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Erinnern müssen

geschrieben von: Redaktion am 12.08.2023, 09:05 Uhr
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Das Zitat des spanischen Philosophen George Santayana „Wer sich seiner Vergangenheit nicht erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“, ist heute, angesichts des Erstarkens rechtsextremer Parteien in Europa, wichtiger denn je, und es verdeutlicht die Wichtigkeit und Betonung der Erinnerungs- und Gedenkkultur.

Obwohl man es angesichts der deutschen Geschichte nicht für möglich gehalten hätte, bildeten sich immer wieder rechtsextreme Parteien in unserem Land. So ist „Die Heimat“ eine 1964 gegründete rechtsextreme und in Teilen neonazistische deutsche Kleinpartei, die bis zu ihrer Umbenennung im Juni 2023 den Namen Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) trug.

Die Deutsche Volksunion (DVU) war eine rechtsextreme Partei in der Bundesrepublik Deutschland. Sie wurde 1971 als Verein und 1987 als politische Partei gegründet. Über den Zeitraum von 38 Jahren wurde sie vom Verleger Gerhard Frey autoritär geführt. 2011 löste sie sich auf.

„Die Republikaner“ bildeten sich 1983 als rechte Abspaltung enttäuschter CSU-Mitglieder. Zwischen 1989 und 2001 waren die Republikaner z.T. in Landesparlamenten und im Europäischen Parlament vertreten, die es sogar bis in die Bezirksverordnetenversammlung von Tempelhof schafften. Quelle: Wikipedia

NPD und Republikaner spielen heute keine Rolle mehr, dafür die AfD umso mehr.

Es ist anstrengend, sich ständig an die Vergangenheit erinnern zu sollen. Aber, „Demokratie lebt nicht von allein, sie muss jeden Tag neu erkämpft wer-den“, sagte der SPD-Politiker und Tempelhof-Schöneberger Jugendstadtrat Oliver Schwock, anlässlich einer Gedenkfeier für Wolfgang Szepansky vor dessen Erinnerungstafel am 11. August 2023.
Sich immer wieder erinnern zu sollen, geht vielen, soweit vorhanden, auf den Geist. Gerade erst am 10. August erinnerte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an die 75jährige Wiederkehr des Verfassungskonvents, auf dem von Sachverständigen ein Vorentwurf für das Grundgesetz geschrieben wurde. Von September 1948 bis Mai/Juni 1949 verfasste dann der Parlamentarische Rat den Text des Grundgesetzes, das am 23. Mai 1949 in Kraft trat.

Natürlich kann niemand gezwungen werden, sich erinnern zu müssen. Unsere Gesellschaft ist so frei, dass bestimmte Kreise nicht müde werden, selbst die Tatsache des Holocaust zu leugnen, obwohl: „Holocaustleugnung ist in 18 europäischen Staaten illegal, darunter allen deutschsprachigen. Viele Staaten haben erweiterte Gesetze, die Holocaustleugnung als Verleumdung, als Rassismus oder zusammen mit der Leugnung von weiteren Völker-morden verbieten.“ Quelle: Wikipedia

Unternimmt der Staat genug, um das Grundgesetz zu schützen? Bei der Arbeit des Verfassungsschutzes kann man da oft Zweifel haben. Es muss viel früher angesetzt werden, zu Hause und in den Schulen. Was ist aus den vielen Ankündigungen geworden, dass jede Schulklasse einmal ein Konzentrationslager besucht haben muss? Wenig bis nichts!

Dabei gibt es Fördermöglichkeiten, auf die die Bundeszentrale für politische Bildung, dessen Etat die Bundesregierung gerade um 20 Millionen Euro, von 96 auf 76 Millionen Euro, kürzen will, hinweist. Ein falsches Signal zur denkbar falschen Zeit.

https://www.bpb.de/die-bpb/foerderung/akquisos/gedenkstaettenfahrten/

„NS-Gedenkstätten sind Tatorte, Leidensorte, Orte des Gedenkens und auch Lernorte. Originalschau-plätze machen die Verbrechen des Nationalsozialismus auf eindringliche Weise sichtbar und erfahrbar. Gruppenfahrten zu Gedenkstätten wollen jedoch nicht nur inhaltlich und pädagogisch-didaktisch gut vorbereitet, sondern auch finanziert werden. Speziell für Gedenkstättenfahrten sind zahlreiche öffentliche Fördermittel verfügbar. Daneben wird es zu-nehmend wichtiger, sich bei privaten Stellen um Unterstützung zu bemühen, seien es Stiftungen oder Spenden von Privatpersonen. In jedem Fall sind ein überzeugendes Konzept und sorgfältige Projektplanung die Voraussetzung für erfolgreiches Fundraising.“ bpb

