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geschrieben von: Redaktion am 03.10.2019, 07:38 Uhr
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Heute ist Nationalfeiertag. Den „Tag der Deutschen Einheit“ begehen wir seit 1990, als der Beitritt der DDR in die BRD und damit die Einheit wirksam wurde. Von 1954 bis 1990 galt der 17. Juni als „Tag der deutschen Einheit“, mit einem kleinen „d“ geschrieben. Er erinnerte an den Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953, der mit den üblichen Mitteln einer Diktatur niedergeschlagen wurde.
Nach dem Fall der Mauer am 9. November 1989 wurde am 18. März 1990 die erste und letzte Volks-kammer der DDR frei und demokratisch gewählt. Danach ging es Schlag auf Schlag, am 12. April 1990 wurde Lothar de Maizière (CDU) Ministerpräsiden-ten der DDR. Die Regierung und das Parlament hatten nur ein Ziel vor Augen, nämlich den 23. August 1990, an dem der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung zum 3. Oktober 1990 und damit das Ende der DDR als „Völkerrechtssubjekt“ beschlossen wurde. Briefmarken-freunde in aller Welt freuten sich, gab es doch die seltene Möglichkeit, eine komplette Sammlung eines Landes abschließen zu können.
Im Archiv des Auswärtigen Amtes liegen beide Exemplare des Einigungsvertrages. Er regelt vieles, aber nicht alles. Über die Konsequenzen des Bei-tritts waren sich die Menschen in Ost und West bis ins letzte Detail nicht bewusst. Jede Diskussion, ob es einen anderen, gerade für die Menschen in der DDR besseren Weg gegeben hätte, ist müßig. „Kommt die DM bleiben wir, kommt sie nicht, geh‘n wir zu ihr“, stand auf einem Plakat bei einer Mon-tags-Demonstration in Leipzig. Der Zusammen-schluss der beiden deutschen Staaten war nicht aufzuhalten. So, nun kann man viel Zeit damit ver-bringen, die ungeahnten Folgen zu bedauern, die zwangsläufig entstanden sind, weil man sich mit dem Kapitalismus ins Bett gelegt hat. Ja, es gibt sie, die vielen Ungerechtigkeiten. Es ist nicht zu verste-hen, warum im Osten geringere Renten und Gehäl-ter bezahlt werden als im Westen, und das nach 30 Jahren. Kein Wunder, wenn sich die Ostdeutschen als Menschen zweiter Klasse fühlen. Abgehängte gibt es aber auf beiden Seiten der ehemaligen Grenze wie es sie in jeder Gesellschaft gibt. Natür-lich war es schwer verkraftbar, plötzlich für alles allein sorgen zu müssen, wenn man aus einem Land kommt, in dem der Staat von der Wiege bis zur Bahre alles regelte. Die meisten ehemaligen DDR-Bürger haben diese Herausforderung gut bewältigt, wohl wissend, dass dies der Preis der Freiheit ist.
An keinem anderen Ort in Europa war der Eiserner Vorhang so sichtbar wie in Berlin. In den Grenzregi-onen befanden sich die Zäune irgendwo im Wald, wo man selten hinkam. In Berlin stand die Mauer vor der Tür. Der Regierende Bürgermeister Walter Momper war der Mann der Stunde in den Jahren 1989 bis 1991, als aus zwei Städten mit völlig unter-schiedlichen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Strukturen eine neue Stadt geschaffen werden musste. Es wäre ihm zu gönnen gewesen, diese erfolgreich begonnene Arbeit länger ausüben zu können. Die Vorgängerpartei der Grünen, in Ber-lin Alternative Liste genannt, setzte durch den Aus-tritt aus der Koalition, mal wieder wegen eines Hausbesetzerproblems, dem ein Ende. Bei der Neuwahl 1991 schmierte die SPD ab, weil viele Bür-ger ihr zu Recht immer noch übelnahmen, über-haupt mit der AL eine Koalition gebildet zu haben.
Gerechter Weise muss man sagen, dass es Mom-pers Vorgänger und Nachfolger Eberhard Diepgen gelungen ist, aus zwei Stadthälften wieder eine zu machen. Es ist eine enorme Leistung, das hinbekommen zu haben. Diepgens Nachfolger Klaus Wowereit und Michael Müller trugen und tragen an der Last der Vereinigungskosten noch immer. Berlins Schuldenstand beruht ja nicht auf Geldver-schwendung, sondern ist weitestgehend einigungs-bedingt. Helmut Kohl hat sich zwar für Berlin als Bundeshauptstadt eingesetzt, aber radikal die Sub-ventionen gestrichen. Darunter die Berlin-Zulage, die den Arbeitnehmern immerhin acht Prozent Ge-haltsaufschlag bescherten. Gäbe es diese Berlin- bzw. Hauptstadtzulage noch heute, hätten wir er-heblich weniger Probleme, dringend benötigte Beschäftigte zu bekommen, Lehrer, Erzieher, Polizis-ten und Bauleiter!
Die Leistung Berlins wird in Zusammenhang mit dem heutigen Feiertag viel zu wenig gewürdigt und viel zu selten erinnern wir uns an den legendären Satz von Walter Momper, der immer noch gilt: „Berlin, nun freue dich”.
Ed Koch
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