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Das Austesten des Rechtsstaats

geschrieben von: Redaktion am 28.02.2020, 08:36 Uhr
paperpress574 
Manchmal wünschte man sich, dass nicht über jede Blähung berichtet würde. Was sollen aber die klassischen Medien wie Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen machen, wenn sich jeder Depp, der ein Handy bedienen kann, zum Amateur-Journalisten erklärt. Es ist häufig schwer, zwischen seriösen Nachrichten und Fake-News zu unterscheiden. Nicht immer ist es so einfach wie bei den Tweets von Donald Trump, bei denen man weiß, dass der Wahrheitsgehalt auf einer Skala von 1 gut bis 10 schlecht bei mindestens 15 liegt.


Der Autor dieses Beitrages nimmt am Irrsinn der asozialen Medien nicht teil. Es hat keinen zu interessieren, was ich esse oder wohin ich in Urlaub fahre. Wir werden überschwemmt mit unsinnigen, über-flüssigen Meldungen, die keine Nachrichten sind, weil Nachrichten bedeutet, sich danach richten zu können. Es gibt, zum Glück, noch genügend seriöse Quellen, aus denen man schöpfen kann.

Leider hat die Informationsflut dazu geführt, dass viele Leute kaum noch vernünftig miteinander kommunizieren können. Es gibt keine Hemmschwel-le mehr. Wer eine andere Meinung hat, wird beleidigt und herabgewürdigt. Der alte Spruch, „ich akzeptiere Deine Meinung, auch wenn es nicht meine ist“, gilt nur noch in kleineren Kreisen gebildeter Menschen.

Man muss nicht einer Meinung mit Renate Künast sein, auch nicht mit Sawsan Chebli. Es zuzulassen, dass sie auf das Übelste diffamier werden, ist eines Rechtsstaates nicht würdig. Anstatt hart durchzugreifen, eiern unsere Richter bei der Grenzziehung zwischen Meinungsfreiheit und unzulässiger Herab-setzung herum. Frau Chebli eine „islamische Sprechpuppe“ zu nennen, ist nicht, wie ein Richter des Amtsgerichts Tiergarten gestern feststellte, „haarscharf auf der Grenze des Zulässigen“, sondern eindeutig rassistisch und überschreitet die Grenze des Erträglichen. Frau Chebli hatte folgerichtig geklagt und der Beleidiger wurde zunächst mit einer Strafe von 1.500 Euro belegt. Er legte Widerspruch ein und wurde freigesprochen.

Der Angeklagte, meldet der Tagesspiegel, ist ein mehrfach vorbestrafter Ex-Polizist. Er hatte wochen-lang für den Tag der Verhandlung getrommelt. „Seinen Anhängern hatte er verkündet, hier kämpfe ‚Team Deutschland‘ gegen ‚Team Orient‘. Er hoffte, sie würden Reisebusse organisieren, um den Gerichtssaal in ein ‚Fahnenmeer aus Schwarz-Rot-Gold‘ zu verwandeln. Er erklärte in Videos, worum es ihm in diesem Prozess geht: Chebli sei Migrantin, und er als Deutscher wolle sich nicht von ihr vorschreiben lassen, was er zu sagen habe und was nicht. Tatsächlich stehen eine Stunde vor Prozessbeginn rund 100 seiner Anhänger vorm Gericht. Viel zu viele für den Saal. Sie versuchen, sich mit Gewalt Zutritt zu verschaffen, werden vom Wachpersonal im Foyer gestoppt. Sie grölen ‚Wir wollen rein‘, singen die Nationalhymne.“, berichtet der Tagesspiegel. Das Urteil wurde mit Jubel aufgenommen. Was ist los in diesem Land? Eine Neuauflage der „Goldenen 20er“ 100 Jahre später?

Der Rechtsstaat wird permanent ausgetestet und zeigt sich allzu liberal seinen Feinden gegenüber. Diese lasche Haltung ist der Nährboden für weitere Aktionen. Und diese beschränken sich nicht darauf, unliebsame Menschen zu beleidigen, sondern sie in Listen zu erfassen. Ein vermutlich Rechtsextremist aus Wien, dessen Server in den USA stehen soll, führt auf seiner Plattform diese Listen und teilt Me-dien, Parteien und Einzelpersonen in drei Kategorien ein, A, B und C. Die Berliner Morgenpost berichtet heute darüber. Steckbriefartig werden die Zielpersonen und Institutionen auf der Plattform „Judas Watch“ beschrieben.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutsch-land, Josef Schuster, sagte der Jüdischen Allgemeinen: »Auf dieser Homepage wird nicht nur das antisemitische Stereotyp einer jüdischen Weltverschwörung geschürt, sondern es werden einzelne Personen an den Pranger gestellt. Auch wenn die Seite keine direkten Aufrufe zur Gewalt enthält, müssen alle aufgeführten Personen damit rechnen, zur Zielscheibe von Hass zu werden.«

Dass die Medien darüber berichten, ist vollkommen in Ordnung. Warum aber die Berliner Morgenpost meint, die Namen von Institutionen und Personen abdrucken zu müssen und sich damit zum Multiplikatoren macht, erschließt sich mir nicht. Und auch der Hinweis, dass sich ein Politiker in einer höheren Gefährdungsstufe befindet als ein anderer, ist eine völlig überflüssige Information. Es geht hier schließlich nicht um einen Wettbewerb, wer A, B oder C-Promi ist. Geradezu fahrlässig ist der Hinweis, den die Morgenpost verbreitet, dass ein Politiker gefährdeter sei als andere, weil er keinen Personenschutz genieße. Das ist, ehrlich gesagt, genauso dumm wie eine frühere Berichterstattung der BZ, in der der Grundriss des Wahlkreisbüros eines Spitzenpolitiker abgedruckt wurde. Müssen derartige Details, über die vermeintliche Täter vermutlich selbst verfügen, auch noch in den Medien breitgetreten werden? Seriöse Berichterstattung sieht anders aus.

Ed Koch

  
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