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geschrieben von: Redaktion am 23.01.2020, 08:12 Uhr
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Rein rechnerisch gäbe es, wenn am nächsten Sonntag Wahlen wären, nur für Schwarz-Grün eine Mehrheit im Bundestag. In Berlin käme so ein Bündnis nur auf 41 Prozent, 18 CDU und 23 Grüne. Ob sich die CDU auf das Abenteuer einließe, in Berlin einem Senat als Juniorpartner anzugehören, darf bezweifelt werden. Am Dienstag verabschiedete sich die Berliner CDU von ihrer Geschäftsstelle mit einer weiteren Ausgabe des „Berlin Salons“. Jetzt werden Umzugskartons gepackt und ab geht es nach Charlottenburg. Der schöne Blick auf den Wittenbergplatz wird fehlen. Zum Abschied erschienen der Landesvorsitzende Kai Wegner die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Antje Kapek. Die fast neutrale Moderation übernahm wieder Generalsekretär Stefan Evers höchst persönlich.
Das Gespräch zwischen der „lieben Antje“, dem „lieben Kai“ und dem „lieben Stefan“ verlief, trotz teilweise großer inhaltlicher Differenzen, harmonisch. Man kennt sich lange genug und ist per Du. Anmerkung: Der Autor dieses Beitrages hat in früheren Jahren viele Diskussionsrunden mit Politikern moderiert. Darunter waren etliche, mit denen er per Du war. Eines war aber klar: im Gespräch vor dem Publikum siezt man sich, um die erforderliche Distanz zwischen Moderator und Gast zu wahren. Diese Duzerei ist ohnehin nervig. Von Familienmitgliedern abgesehen, sollte man nur diejenigen duzen, zu denen man ein vertrauensvolles und gutes Verhältnis hat. Die „vorgeschriebene“ Duzerei unter Sozialdemokraten ist verlogen. Michael Müller hat kürzlich in einem Interview gesagt, dass er innerhalb seiner SPD nur ganz wenige persönliche Freunde hätte. Verständlich. Er sollte einfach alle anderen siezen. Außerdem hat ein „Sie Arschloch“ immer noch eine bessere Wirkung als „Du Arsch-loch!“
Das Publikum beim „Berlin Salon“, das zum größten Teil aus CDU-Mitgliedern bestand, hatte hingegen das notwendige distanzierte Verhältnis zum Grünen Gast. Immer wieder gab es Zwischenrufe, wenn eine Äußerung nicht gefiel. Obwohl Antje Kapek aus dem Abgeordnetenhaus Zwischenrufe eigentlich gewohnt sein müsste, reagierte sie äußerst dünn-häutig. „Ich kann ja gehen!“, lautete ihre patzige Reaktion. Und sie setzte noch eins drauf, indem sie die gute „Kinderstube“ der Zuschauer in Frage stell-te. Ja, es ist diese arrogante Attitüde, die bei vielen Grünen so abstoßend empfunden wird. Frau Kapek ist sich sehr bewusst, dass ihre Partei gegenwärtig deutlich vor der CDU liegt und nur mit ihr eine Re-gierungsbeteiligung möglich ist. Geradezu flehent-lich beschwor Kai Wegner deshalb Antje Kapek, gemeinsam ein Alternativkonzept zum „Mietende-ckel“ auf den Weg zu bringen. Während dieser Newsletter online geht, stellt Kai Wegner in der CDU-Geschäftsstelle politische Alternativen zum geplanten Mietendeckel der rot-rot-grünen Koalition vor. „Ziel der CDU Berlin ist es, mehr Wohnungsbau zu ermöglichen und dabei gleichzeitig schnell und preiswert zu sein.“ Antje Kapek sieht den „Mieten-deckel“ als „Notwehrmaßnahme“. Gegenwärtig scheint es ziemlich drunter und drüber zu gehen bei den Beratungen über das Gesetz. Ein schlechtes Zeichen ist es, dass sich R2G selbst nicht so recht verständigen kann. Das schafft kein Vertrauen. Wegner zeigte wieder mal in Richtung Hamburg, wo es Bündnisse zwischen Politik und Wohnungswirtschaft gebe und die Mieten nicht so rasant steigen wie in Berlin. Herr Wegner sollte sich regelmäßig das „Hamburg-Journal“ anschauen. In Hamburg ist es kaum möglich, sich eine bezahlbare Wohnung zu leisten. Und mit dem Wohnungsbau kommt man auch nicht so schnell hinterher, wie es erforderlich wäre. Berlin lässt grüßen.
