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Unsinnige Rekommunalisierung

geschrieben von: Redaktion am 23.09.2019, 10:04 Uhr
paperpress569 
Es macht keinen Sinn, über die Fehler der Vergangenheit zu lamentieren. Berlin brauchte Geld und hat sein Tafelsilber verkauft. Nichts war vor einer Privatisierung sicher, von Kindertagesstätten bis hin zum Stromnetz. Die Zeiten haben sich geändert und die Wortschöpfung „Re-Kommunalisierung“ ist in aller Munde. Bei Wikipedia lernen wir: „Mit Rekommunalisierung werden Prozesse bezeichnet, in de-nen eine Privatisierung zuvor öffentlich-rechtlicher Aufgaben und Vermögen wieder rückgängig gemacht wird und diese erneut in kommunale Trägerschaft übergehen. Nach ‚ernüchternden bis schlechten Erfahrungen‘ mit Privatisierungen in Deutschland gibt es eine gegen-läufige Entwicklung hin zur Rekommunalisierung.“


Nun, niemand hat in Berlin die Absicht, die an privatrechtliche Träger übertragenen Kindertagesstätten zu rekommunalisieren. Beim Stromnetz sieht es anders aus, obwohl niemand ernsthaft wird behaupten können, Berlin habe schlechte Erfahrungen mit dem derzeitigen Netzbetreiber gemacht. 1999 wurde der kommunale Netzbetreiber und Stromanbieter BEWAG privatisiert. Heute gehören die Netze dem schwedischen Vattenfall-Konzern, seine Tochtergesellschaft Stromnetz Berlin GmbH betreibt das Netz. Netzbetreiber und Stromverkäufer müssen streng getrennt voneinander sein. Deshalb ist Vattenfall selbst nur einer von 514 Stromanbietern in Berlin, wenn auch der größte. Seinen Strom kann jeder beziehen von wem er will, beim Stromnetz besteht diese Möglichkeit natürlich nicht.

Die vom Land Berlin an den Vattenfall-Konzern vergebene Konzession lief Ende 2014 aus. Natürlich hat sich die Stromnetz Berlin GmbH um die neue Kon-zession beworben. Ersparen wir uns die Dokumen-tation des Verfahrens, das bis heute nicht abgeschlossen ist. Die Berliner Morgenpost befasst sich heute ausführlich mit dem Thema: „Nach meh-reren Rechtsstreitigkeiten zum Verfahren und den Kriterien selbst hatte die Vergabestelle bei der Se-natsfinanzverwaltung im März 2019 das Netz offiziell an den Landesbetrieb Berlin Energie vergeben. Dagegen ist Vattenfall vor Gericht gezogen.“ Am 17. Oktober steht eine weitere Entscheidung vor dem Landgericht Berlin an. „Aber selbst nach einer weite-ren Entscheidung des Landgerichts im Oktober blie-be der Gang in eine weitere Instanz möglich.“, schreibt die Morgenpost.

Der Vattenfall-Konzern, der gerade in Berlin am Bahnhof Südkreuz seine neue Deutschlandzentrale baut, scheint langsam und allmählich vom Streit um die Konzession entnervt zu sein. Nach Angaben der Berliner Morgenpost „hat Vattenfall ein neues Kapi-tel aufgeschlagen. Der schwedische Energiekonzern bietet … dem Land Berlin an, den Rechtsstreit beizu-legen und das Stromnetz künftig gemeinsam zu betreiben.“

Klingt nach einem guten Plan, ist es aber nicht. Aus meiner Sicht gibt es nur ein Entweder Oder. Die Anteile des Netzes schrittweise zu übertragen, „bis das Land eine Mehrheit und damit die Betriebsfüh-rerschaft hätte“ ist Unsinn. Angeblich möchte das Land „wieder mehr Einfluss auf die Umsetzung der Energiewende in Berlin gewinnen.“ Das klingt, als habe sich Vattenfall um die Energiewende nicht ge-kümmert. „Inzwischen hat Vattenfall seine Braun-kohleförderung verkauft und verspricht, in einer Generation komplett ohne fossile Brennstoffe aus-kommen zu wollen.“, schreibt die Morgenpost, und „Vor einer Woche hatten die Senatsverwaltung für Umwelt und Vattenfall eine Studie vorgelegt, wie der Konzern in seinen Berliner Kraftwerken bis 2030 aus der Kohle aussteigen kann. Die ebenfalls von Vattenfall erzeugte und vertriebene Fernwärme fossilfrei zu machen, gilt als wichtigster Beitrag, den die Stadt bei der Klimawende leisten kann.“

Das Stromnetz rekommunalisieren zu wollen, ist eine rein ideologische Veranstaltung. Jeder weiß, dass das Netz mit allem was dazugehört zwischen zwei und drei Milliarden Euro wert ist. Geld, das Berlin nicht hat. Wann soll sich diese Investitionssumme eigentlich amortisieren? Da ist immer die Rede davon, wie viele Millionen Gewinn Vattenfall macht und nach Schweden überweist. Schaut man sich die Bilanz der Stromnetz Berlin GmbH an, so bleiben nach Abzug aller Kosten und Steuern von rund einer Milliarde Umsatzerlöse zirka 100 Millio-nen Euro übrig. Auf der anderen Seite zahlt aber Vattenfall dem Senat 146 Millionen Euro jährlich für die Konzession. 2018 hat die Stromnetz Berlin GmbH fast 190 Millionen in die Infrastruktur inves-tiert. 2,35 Millionen Haushalts- und Gewerbekunden werden mit Strom versorgt, nur 13,7 Minuten im Jahr beträgt durchschnittlich der Wert der Nichtver-fügbarkeit. In der Summe heißt das, dass wir in Berlin mit der Stromversorgung äußerst zufrieden sein können. Never changing a winning team. Wa-rum soll der Berliner Steuerzahler Milliarden Euro für etwas ausgeben, was ohnehin funktioniert?

Der FDP-Abgeordnete Henner Schmidt reagiert auf den Artikel in der Morgenpost wie folgt: „Uns Freien Demokraten ist immer noch unklar, wie das Land Berlin mit dem Kauf der Strom- und Gasnetze überhaupt energiepolitischen Einfluss nehmen will, denn dies ist wegen der starken Regulierung der Netze kaum möglich.“

Ed Koch

  
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