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Woran erkennt man einen guten Journalisten?

geschrieben von: Redaktion am 02.12.2018, 11:32 Uhr
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An Hanns Joachim Friedrichs, der kurz nach seinem 68sten Geburtstag 1995 starb, können sich nur noch die älteren unter uns erinnern. Und zwar sehr gut. Denn in den sechs Jahren, in denen er die Tagest-hemen moderierte, erlangte er regelrecht Kultstatus. Die von ihm verbreiteten Nachrichten erfüllten den Wortsinn, nämlich sich danach richten zu können, in hervorragender Weise. „Mit leiser Kompetenz, smartem Charme und gelegentlich britischem Witz moderierte Hanns Joachim Friedrichs mehr als siebenhundertmal die abendlichen Tagesthemen des Ersten Deutschen Fernsehens – die erste Sendung 1985, die letzte 1991. Als er sich im Oktober seines sechsten Jahres auf eigenen Wunsch von den Zuschauern verabschiedete, fand sich unter den Zeitungsstimmen keine einzige, die sein Verschwinden aus dem Bild nicht als einen Verlust markiert hätte. Denn der bei seinem Tages-themen-Finale 64-jährige Friedrichs war kein beliebig austauschbares Fernsehgesicht, sondern ein »Pate der seriösen deutschen TV-Kultur«.
(Der Text wurde entnommen aus dem Einführungstext des Buches: Hanns Joachim Friedrichs: Journalistenleben. Droemer Knaur, München 1994.)

Von Hanns Joachim Friedrichs, der viel zu früh einem Krebsleiden erlag, sind einige beachtliche Zitate überliefert. Zum Beispiel seine Erklärung der Bildschirm-Popularität, die ausschließlich auf „Frequenz" beruhe: „Du kannst so dumm sein, dass dich die Schweine beißen, du musst nur jeden Tag so dumm sein, dass dich die Schweine beißen." Da fallen einem auf Anhieb doch gleich ein paar Fern-seh“größen“ ein. Über diese möchten wir hier nicht schreiben, sondern über diejenigen, die den öffentlich-rechtlichen Qualitätsjournalismus in diesem Land repräsentieren. Und davon gibt es zum Glück einige.

Am Sterbebett von Hanns Joachim Friedrichs gründeten unter dem Vorsitz von Ulrich Wickert eine Reihe enger Freunde, als Abschiedsgeschenk an ihn, einen Verein, der von nun an jedes Jahr besondere journalistische Leistungen auszeichnen sollte. Auf der Internetseite des Vereins befindet sich ein Bei-trag von Hermann Schreiber über den Tod von Hanns-Joachim Friedrichs „Der letzte Geburtstag“.

Nachzulesen unter: www.hanns-joachim-friedrichs.de/index.php/hermann-schreiber-ueber-hjf.html

Als eine Art Leitspruch gilt das Friedrichs-Zitat: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache.“ Über die Interpretation dieses Satzes ist viel gestritten worden. Friedrichs meinte damit aber offenbar, dass man beim Verlesen einer Nachrichten keine Anzeichen einer emotionalen Übereinstimmung oder Ablehnung erkennen lassen darf. Also nicht grinsen, wenn Trump eine Wahlniederlage erlitten hat – das darf nur Oliver Welke – aber auch nicht in Tränen ausbrechen bei traurigen Meldungen.

Ein Journalist muss fair sein, allen gegenüber, auch wenn es schwerfällt. Niemand sollte aber Journalisten verbieten, ein eigene Meinung zu haben und diese auch in Kommentaren kundzutun. Jedes Unternehmen hat ein Kontrollgremium. Beim öffentlichen-rechtlichen Rundfunk sind dies der Rundfunk- oder wie beim ZDF der Fernseh- und Verwaltungsrat. 2010 fand beim ZDF ein (fast) beispielloser Vorgang statt. Der Vertrag des allseits anerkannten Chefredakteurs Nikolaus Brender, sollte auf Initiative des damaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU), dessen Wahlkampf 1998/99, wie sich später herausstelle, teilweise durch schwarze Kassen finanziert wurde, nicht verlängert werden. „Der Skandal um die Nichtverlängerung Brenders Vertrags aufgrund parteipolitischer Einflussnahmen, führte zu einer öffentlichen Diskussion um die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rund-funks und zu einer Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht, der eine Revision des ZDF-Staatsvertrages folgte. ZDF-Fernsehrat und ZDF-Verwaltungsrat müssen demnach in ihrer Zusammensetzung ‚staatsfern‘ gestaltet werden, um die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu gewährleisten.“ Dass es heute weniger politische Einflussnahme auf die öffentlich-rechtlichen Sender gibt, darf bezweifelt werden. Die Normenkontroll-klage und der beeindruckende Protest der Medien und der Politik nutzten Brender nichts. „Bei der Ab-stimmung am 27. November 2009 stimmten nach Angaben des ZDF-Verwaltungsratsvorsitzenden und rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck sieben von 14 Mitgliedern für Brender. Die erforderliche Mehrheit von neun Stimmen kam damit nicht zustande, so dass der Ende März 2010 auslaufende Vertrag des ZDF mit Brender nicht verlängert wurde.“ Q: Wikipedia

