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geschrieben von: Redaktion am 27.02.2020, 07:55 Uhr
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Der „Politische Aschermittwoch“ ist auch nicht mehr das, was er mal war, ausgenommen in Bayern. Früher waren diese Veranstaltungen eine Fortsetzung des Karnevals, allerdings ohne Tusch nach jedem verunglückten Gag. In Passau findet natürlich der älteste und größte Aschermittwoch statt, aber die Zeiten, als hier Franz-Josef Strauß sprach, sind längst Geschichte. Keiner seiner Nachfolger hat sein bitteres Niveau erreicht, auch nicht Markus Söder. Die Rede des starken Mannes des bedeutendsten Bundeslandes aller Zeiten lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Wir Bayern sind die Größten, Bayern ist Spitze in jeder Hinsicht, alle anderen können uns die Maß nicht reichen. Die anderen Parteien sind lästige Mitbewerber und die Schwesterpartei CDU ein not-wendiges Übel. Söder betont, in Bayern bleiben zu wollen, also nicht aufs Kanzleramt zu schielen, sagt aber gleichzeitig, dass es ohne Zustimmung der CSU keinen Unions-Kanzlerkandidaten geben werde. Nicht vorstellbar, dass der neue CDU-Vorsitzende als Kanzlerkandidat von der CSU abgelehnt werden könnte. Seit dem 26. Februar scheint also klar zu sein, wer neuer CDU-Vorsitzender wird, ist auch der Kanzlerkandidat für 2021.
Söder verscheißert zwar die neuen SPD-Vorsitzenden, lässt aber ansonsten den Berliner Koalitionspartner in Ruhe. Für die FDP hat Söder nur Verachtung übrig. Noch immer nimmt er Christian Lindner übel, sich vor der Jamaika-Koalition gedrückt zu haben. Die totale Abgrenzung zur Linken und zur AfD wird erwartungsgemäß deutlich unter-strichen. Als Hauptgegner macht Söder die Grünen aus. Da schwingt schon ein wenig Angst mit, denn nach den jetzigen Umfragen wäre bei einer Neuwahl nur ein „stabiles“ Bündnis zwischen Union und den Grünen möglich. Söder sagt über sich selbst, dass er rasiert natürlich viel besser aussehe als Robert Habeck mit Dreitagebart.
Söder ist gern Chef in Bayern. Er musste ja auch lange genug darauf warten. Ein deutlicher Seiten-hieb auf seinen Vorgänger Horst Seehofer, der mit keiner Silbe erwähnt wurde. Seehofer war zwar nicht anwesend, aber, aus nachvollziehbaren Grün-den auch nicht Franz-Josef Strauß, und auch nicht Edmund Stoiber, der sich unter den Lebenden befindet. Beide wurden aber von Söder lobend er-wähnt, wofür auch immer. Jeder Landrat wurde namentlich erwähnt, klar, am 15. März finden Kommunalwahlen im Freistaat statt. Die Ära Seehofer fand in Bayern offenbar nicht statt. Das erinnert ein wenig an einen Beitrag in dem „Magazin für politische Kultur“, Cicero, von Chefredakteur Christoph Schwennicke, der heute die 15-jährige Amtszeit von Angela Merkel als eine „Ära der vertanen Zeit“ bewertet. Mit anderen Worten, alles kann nur besser werden.
Trotz ernsthafter Anmerkungen zu den Anschlägen der letzten Wochen und Tage, fand in Passau eine Klamaukrede statt. Schon früh um zehn floss das Bier in Strömen. Phoenix sendete den ganzen Tag über die Reden von den Parteitagen. Das war schon ziemlich langweilig. Hinter kaum einem Satz hätte sich ein Tusch gelohnt. Saskia Esken hielt eine gute Rede, die aber nichts mit dem Flair von Aschermittwoch zu tun hatte. Sachlich trug sie vor, weshalb die SPD für das Land wichtig sei. Sie verzichtete darauf, die anderen Parteien madig zu machen. Einzige Ausnahme natürlich, die Abgrenzung zur AfD. Der sozialdemokratische Aschermittwoch fand im Wolferstetter Keller im bayerischen Vilshofen statt.
Auch die AfD-Veranstaltung wurde übertragen. Sie fand in Osterhofen bei Passau statt. Die Deutschlandausgabe des österreichischen „Standard“ bringt die AfD-Veranstaltung auf den Punkt: „Die AfD nimmt am Aschermittwoch ein Bierbad im Selbst-mitleid. Deutschlands extrem Rechte gefallen sich in der Opferrolle und wettern gegen einen ‚Amoklauf der Lüge‘“.
Die Grünen waren gleich mit zwei Veranstaltungen am Aschermittwoch präsent. Eine im baden-württembergischen Biberach mit Annalena Baerbock und eine zweite mit Robert Habeck im bayerischen Landshut. Der Spiegel beschreibt Habecks Rede als „Kanzlertraining.“ Ja, die Grünen wollen Volkspartei werden. Dazu fühlen sie sich geradezu genötigt, weil die klassischen Volkspartei-en „taumeln“. Desorientierung und Selbstbeschäftigung wirft Habeck CDU und SPD vor. Sein Mitleid ist wirklich gekonnt gespielt. Aber auch für die Grünen gilt, die Rhetorik von Joschka Fischer haben seine Nachfolger in der Bütt noch lange nicht erreicht.
Die FDP leckte ihre Wunden in Landshut und versuchte, wieder Profil zu finden. Annegret Kramp-Karrenbauer trat erneut in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern auf und hielt ein gute Abschieds-rede, mit wenig Groll und Zorn. Ihr möglicher Nach-folger Armin Laschet sprach im sauerländischen Kirchveischede und gab souverän und überzeugend den Landesvater, während Friedrich Merz im thüringischen Apolda an der Abschiedsvorstellung von Mike Mohring teilnahm, und das sagte, was wir in den letzten Tagen so oft gehört haben und noch hören werden. Dieses Strotzen vor Selbstbewusstsein des Kandidaten Merz ist auf Dauer anstrengend. Nur Norbert Röttgen durfte nirgendwo auf-treten, da ist uns wirklich etwas entgangen.
Ed Koch
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