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Türkeiwahl wird in Deutschland entschieden

geschrieben von: Redaktion am 16.05.2023, 06:55 Uhr
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Jeder in Deutschland lebende Mensch mit Einwandererhintergrund muss für sich selbst entscheiden, ob er bei bestimmten Anlässen die deutsche oder die Flagge seines Herkunftslandes auf seinem Balkon hisst. Bei Umfragen unter Bürgern mit türkischen Wurzeln haben einige deutlich gesagt, dass sie es unangemessen finden, sich an der Wahl in der Türkei zu beteiligen, weil sie nun mal dauerhaft in Deutschland leben. Nur, weil sie einmal im Jahr für vier Wochen das Land ihrer Großeltern besuchen, stünde ihnen ein Wahlrecht dort nicht zu. Ähnlich äußerte sich der Journalist Deniz Yücel gestern Abend in der ARD-Sendung „hart aber fair.“ Dennoch habe er von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht, um vor allem gegen den Amtsinhaber Erdogan zu stimmen. Das kann man ihm nicht verübeln, hat doch der Präsident dafür gesorgt, dass er fast ein Jahr lang in Untersuchungshaft sitzen musste, bevor er formell angeklagt wurde.


Die heutige Türkei ist weit davon entfernt, ein demokratischer Rechtsstaat, wie wir ihn verstehen, zu sein. Erdogan hat als Präsident seine Macht immer weiter ausgebaut, und sein Volk im In- und Ausland stimmte dem Demokratieabbau begeistert zu. So gibt es keinen Ministerrat, vergleichbar mit unserem Bundeskabinett mehr. Das auf eine Person angelegte Präsidialsystem ersetzte das parlamentarische Regierungssystem. Erdogan ist die Ein-Mann-Regierung, ohne auf die Zustimmung der Abgeordneten der Nationalversammlung angewiesen zu sein.

Zu 95 Prozent sind die Medien in der Türkei staatlich kontrolliert. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist Erdogans Privatsache. Die Justiz arbeitet nicht unabhängig. Der Präsident hat immer das letzte Wort. So ein System kann man bequem finden, so lange es aber existiert, hat die Türkei nichts in der EU zu suchen.

Dass es bei der aktuellen Wahl Erdogans Gegenkandidaten Kilicdaroglu überhaupt gelungen ist, bei einer für unsere Verhältnisse unglaublichen Wahlbeteiligung von 89 Prozent 44,9 Prozent zu erlangen, ist eine Sensation. Es gab keinen fairen Wahlkampf, Erdogans Staatsmedien haben ihn 32 Stunden im Fernsehen gefeiert, über Kilicdaroglu wurde 32 Mi-nuten berichtet. Bei der Wahlberichterstattung wurden zuerst immer nur Ergebnisse präsentiert, bei denen Erdogan vorn lag.

Es ist unglaublich, dass Erdogan nach dem verheerenden Erdbeben mit einem noch verheerenderen Krisenmanagement in den betroffenen Regionen dennoch die meisten Stimmen gewinnen konnte. Von der Vetternwirtschaft in der Baubranche und davon, ob jedes Haus, das zu Staub zerfiel, nicht mit widerstandsfähigeren Materialien hätte gebaut werden müssen, wollen wir erst gar nicht reden.

49,5 Prozent erzielte Erdogan bei der Präsidentschaftswahl. Das ist hauchdünn unter der erforderlichen Mehrheit. Am 28. Mai gibt es also eine Stichwahl, bei der sich Erdogan auf seine Deutsch-Türken wieder wird verlassen können. 64,8 Prozent von ihnen stimmten für ihn, nur 21,9 Prozent für Kilicdaroglu. Die Entscheidung darüber, ob Erdogan im Amt bleiben kann, wird also in Deutschland gefällt.

Es ist unbegreiflich, wie Menschen, die seit Jahr-zehnten, sehr viele von ihnen seit ihrer Geburt, den deutschen Rechtsstaat mit all seinen Vorzügen genießen können, in dem Herkunftsland ihrer Ahnen ein höchst undemokratisches System wählen.

Alles andere als hilfreich waren mal wieder die Grünen, vor allem jene mit türkischen Wurzeln, die dazu noch politisch tätig sind. Es gehört sich nicht, anderen Wahlempfehlungen zu geben. Herr Özdemir sollte sich um die Butterpreise kümmern, aber nicht den Türken vorschreiben wollen, wen sie wählen sollen.

Am 14. Mai ging es nicht nur darum, wer Präsident wird, sondern auch um die Zusammensetzung des so genannten Parlaments. „Zur Wahl des türkischen Parlaments gibt es noch keine vorläufigen Endergebnisse.“, berichtet das ZDF heute Morgen. „Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu hält die Allianz um Erdogan aber weiter ihre Mehrheit. Sie hat voraussichtlich weniger Sitze als in der vorigen Regierungsperiode, aber eine absolute Mehrheit. Das Parlament ist unter Erdogan stark entmachtet worden. Dennoch könnte die AKP ihre Mehrheit dort dazu nutzen, Kilicdaroglu zu blockieren, sollte er die Stichwahl gewinnen.“

Man muss schon über sehr viel Optimismus verfügen, um zu glauben, dass Erdogan die Stichwahl verlieren könnte. Die Staatsmedien werden in den nächsten zwei Wochen das Volk völlig einnebeln. Und da hierzulande die Deutsch-Türken lieber die türkischen Sender sehen und hören als die deutschen, werden auch sie im Propagandanebel eingehüllt ihr zweites Kreuz wieder bei ihrem Lieblingsdiktator machen.

Ed Koch

  
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