die frühere Landeskassiererin und Spandauer Geheimwaffe Ulrike Sommer. Alles, was man über Frau Sommer wissen muss unter www.paperpress.org – Suchwort: Ulrike Sommer.

Nicht extra erwähnt werden muss ist der Umstand, dass einer der angesehensten SPD-Abgeordneten, Daniel Buchholz, natürlich nicht in den Landesvor-stand gewählt werden durfte. Er ist Spandauer und gehört nicht dem Gutsherren-Clan des Herrn Saleh an. Ganz anders sieht diesen Vorgang das geistige Oberhaupt der Spandauer SPD, Hans-Georg Lorenz, Salehs Ziehvater. In einem Papier an die „Lieben Genossinnen und Genossen“ schreibt er: „Makaber fiel auf, wie heftig der engste Vertraute von Müller, der Genosse Drewnicki, die Wahl von Daniel Buchholz für den Landesvorstand bewarb, der von Spandau in offener Ab-stimmung der KDV nicht nominiert worden war. Die Belohnung für den Angriff auf Raed und die Spandauer SPD sollte gezahlt werden. Der Zahlmeister war aber nicht bei Kasse. Buchholz fiel durch!“ Makaber ist eigentlich nur dieser Text. Natürlich können die Kreisverbände Kandidaten für den Landesvorstand nominieren oder auch nicht. Das ist aber kein Dogma. Auf dem Partei-tag hat jeder das Recht, jeden vorzuschlagen.

In völliger Umkehr der Realität schreibt Lorenz, der sich als „Leiter der Spandauer Delegierten“ bezeichnet, in seiner Parteitagsnachschau: „Sowohl Michael Müller als auch seine Paladine haben in geschickter Manier eine nachgerade widerwärtige Kampagne gegen alle geführt, die Konkurrenten sein könnten – insbesondere gegen Raed.“ Saleh stand nicht zur Wahl und ist nicht Konkurrent, sondern Parteifreund von Müller, der dritten Stufe nach Freund und Feind. Müssen wir noch er-wähnen, dass Lorenz auf dem Parteitag ausgebuht wurde, weil er für sich mehr Redezeit in Anspruch nehmen wollte, als den anderen zustand? Nein. Kein Öl ins Feuer schütten. Am Rande des Parteitages freuten sich zwei alte Kumpel, Stöß und Saleh, die sich eigentlich nicht ausstehen können, über ihre Demontageerfolge des amtierenden Landesvorsitzenden. Natürlich hat Jan Stöß mit Michael Müller eine Rechnung offen, schließlich wäre er 2016 gern Parteivorsitzender geblieben, was für ihn eine Fahrkarte in den Senat bedeutet hätte. Dieses Anti-Müller-Bündnis hätte vermieden werden können, meinen Insider. Als Michael Müller den Mitgliederentscheid im Oktober 2014 deutlich vor Stöß und Saleh gewann, hätte er sofort nach dem Landesvorsitz greifen und Jan Stöß ein Senatorenamt anbieten müssen. Gleichzeitig hätte man in der Fraktion da-rauf drängen müssen, Saleh abzulösen. Vertane Chancen, und nochmals Peer Steinbrück: „Hätte, hätte, Fahrradkette…!“

„Die Belohnung für den Angriff auf Raed…“

Dieser Schlüsselsatz aus dem ziemlich abstrusen Papier von Hans-Georg Lorenz, steht in unsichtbaren Lettern, aber für jeden lesbar, über der SPD-Zentrale in Spandau.

Wie wir wissen, gefallen sich viele SPD-Funktionäre in der Rolle der Papiere-Schreiber. Und wie wir auch wissen, sind diese Schriftstücke immer nur abgelegt worden. Genauso verhält es sich mit dem Papier, das im November 2017 14 Fraktionsmitglieder an ihren Vorsitzenden Raed Saleh gesandt hatten, zeit-gleich an die Medien, versteht sich. Die Liste der Kritikpunkte war lang. Was ist daraus geworden? Nichts.

Der Tagesspiegel schrieb damals: „Das ‚System Saleh‘ hat ausgedient. Das bedeutet: Saleh hat derzeit in der SPD-Fraktion keine Mehrheit mehr. Er selbst gestand in der harten, mit offenem Visier geführten Debatte zwar eigene Fehler ein. Doch wirkte das, so berichten Teilnehmer, eher halbherzig und wenig konkret. ‚Es ist unklar, ob die Botschaft tatsächlich bei ihm angekommen ist‘, sagt ein Genosse. Saleh habe einen sehr eigenwilligen Charakter, so jemand ändere sich nicht über Nacht.“

Inzwischen redet niemand mehr über das Papier. Geändert hat sich in der Fraktion wenig. Auf das Minimum dessen, was man hätte erwarten müssen, nämlich sofort eine Doppelspitze mit einem zweiten gleichberechtigten Vorsitzenden, besser Vorsitzende, zu installieren, konnte sich niemand verständigen. Die 14 Rebellen haben Luft abgelassen, mehr nicht. Im nächsten Jahr finden Vorstandsneuwahlen in der Fraktion statt. Nichts spricht im Augenblick dafür, dass Saleh abgelöst werden könnte. Zwar gäbe es geeignete Kandidaten und Kandidatinnen, aber niemand traut sich nach vorn. Zwischen 2019 und 2021 ist es für die SPD von existenzieller Bedeutung, einen Gleichklang zwischen Regierenden Bürgermeister, Landesvorstand und Fraktionsvorstand herzustellen. Das wird nicht gelingen, so lange Raed Saleh mit allen Mitteln versucht, doch noch eines Tages selbst Regierender Bürgermeister zu werden. Es ist kaum vorstellbar, dass die Parteimitglieder bei einer erneu-ten Befragung für Saleh stimmen würden. Seine Chancen, bei der regulären Wahl gegen Monika Grütters oder Burkard Dregger, Klaus Lederer und Ramona Pop, sind als sehr gering einzuschätzen.

Ein Foto zeigt Raed Saleh, wie er Michael Müller am 2. Juni beim Landesparteitag lächelnd begrüßt. Ein Foto, das Saleh zeigt, wie er Müller nach dessen Wahl gratuliert, haben wir nicht gefunden. In der Berliner Abendschau sagte Saleh nach dem Parteitag mit treuem Dackelblick, dass er Müller ein besseres Ergebnis gewünscht hätte. Diesen Wunsch hätte Saleh allerdings vor der Wahl kommunizieren müssen. Er schwieg.

Welche Strategie verfolgt also Saleh? Die SPD kaputt zu machen, kann es ja wohl nicht sein. Dennoch trägt Saleh dazu bei, dass die Akzeptanz der SPD schwindet und es zu einer weiteren Stärkung der Linken und Grünen kommt. Was wäre gewonnen, wenn Michael Müller von allen Ämtern zurückträte? Nichts. Es gibt derzeit keine geeigneten Nachfolger, Saleh nicht und die ziemlich überbewertete Franziska Giffey auch nicht. Es gibt nur ein Erfolgsrezept: Partei und Fraktion müssen geschlossen Michael Müller stärken und gemeinsam die Probleme der Stadt lö-sen. 2021 reichen die jetzigen rund 18 Prozent unerschütterlicher Stammwähler nicht aus. Untergehen wird die Berliner SPD nicht. Retten kann sie sich aber nur selbst.

Redaktions-Team paperpress
zusammengestellt und kommentiert von Ed Koch

  
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