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Der Herr Spahn

geschrieben von: Redaktion am 31.12.2020, 07:30 Uhr
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Der Name Jens Spahn ist mir erstmals 2016, ein Jahr vor der Bundestagswahl aufgefallen. Da war er bereits seit 2002 Bundestagsabgeordneter und seit 2015 Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium. Aufgefallen ist er wegen seiner Kritik an der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Ange-la Merkel. Schon damals wurde er von der WirtschaftsWoche als „Hoffnungsträger“ der CDU bezeichnet.


Nach der Wahl tat Merkel das, was man mit Stören-frieden macht, sie umarmen und einbinden. Dafür opferte sie ihren Freund Hermann Gröhe, der nicht wieder Gesundheitsminister werden durfte. Jens Spahn übernahm das Ressort, dessen damalige Bedeutung sich in Grenzen hielt. Es gibt tatsächlich eine amtliche Reihenfolge der Bundesministerien, und da steht das BMG auf Platz 10. Nur Verkehr, Umwelt, Bildung und Entwicklungshilfe scheinen noch unwichtiger zu sein.

Heute gehört Spahn zu den laut Umfragen wichtigsten Politikern Deutschlands. Für „Bild am Sonntag“ hatte das Meinungsforschungsinstitut Kantar/Emnid Spahn auf Platz Eins gehievt, noch vor Merkel. Bei der Forschungsgruppe Wahlen des ZDF liegt Merkel nach wie vor vorn, immerhin mit 2,6 Punkten auf der Skala +5 bis -5. Spahn wird mit 1,7 bewertet und liegt damit noch vor Olaf Scholz (1,6) und Markus Söder (1,6). Armin Laschet, der wie Friedrich Merz gern CDU-Vorsitzender und danach möglichst Bundeskanzler werden möchte, erhält klägliche 0,5 Punkte. Hinter dem Namen Merz steht eine Null. Norbert Röttgen taucht in der Liste gar nicht auf.

Wie konnte es dazu kommen, dass ein Gesundheitsminister so populär geworden ist? Die Frage ist natürlich einfach zu beantworten. Es lohnt aber ein Blick zurück.
Schauen wir ins das Geschichtsbuch von Wikipedia: „Spahn reagierte in den ersten Wochen des Jahres 2020 zögerlich auf die beginnende, am 30. Januar 2020 durch die WHO zur internationalen Gesundheitsnotlage erklärte COVID-19-Pandemie. Am 8. März 2020, über zwei Monaten nach einer internationalen Warnung durch ProMED-mail am 31. Dezember 2019, empfahl er, Großveranstaltungen abzusagen. Die Empfehlungen der Deutschen Pandemie-Risikoanalyse wurden ab Mitte März 2020 umgesetzt.

Als im Januar 2020 der erste Infektionsfall in Deutschland festgestellt wurde, erklärte Spahn: ‚Für übertriebene Sorge gibt es keinen Grund‘, Deutschland sei gut vorbereitet. Das Robert Koch-Institut bewertete die Gefahr für die deutsche Bevölkerung zu diesem Zeitpunkt als gering. Knapp zwei Wochen später, am 12. Februar, sagt Jens Spahn im Gesundheitsausschuss, die Gefahr einer Pandemie sei ‚eine zurzeit irreale Vorstellung‘.

Die von dem Virologen Alexander Kekulé wochen-lang geforderten Einreisekontrollen zur Identifizierung Coronavirus-Infizierter an den Flughäfen lehnte Spahn zunächst ab und beschloss sie nach Kekulés Ansicht erst viel zu spät. Nationale Alleingänge bei Einschränkungen des Reiseverkehrs – etwa von und nach China, wie sie Italien verhängt hatte – lehnte Spahn ab, ebenso das Fiebermessen von Einreisen-den. Am 24. Februar erklärte Spahn, dass bei einer stärkeren Ausbreitung weitere Schutzmaßnahmen (u. a. Absage von Großveranstaltungen, Schließung von Kitas und Schulen) nicht ausgeschlossen seien. Zwei Tage später forderte Spahn in einer Telefonkonferenz die Gesundheitsminister der Länder auf, ihre Pandemiepläne ‚zu aktivieren und ihr mögliches Inkrafttreten vorzubereiten‘.

Nachdem Anfang März die Zahl der Infektionen in Deutschland auf 670 Fälle angestiegen war, rief Spahn dazu auf, auf Reisen in besonders betroffene Regionen in Italien, aber auch in Nordrhein-Westfalen zu verzichten. Am 4. März wies Spahn in einer Regierungserklärung auf knapp werdende Vorräte von Atemmasken und Schutzkleidung hin. Im gleichen Monat wurden Vorwürfe aus der pharmazeutischen Handelsbranche und von niedergelassenen Ärzten laut, wonach bereits Anfang Februar Warnungen an Spahn und das Gesundheitsministerium über baldige Lieferengpässe bei medizinischer Schutzausrüstung wie Mund-Nasen-Schutz (MNS) und Atemschutzmasken (FFP2- und FFP3-Masken) eingegangen, jedoch nicht beantwortet worden sei-en. Die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg kritisierte, dass die versprochene Hilfe der Bundesregierung bei der Beschaffung ausgeblieben sei. Nach Klagen vieler deutscher Arztpraxen über fehlende Schutzkleidung kündigte Spahn eine erste Zustellung von zehn Millionen Masken an. Spahn räumte Versäumnisse bei der Beantwortung der hohen Zahl von Anfragen ein. Es sei nicht vorstellbar gewesen, ‚dass so ein Cent-Produkt auf einmal so einen Mangel [habe] und gleichzeitig ebenso schwer zu kriegen [sei]‘.