In der zweistündigen Diskussion kamen alle Themen aufs Podium, die schon mehrfach hinreichend diskutiert wurden. Immerhin beachtlich, dass sich Kapek sehr kritisch zu kostenlosem Schulessen äußerte, das ihre Koalition beschlossen habe. Sie könne, gerade nach der aktuellen Diätenerhöhung, das Essen ihrer Kinder selbst bezahlen. Und so geht es vielen Menschen. Die SPD verteilt Wohltaten, die viele gar nicht brauchen, aber Geld kosten, das an anderer Stelle besser verwendet werden könnte. Außerdem haben sich die Geschenke der SPD bis-lang nicht in den Umfragewerten ausgezahlt. Die beiden letzten Sätze hat Antje Kapek so nicht ge-sagt, sondern der Autor dieses Beitrages hinzugefügt.
Natürlich wurde auch das Thema Florian Schmidt aufgerufen. Kapek nahm ihn im Schutz und relativierte die Vorwürfe. Wie es in diesem Fall weiter-geht, werden die nächsten Tage zeigen. Auch der Görli durfte nicht fehlen, schon gar nicht, weil Kapek dort wohnt und von ihrem Schlafzimmerfenster aus das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Dealern und Polizei beobachten kann. Im heißen Sommer musste sie nachts ihre Fenster schließen, um nicht von den Revierkämpfen im Park um den Schlaf gebracht zu werden. Kapek glaubt nicht, dass man das Problem mit Polizeieinsätzen lösen, sondern nur durch die Freigabe von Cannabis den Dealern die Geschäfts-grundlage entziehen könne. Wegner hingegen ist davon überzeugt, den Park durch Polizeieinsätze drogenfrei zu bekommen. Letztlich lud Kapek Weg-ner ein, sich die Sache von ihrer Wohnung aus ein-mal anzuschauen, jedoch möglichst nicht vom Schlafzimmer aus, sondern vom Wohnzimmer. Für die Einladung überreichte am Ende des Gesprächs Stefan Evers ein Fläschchen Sekt, CDU-Hausmarke. Vielleicht gibt es nach der nächsten Wahl zur Fin-dung einer Koalition dann kein Hinterzimmer, sondern ein Wohnzimmergespräch.
Einen breiten Raum nahm natürlich die Mobilitäts-frage ein, zumal aktuell die Senatsvorlage von Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) auf dem Tisch liegt, bis 2030 die Innenstadt Verbrennungs-motorautofrei machen zu wollen. Sozusagen als Tischvorlage hatte Kai Wegner am Tag der Diskussion mit Antje Kapek in einer Pressemitteilung dargelegt, was er davon hält. „Ein Verbot des Ver-brennungsmotors bis 2030 ist unsozial, unrealistisch und unverantwortlich. Der Verbotsplan geht voll-kommen an der Lebensrealität von Hunderttausenden von Berlinerinnen und Berlinern vorbei. Viele Normal- und Geringverdiener können sich auf absehbare Zeit kein emissionsfreies Auto leisten. Mobilität darf kein Privileg der Besserverdienenden werden.