Roland Koch hatte seinen Plan, Brender abzuschießen, eiskalt und trotz aller Proteste durchgezogen. Roland Koch scheiterte später selbst sowohl als Ministerpräsident wie als Bauunternehmer. Niemand will und kann sich mehr an diesen Politiker erinnern. Das ist bei Nikolaus Brender anders. In Erinnerung wird immer die sogenannte „Elefantenrunde“ der Spitzenkandidaten nach der Wahl 2005 in ARD und ZDF bleiben. Dass Bundeskanzler Gerhard Schröder angetrunken gewesen sein soll, wird bestritten. Er wollte die offenkundige Wahlniederlage nicht einsehen und polterte gegen Brender und Merkel. Bren-der sprach daraufhin Schröder nur noch mit „Herr Schröder“ und nicht mehr „Herr Bundeskanzler“ an. Schröder selbst nannte sein Benehmen in der Sen-dung später „suboptimal“. Immer wieder ein Fern-sehvergnügen ist diese „Elefantenrunde“, anschauen unter:

https://www.merkur.de/politik/zdf-moderator-ueber-krawall-auftritt-bei-elefantenrunde-war-schroeder-damals-betrunken-zr-8624567.html

Der Übergang von Nikolaus Brender zu Anja Reschke fällt nicht schwer, denn Brender ist Jury-Mitglied des Vereins, der jährlich den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis verleiht. Preise gibt es viele in unserem Land. Gestiftet werden sie aus unterschiedlichen Gründen. Oft wollen die Stifter damit nur Werbung für sich machen. Die Bambi-Verleihung beispielsweise ist eine einzige PR-Kampagne des Burda-Verlages, so wie die Goldene Kamera für die HörZu. Der „Verein zur Verleihung des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises für Fernsehjournalismus e. V." ist unverdächtig, für sich Reklame schieben zu müssen. Dass Journalisten Journalisten einen Preis verleihen, kann man vielleicht kritisch sehen, zu-mal, wenn Ausgezeichnete gleichzeitig in der Jury sitzen, also Vereinsmitglied sind. Finanziell ist der Verein unabhängig. Die Preisgelder werden allein aus den Mitgliedsbeiträgen finanziert.

Thomas Roth, lange Jahre ARD-Korrespondent und Tagesthemen-Moderator, hat 1995 als erster den Preis bekommen. Aber auch „unsere“ Carla Kniestedt vom RBB, die wir aus diesen wirklich schönen Heimatjournal-Sendungen kennen, zählte 1998 zu den Preisträgern. 1999 wurde Wolf von Lojewski mit dem Preis bedacht, ein Fernsehjournalist, der durch seine pointierte Sprechweise in sehr guter Erinnerung bleibt. Maybrit Illner, Gabi Bauer und Sandra Maischberger erhielten 2000 den Preis, 2015 Marietta Slomka und 2016 der ARD-Doping-Experte Hajo Seppelt. Er hat den Preis allein schon deshalb verdient, weil er sich mit einem Thema durchsetzte, das viele für nicht relevant genug hielten. Er gab nicht auf, und heute zählt er weltweit zu den Fach-leuten, wenn es darum geht, wie Sportler auf chemischen Wege ihre Leistungen verbessern. Mit seinen Recherchen machte er sich so unbeliebt, dass Russland ihm anfänglich die Einreise zur Fußball Weltmeisterschaft in diesem Jahr verweigerte.

In diesem Jahr, fast möchte man sagen endlich, wurde eine ganz außergewöhnliche Journalistin geehrt, die so gar nicht in den Leitsatz von Hanns Joachim Friedrichs passt. Ihr Kommentar in den Tagesthemen 2015, „Aufstand der Anständigen“, löste zwei Wellen aus. Große Begeisterung bei den Anständigen, Hasskommentare von denen, gegen die man aufstehen muss.

Nachzuhören unter
https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-106579.html

In diesem Jahr erhält nun also eine unbequeme, umso großartigere Journalistin den Hanns-Joachim Friedrichs-Preis. Anja Reschke hat Friedrichs nicht mehr persönlich kennengelernt. Er wäre mit seiner Preisträgerin sehr einverstanden.

Die Jury erklärt: „Als Moderatorin der Fernsehsendungen Panorama und Zapp zeigt sie Haltung ohne Arroganz, Toleranz ohne Beliebigkeit und Stehvermögen ohne Sturheit. Ihre Kommentare in den Tagesthemen sind klar, unmissverständlich und nicht belehrend. Sie mutet den Zuschauerinnen und Zuschauern Meinung zu. Und sie begründet sie auch. Anja Reschke misstraut dem Mainstream. Sie vertraut der Überzeugungskraft und der aufklärenden Wirkung investigativer Berichterstattung. In Zeiten, in denen Journalismus unter generellen Lügenverdacht gestellt wird, stärkt sie als Innenpolitikchefin denjenigen Redaktionen den Rücken, die auch bei schwierigen Themen und trotz Gegenwind der Wahrheit auf der Spur bleiben.“

Das Medien-Magazin Zapp, das Anja Reschke seit der ersten Sendung 2002 moderiert, ist ein mutiger Blick auf die eigene Branche. Zapp macht auch vor der ARD nicht halt, wenn es etwas zu kritisieren gibt. Leider ist Zapp nur beim NDR mittwochs nach dem Großstadtrevier und „extra3“ von 23:20 bis 23:50 Uhr zu sehen. Den nächsten Hanns-Joachim Friedrichs-Preis sollte derjenige in der ARD erhalten, der Zapp ins Hauptprogramm um 21.00 Uhr setzt.

Ed Koch

  
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