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geschrieben von: Redaktion am 30.08.2020, 06:57 Uhr
paperpress580
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Eigentlich ist alles ganz einfach. Irgendwer will eine Demonstration veranstalten und stellt den erforderlichen Antrag. Der Antrag wird abgelehnt, weil der Veranstalter in einer vorausgegangenen Demonstration bewiesen hatte, dass er nicht Willens und erst recht nicht in der Lage ist, die Auflagen zu erfüllen. Und diese Auflagen besagen gegenwärtig nun mal, dass Abstand zu halten und eine MundNasen-Bedeckung zu tragen ist. Wenn aber genau diese Vorschrift in einer Demonstration kritisiert werden soll, ist es lebendfremd davon auszugehen, dass sich die Teilnehmenden daran halten werden. Wer gegen die Maskenpflicht demonstriert, trägt eben keine.
In Berlin, wo ständig für oder gegen etwas demonstriert wird, gibt es natürlich eine eigene Versammlungsbehörde. Diese untersteht der Polizei und damit dem Innensenator. Als sich Andreas Geisel hinter die Entscheidung der Versammlungsbehörde stellte, die Demonstration am 29. August zu verbieten, war meine erste Reaktion: Das geht schief. Denn Demonstrationen zu verbieten ist in Berlin schlimmer als den Apple-Store zu schließen. Erwartungsgemäß wurde gegen das Verbot geklagt, und erwartungsgemäß wurde es erst vom Verwaltungsgericht und dann vom Oberverwaltungsgericht gekippt. Die Demonstration kam dann aber gar nicht in die Gänge, weil die, noch ein-mal vom Gericht explizit dargestellten Auflagen, nicht erfüllt wurden. Alles, was danach erfolgt, ob vor der Russischen Botschaft oder beim Sturm auf den Reichstag, ist das übliche Szenario, was wir in Berlin gewohnt sind, wenn die Wutbürger Ausgang haben. Die Teilnehmenden an der Kundgebung vor der Siegessäule hielten sich zwar auch nicht an die Auflagen, es blieb aber friedlich.
Dass nach dem Demonstrationsverbot eine Welle unfassbarer Beschimpfungen bis hin zu Morddrohungen an die Verantwortlichen einsetzte, zeigt deutlich, wes Geistes Kind ein Teil dieser Menschen ist. Die Mischung, aus der die Demonstranten zusammengesetzt sind, ist abenteuerlich. Auch wenn Reichsbürger und Verschwörungstheoretiker nicht die Mehrheit bilden, so werden sie zumindest geduldet und kaum ein „Normalbürger“ scheint Probleme damit zu haben, neben der Reichsflagge, schon für 7,99 Euro im Internet bestellbar, durch die Gegend zu laufen.
Für den Grünen Benedikt Lux ist das Aufheben des Verbots der Demo ein Zeichen dafür, dass „der Rechtsstaat funktioniere.“ Nein, lieber Herr Lux, der Rechtsstaat funktioniert eben nicht, wenn er klein beigibt und keine Haltung zeigt. In welcher Traumwelt leben eigentlich die Richter, wenn sie diesem Veranstalter, der anschaulich bewiesen hat, keine Auflagen erfüllen zu wollen, eine zweite Chance einräumen? Die Einschätzung der Polizei und des Innensenators entsprach der Realität, ganz im Gegensatz zu der der Gerichte. Andreas Geisel betonte mehrfach, dass es ihm darum ginge, Haltung zu zeigen. Diese Möglichkeit hätten auch die Gerichte gehabt.
Es ist völlig unerheblich, ob nach einem Verbot dennoch tausende aus allen Himmelsrichtungen nach Berlin gekommen wären, um zu zeigen, dass sie nichts akzeptieren, was dieser Staat, der wir ja alle sind, an Gesetzen und Verordnungen erlässt. Ich verzichte an dieser Stelle darauf zu erklären, wie eine Demokratie aufgebaut ist und wie sie funktioniert, weil das jeder selbst weiß oder wissen sollte. Ja, die Maßnahmen gegen Corona sind nervend und einschränkend. Man darf auch die Frage stellen, ob es die Pandemiebedingten Opferzahlen rechtfertigen, das wirtschaftliche und kulturelle Leben mit unabsehbaren Folgen für die Zukunft so stark einzuschränken. Jeder Cent, der jetzt dafür ausgegeben wird, die Nerven der Bürger zu beruhigen, muss irgendwann wieder zurückgezahlt werden. Ja, man kann und darf alle Maßnahmen in Frage stellen, aber nicht in der Form, wie es die „Querdenker“ aus Stuttgart vorführen. Sollte dieser Verein erneut einen Antrag stellen, kann man nur hoffen, dass der Innensenator erneut Haltung zeigt und die Gerichte vielleicht noch ein wenig länger nachdenken, ehe sie das Verbot wieder aufheben. Und den alles in Frage stellenden Demonstranten bleibt nur der Zuruf, zu ihrem nächsten Happening auf den Himmlischen Platz des Friedens in Peking einzuladen, alternativ Roter Platz in Moskau oder Taksim-Platz in Istanbul. Gute Reise.
Ed Koch
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