Die Reduzierung von Schadstoffen, Lärm und klima-schädlichen Abgasen ist wichtig. Der Senat muss endlich seine Hausaufgaben machen. Wir brauchen keine Verbotsorgien, sondern technologieoffene Forschung an alternativen Antriebsformen und eine ausreichende Ladeinfrastruktur. Einen emissions-freien Verkehr erreichen wir durch kluge Anreize statt durch ideologische Verbote. Die Grünen wollen den Menschen vorschreiben, wie sie sich durch die Stadt zu bewegen haben. Wir brauchen keine Umerziehungsmaßnahmen, sondern Anreize. Die Menschen in der Stadt haben unterschiedliche Mobilitätsbedürfnisse. Die Berliner CDU möchte eine Offensive für den schienengebundenen Personennahverkehr und damit einen attraktiveren ÖPNV. Wir wollen sichere Fahrradwege, mehr Park-and-Ride-Parkplätze und Sharingangebote auch in den Außen-bezirken." Klingt vernünftig. Frau Kapek wider-sprach ihrer Senatorin erwartungsgemäß nicht. Voll auf grüner Linie scheint der neue Berater der Berliner CDU, Hamburgs Ex-Bürgermeister Ole von Beust zu sein. In einem Interview des RBB stellte er fest: „Die CDU gilt immer noch als die Partei des Verbrennungsmotors.“ Heute habe, so von Beust, „eine Generation … bis 40, 50 gerade im städtischen Bereich mehr Lust und Interesse an einem klima-freundlichen Verkehr…“ Und zur Wählerschaft der CDU: „Man denkt: Der Kernbestand, das sind zum Beispiel diejenigen, die einen großen Wert auf eine unkontrollierte Nutzung des Autos legen. Mag ja sein, dass das eine CDU-Klientel ist, aber die Gesamtbevölkerung ist aus meiner Sicht viel weiter." In Berlin sind 1,2 Mio. private PkW zugelassen. Mindestens die Hälfte der Berliner hat irgendetwas mit einem Auto im Sinn. Wer kümmert sich um diese, wenn nicht die CDU? Der Autoverkehr wird sich über kurz oder lang von selbst regulieren. Wenn immer mehr Autofahrer merken, dass sie nicht vorwärts-kommen, werden sie eines Tages ihr Fahrzeug von ganz allein abschaffen und nach Alternativen suchen. Bestimmte Bereiche als autofrei zu erklären, mag Sinn machen, ob es gleich der gesamte S-Bahn-Ring sein muss, ist eine andere Frage. Der Times Square in New York, wer hätte das gedacht, ist schon seit ein paar Jahren für Autos tabu. Und der Big Apple ist nicht untergegangen. Zu der Beratertätigkeit des Herrn von Beust hat der beliebte BZ-Kolumnist Gunnar Schupelius eine klare Meinung: „Die Berliner CDU braucht diesen Ratgeber nicht. Es wäre sinnlos und lächerlich, wenn sie den Grünen hinterherrennen und dabei ihre Anhänger vor den Kopf stoßen würde. Dann wäre ihr Unter-gang endgültig besiegelt.“
Die CDU beglückt einen stets zu vielen Themen mit zwei Pressemitteilungen, eine vom Landesverband und eine aus dem Abgeordnetenhaus. Beide sind im Tenor gleich und so überlassen wir die letzten Worte dieses Beitrages nicht dem verkehrspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Oliver Friederici, sondern dem Fraktionsvorsitzenden der FDP, Sebastian Czaja. Einmal mehr zeige sich, „dass es den Grünen nicht mehr um einen optimalen, modernen Verkehrsmix in der Stadt, sondern nur noch um einen einseitigen Kampf gegen das Auto geht. Was wir in Berlin jedoch brauchen ist eine faire und ausgewogene Verkehrspolitik, die alle Verkehrsbedürfnisse der Menschen und den Klimaschutz berücksichtigt. Die Autofahrer immer weiter zu bestrafen wird nur noch mehr Zorn zwischen allen erzeugen.“
Heute wirbt der Regierende Bürgermeister Michael Müller für Berlin als Standort für die Internationale Automobil Ausstellung (IAA). Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) wird nicht dabei sein. „Ein Fall von Landesverrat“ würde Konrad Adenauer sagen.
Ed Koch
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