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geschrieben von: Redaktion am 29.01.2021, 08:01 Uhr
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Dass die Zahl der Corona-Toten in Berlin von einem Tag zum anderen um 31 auf 2.195 gestiegen ist, ist erschreckend und besorgniserregend. 503 neu Infizierten stehen 661 Genesene gegenüber, klingt besser. Der 4-Tage R-Wert liegt aktuell bei 0,67, die Ampel steht auf Grün. Rot zeigt sie bei der 7-Tage Inzidenz an, obwohl diese um 26 Prozent auf 95,3 gesunken ist. Nur noch in Spandau, Mitte, Neukölln und Treptow-Köpenick liegt der Wert über 100.
Dennoch. Die Nerven liegen blank. Jeden Tag gibt es neue Horrormeldungen über den Impfstoff. Es wird einfach nicht genug geliefert. Während in Großbritannien der Impfstoff von AstraZeneca vornehmlich an über 65-Jährige verabreicht wird, reißen die Diskussionen nicht ab, dass er für diese Zielgruppe nicht geeignet sei. Das Vertrauen und die Stimmung schwinden.
Nach dem ZDF-Politbarometer vom 28. Januar fühlt sich jeder Zweite in unserem Land durch die Corona-Krise persönlich stark belastet. Die Pandemie halten 84 Prozent der Befragten für das wichtigste politische Problem in Deutschland. 61 Prozent sehen ihre Gesundheit durch das Coronavirus gefährdet. 56 Prozent, ein Plus von fünf Prozent zu Mitte Januar, halten aber die Corona-Maßnahmen für richtig.
In dieser angespannten Situation gab es gestern im Parlament einen Vorfall, den heute Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt als Desaster bezeichnet. Leider kann man ihm nicht widersprechen.
Ich sitze also gestern vor dem Fernseher und schaue mir bei Alex TV die Parlamentsdebatte an. In einer Rede sagt Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci gegen 11:30 Uhr plötzlich und unerwartet: „Ich habe heute früh unseren Regierenden Bürger-meister darüber unterrichtet, dass ich und meine Behörde in guten Gesprächen ist mit Berlin-Chemie. Berlin-Chemie ist bereit, in Berlin, meine Damen und Herren, eine Impfstoffproduktion aufzubauen.“ Donnerwetter dachte ich, das hört sich ja gut an. Das Verhängnis nahm jedoch einen unfassbaren Verlauf. Wir übernehmen an dieser Stelle den zeitlichen Ablauf, den der Tagesspiegel dokumentierte:
Um 11:51 fasst die Pressestelle der Gesundheits-Verwaltung den Kern von Kalaycis Botschaft offiziell und zum Mitlesen nochmal zusammen: „Gute Nachricht: Berlin steht bereit, bei der Impfstoffproduktion mitzuhelfen. Wir sind im Gespräch mit Berlin-Chemie, die sich dazu bereit erklärt haben. Es wäre großartig, wenn Berlin auch weltweit mithelfen kann, Impfstoff zu produzieren.“
Kalayci führte in ihrer Rede weiter aus: „Berlin-Chemie hat gute Voraussetzungen für die Produktion von Impfstoff. Es steht eine Produktionsstätte und auch Personal dafür zur Verfügung. Mit unserer Unterstützung gehen wir davon aus, dass die Umsetzung schnell möglich ist.“
12:49 Uhr. SPD-Fraktionschef Raed Saleh ist vor Begeisterung über die pandemisch und politisch hoffnungsvolle Nachricht ganz aus dem Häuschen. Er gibt bekannt: „Ich freue mich über die Ankündigung, dass Berlin-Chemie erwägt, eine eigene Impfproduktion in Berlin zu starten. Die Pandemie ist weltweit nur mit ausreichend Impfstoff und einer gleichzeitigen Impfstrategie zu besiegen. Impfen was das Zeug hält setzt voraus, dass genug Impfstoff vorhanden ist. Eine mögliche weitere Produktionsstätte für Impfstoff ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Ich danke der Gesundheitsverwaltung für ihr Engagement.“
18.37 Uhr. Der RBB veröffentlicht ein Interview mit Michael Müller, das später in der Abendschau gesendet wird – er sagt: „Meine Erkenntnisse sind jetzt so, dass es nicht um Impfstoffproduktion geht, sondern um das Abfüllen von Impfstoffen.“ Da ist mir fast meine Salami-Stulle aus der Hand gefallen.
19:06 Uhr. Ein PR-Büro veröffentlicht im Auftrag von Berlin-Chemie eine Erklärung – der Wortlaut: „Berlin-Chemie bedankt sich bei der Berliner Senatsverwaltung für die positiven und konstruktiven Gespräche bezüglich einer möglichen Unterstützung bei der Aufbereitung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2. Die Technologie, über die das Unternehmen verfügt, ist für die Produktion von Impfstoffen nicht geeignet.“ Und nicht einmal für das Abfüllen.
Es gibt Sachen, die in der Hektik passieren können, es gibt aber auch welche, die in dieser Situation nicht passieren dürfen. Der Vorgang ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten. Noch schlimmer als die Tatsache, dass in Berlin kein Impfstoff weder hergestellt noch abgefüllt werden kann, ist der Vertrauensverlust bezüglich der Aussagen unserer Politiker. Auch wenn „hätte hätte“ nicht hilft, bevor jedoch so eine Meldung öffentlich gemacht wird, hätte sie wasserdicht gemacht werden müssen, wie das Impfserum in seinen Dosen.
Übrigens: Um 22:30 Uhr und 23:00 Uhr erklären uns ab heute wieder Oliver Welke und Jan Böhmermann im ZDF die Welt.
Ed Koch
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