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geschrieben von: Redaktion am 18.01.2020, 16:50 Uhr
paperpress573
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Um es gleich vorweg zu sagen: Ich bin dafür, dass Politiker gut bezahlt werden. Wer sich mit dem Tätigkeitsfeld eines Politikers, sei es auf Bezirks- oder Landesebene gründlich beschäftigt, wird sehr schnell zu der Auffassung gelangen, dass man diesen Job nicht machen möchte. Auch wegen der hohen Arbeitsbelastung, vor allem aber, weil ständig alle an einem herummäkeln und meinen, es besser zu können. Dazu gesellen sich noch die Medien in Berlin, von denen einige eine geradezu feindselige Haltung gegenüber Politikern entwickelt haben und sich dabei gefallen, Politiker-Bashing zu betreiben, fernab jedes seriösen Journalismus. Politiker sind nicht unsere Feinde. Sie regeln für uns das ganze notwendige Drumherum, damit die Stadt funktioniert. Und sage niemand, Berlin würde nicht funktionieren, weil ein paar Busse staubedingt zu spät kommen oder die S-Bahn wegen einer Signalstörung nicht fahren kann. Eine Stadt funktioniert nicht allein des-halb nur so gut, wie die Politiker gut sind, sondern auch, wie sich die Menschen, die in ihr leben, verhalten. Über verdreckte Straßen zu meckern fällt leicht, wenn man gerade sein altes Sofa am Straßenrand abgestellt hat, anstatt es zur BSR zur bringen.
Statt wie bisher 3.944 Euro, bekommen die Mitglieder des Abgeordnetenhauses seit Jahresbeginn 6.250 Euro, womit sie noch rund 500 Euro unter dem Durchschnitt aller Landtage liegen. Die Aufwandsentschädigung der Bezirksverordneten beträgt 15 Prozent von den Diäten der Abgeordneten. Sie bekommen ab Januar statt 560 Euro 940 Euro. Alle sind gleich, einige sind gleicher. So wie der Parlamentspräsident und die Fraktionsvorsitzenden mehr Geld als ein schlichter Abgeordneter bekommen, gibt es auch mehr für den BVV-Vorsteher, nämlich das 3,5-fache, das doppelte für die Fraktionsvorsitzenden und immer noch die 1,5-fache Grundentschädigung für die Vize-BVV-Vorsteher. Während viele Abgeordnete ihre Tätigkeit Vollzeit ausüben, sind Bezirksverordnete ehrenamtlich tätig. Für ein Ehrenamt rund 1.000 Euro zu bekommen, ist ganz ordentlich, zumal andere Ehrenamtliche noch Geld von zu Hause mitbringen müssen. Die Höhe der Politiker-Bezüge ist immer wieder ein schönes Thema für die Medien, um zwischen den da oben und denen da unten Zwietracht zu säen. Vor allem BILD und BZ sind immer schnell dabei, wenn es gilt, etwas vorzurechnen. Aber auch „Der Tagesspiegel“ ist Boulevard-Themen gegenüber nicht abgeneigt. Harald Wolf verlässt das Berliner Parlament und zieht nach Hamburg. Seit 1991 war er mehrfach Mitglied des Abgeordnetenhauses. Während der Zeit als Bürgermeister und Wirtschaftssenator legte er jeweils sein Mandat nieder, Trennung von Amt und Mandat nennt man das. Dass er sich so verhalten hat, spricht für den Politiker der Linken. Wolf wurde als Wirtschaftssenator auch von denen geschätzt, die anfangs befürchteten, dass das Abendland untergehe, wenn sich ein Sozialist um die Wirtschafts-politik kümmert.
Irgendetwas musste man ihm aber doch zum Ab-schied ans Zeug flicken können. Lorenz Maroldt, Chefredakteur des Tagesspiegel und Herausgeber des Newsletters „Checkpoint“ meinte, etwas gefunden zu haben. Hätte, so dachte sich Maroldt, Wolf nicht Anfang dieses, sondern Ende des letzten Jahres sein Mandat niedergelegt, wären die Altersbezüge geringer ausgefallen, 2.564 statt 4.062 Euro. Dass diese Beträge mit anderen Pensionsansprüchen verrechnet werden, lassen wir einmal unberücksichtigt. Einen „dreisten Coup des Berliner Ex-Senators Wolf“ nannte die Schmuddel-BZ den Vor-gang.
Der Tagesspiegel schlug in dieselbe Kerbe und kommentierte die vermeintliche Absicht, durch ein späteres Ausscheiden eine Höhere Pension zu bekommen, als „Menschlich ist das verständlich, rechtlich verdient – aber politisch schwierig.“ Was ist denn das für ein Bull-Shit? Man bezichtigt Wolf eines taktischen Vorgehens zur Erlangung von mehr Geld, findet das aber „menschlich verständlich“ und sogar „rechtlich verdient“, eben nur „politisch schwierig.“ Wenn ich den Checkpoint lese, frage ich mich immer wieder, was die Jungs und Mädels rauchen, wenn sie auf die Tatstatur eindreschen.
Auf Nachfrage des Tagesspiegels erklärte Harald Wolf: „An dem Bericht ist alles falsch.“ Wolf erklärte, dass, um geringere Bezüge zu bekommen, er bereits vor dem 26. September 2019 sein Mandat hätte niederlegen müssen, dann an dem Tag wurde das Gesetz zur Erhöhung der Diäten beschlossen, auch wenn es erst zum 1. Januar 2020 wirksam wurde. Mit dieser Aussage hatte Wolf, wie sich sehr schnell herausstellte, recht. Zur Verwirrung haben Äußerungen eines Parlamentssprechers beigetragen, der erst die Version des Tagesspiegel bestätigte und einen Tag später Harald Wolf recht gab. Maroldt: „Die Information, dass der Jahreswechsel entscheidend ist, war falsch. Für Verwirrung, Aufregung und Ärger bitten wir um Entschuldigung und wünschen Harald Wolf nach seinen vielen Jahren in Berlin einen guten Start in Hamburg, wo er sicher manches, wenn auch nicht alles, vermissen wird.“ Für „Verwirrung, Aufregung und Ärger“ sorgte unnötiger Weise vor allem der Tagesspiegel. Am meisten wird Harald Wolf in Hamburg sicherlich den Qualitätsjournalismus der Hauptstadt vermissen.
Ed Koch
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