Mit dem Voranschreiten der Pandemie setzte er sich für eine Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes ein, die verstärkte Eingriffsmöglichkeiten des Bundes auch im bisherigen Kompetenzbereich der Länder vorsieht. Unter anderem stieß Spahn eine Debatte über eine zeitlich begrenzte Handyortung der Bevölkerung über einen Regierungszugriff auf Mobilfunkdaten an. Die Produktionskapazitäten für Masken im Inland werden sukzessiv ausgebaut. Bis zu 50 Millionen Stück sollen ab August monatlich zur Verfügung gestellt werden.

Im Dezember kam erstmal größere Kritik über Lieferung bzw. nicht Verfügbarkeit von Corona-Impfstoffen an der Bundesregierung und damit an Spahn als zuständigen Minister auf. Lars Klingbeil warf Spahn Versäumnisse vor: ‚Das Chaos rund um den Impfstart finde ich sehr ärgerlich‘, ‚Der Minister selbst hatte Monate Zeit, den geplanten Impfstart vorzubereiten. Hierzu hat er ausreichende Kompetenzen bekommen.‘ und ‚Wenn jetzt der Eindruck entsteht, der Staat habe diese Aufgabe nicht im Griff, steigert das nicht gerade das Vertrauen in das Impfen.‘ Bayern forderte vom Bund mehr Planbarkeit und Verlässlichkeit bei der Lieferung. Da bekannt wurde, dass Bayern, Berlin und Brandenburg in der ersten Januarwoche, entgegen der bisherigen Zusage, voraussichtlich keine Impfstoffe erhalten. Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci warf der Bundesregierung vor, die Verteilung des Corona-Impfstoffes schlecht organisiert zu haben.“

Die Kritik von Kalayci wies Spahn zurück. „Es war klar, dass der Impfstoff am Anfang knapp sein wird“, sagte Spahn auf Anfrage der Berliner Zeitung. Spahn sagte, dass man mit Anfangsschwierigkeiten bei den Impfungen rechnen musste. Dass bereitstehende Impfzentren nicht genutzt werden, sei ein „Übergangsphänomen“. Diese sollen nach und nach ausgelastet werden, wenn mehr Impfstoff zur Verfügung stehe. Man werde nun klären, an welchen Wochentagen welche Lieferungen erfolgen sollen. Davon, solche „Fragen unter Stress öffentlich auszutragen“, halte er allerdings nichts, sagte er auf die Kritik Kalaycis. (Quelle: Berliner Zeitung).

Dass ausgerechnet der gesundheitspolitische Sprechers der Linken, Wolfgang Albers, Spahn bei-pflichtet, ist erstaunlich. Der Koalitionspartner hält die Kritik Kalaycis an Spahn „für übertrieben“. „Es gibt keinen Grund für einen Alarmismus“, sagte er der Berliner Zeitung. Berlin habe bereits im Vorfeld gewusst, dass die Stadt nicht die Menge an Dosen bekommen wird, die man sich erhofft hatte. „Wir sind Opfer der eigenen hohen Erwartungen geworden“, sagte Albers. „Wir kämpfen seit Monaten gegen die Pandemie, seit einer Woche ist der Impfstoff da. Wir müssen jetzt mit der Menge, die da ist, arbeiten“, sagt Albers. So kann man die Sache natürlich auch sehen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, Spahn hat von Anfang an nicht alles richtig gemacht und vieles falsch eingeschätzt. Da befindet er sich, was die Sache nicht besser macht, in guter Gesellschaft mit anderen. Auf Christian Drosten, der schon im Februar sagte „Es kann schlimm werden“, und Alexander Kekulé hätte man früher hören können und müssen. Aber, mit „hätte hätte“ kommen wir nicht weiter. Tatsache ist, dass Jens Spahn heute als Held gefeiert wird. Tagesspiegel-Herausgeber Stephan-Andreas Casdorff bezeichnet in einem Kommentar Spahn als „Politischen Gewinner der Coronakrise.“ „Der Gesundheitsminister ist der Feuerwehrmann. Er wird gebraucht, er löscht.“, schreibt Casdorff.

So wie es aussieht, wird sich die Lage 2021 mehr durch Impfungen als durch Kontaktbeschränkungen und geschlossenen Kultureinrichtungen entspannen. Für Spahn läuft das Wahljahr gut. Frau Merkel ist keine Konkurrenz, weil sie nicht mehr antritt. Es war ein Fehler von Spahn, seine Kandidatur für den Parteivorsitz zurückzuziehen und sich in ein Tandem mit Armin Laschet zu begeben. Der Kampf hätte zwischen Spahn und Merz ausgetragen werden müssen mit den besseren Erfolgsaussichten für Spahn. Es bleibt ja noch das Kanzleramt, immerhin. Markus Söder hat so oft erklärt, wie unverzichtbar er in Bayern ist, dass man ihn immer wieder daran erinnern sollte.

Dass Spahn nach der Bundestagswahl noch einmal ins Ministerium Nr. 10 geht, ist unwahrscheinlich. Gesundheitsminister muss nun endlich Karl Lauterbach werden. Natürlich nur, wenn die Koalition zwischen Union und SPD fortgesetzt wird. Nach der aktuellen Forsa-Umfrage kämen Union (36%) und SPD (15%) auf 51%. Mit den Grünen (18%) wäre die Mehrheit noch komfortabler. Die FDP (6%) oder die Linke (9%) würden für Koalitionsverhandlungen nicht gebraucht werden. Hoffentlich bleibt 2021 mehr Zeit im Kampf gegen Corona als um Wähler-stimmen.

Ed Koch

  
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