Zum Glück gibt es sie noch, jene, die die Erinnerung an eine Zeit wachhalten, die sich nie wiederholen darf. Ob die Machtergreifung durch Adolf Hitlers NSDAP hätte verhindert werden können, ist fraglich. Am 30. Januar 1933 wurde er zwar lediglich zum Reichskanzler ernannt, aber bei den Wahlen am 5. März 1933 (da hatte Hitler schon das Reichstagsgebäude abbrennen lassen), erhielt die NSDAP 43,9 Prozent der Stimmen, SPD 18,3, das Zentrum 14,0 und die KPD 12,3 Prozent. Was danach folgte, wissen alle, die sich für Geschichte interessieren. Aus der schulischen Bildung konnte man dazu wenig erfahren, höchsten über irgendeine Keilerei 333 bei Issos.

Der Widerstand fand nach der Zerschlagung der Parteien, Verfolgung und Ermordung ihrer Mitglieder, fortan im Untergrund statt. Man muss sich das einmal vorstellen, da macht sich ein 22-jähriger Jungkommunist am 11. August 1933 auf den Weg, um an die Mauer einer Brauerei in der Methfesselstraße in Kreuzberg, „Nieder mit Hitler! KPD lebt! Rot Front!“ zu schreiben. Er wurde gefasst und der Polizei übergeben. Sogar die Zeitungen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle gleichgeschaltet waren, berichteten darüber und zitierten wörtlich den Spruch, den Wolfgang Szepansky an die Wand gemalt hatte. Während seine Wandmalerei längst übertüncht worden war, konnten zumindest die Zeitungsleser die Aussage kennenlernen.

Heute hängt an der Wand die Erinnerungstafel an die „Tat“ vor 90 Jahren. Trille Schünke von der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ (VVN-BdA) erinnerte an ihre Begegnungen mit Wolfgang Szepansky, der zornig junge Menschen ansprach, sich zu engagieren, damit nicht in Vergessenheit gerät, was nicht vergessen werden darf. Trille Schünke hat sich diese Aufforderung zu Herzen genommen und ist in der VVN aktiv. Sie kümmert sich vor allem um die Geschichten von Frauen im Widerstand. „Sie gibt Stadtführungen, betreibt mit einer Partnerin, die Journalistin ist, eine digitale Plattform und will zeigen: Frauen spielten eine wichtige Rolle in der Widerstandsbewegung.“ „Trille Schünke hat Politikwissenschaften und Zeitgeschichte studiert und hatte immer einen Fokus auf Frauen- und Berlin-Geschichte. ‚Ich komme selbst aus einer Familie, die zumindest zum Teil im Widerstand war und wo viele auch in der VVN aktiv waren.“ In der Vereinigung seien auch viele Nachkommen von Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern vertreten.“ Tagessspiegel 14.07.2023

Im Tagesspiegel ist vor einem Monat ein Artikel über Trille Schünke erschienen:

https://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/zwischen-verfolgung-und-widerstand-von-frauen-die-im-berliner-norden-gegen-den-nationalsozialismus-kampften-10111843.html

Auf Initiative von Uwe Januszewski und Ralf Derwenskus fand die Gedenkfeier an der Erinnerungstafel statt. Beide haben als Jugendliche gemeinsam mit Wolfgang Szepansky 1979/1980 die Stadtrundfahrten zu Stätten des Naziterrors und Widerstands in Tempelhof erarbeitet, die nach einer zwölfjährigen Pause jetzt wieder stattfinden werden. Die vom Paper Press e.V. und der Initiative Stolper-steine an der B 96 e.V. veranstaltete Fahrt im September ist seit langem ausgebucht.

An der Gedenkfeier nahmen neben Stadtrat Oliver Schworck auch die Bezirksverordnete Corinna Volkmann von der Gedenktafelkommission, sowie der Bezirksverordnete Harald Gindra und der Vorsitzende der Bruno und Else-Voigt-Stiftung, Klaus-Dieter Schulz teil. Die Stiftung fördert seit Jahrzehnten die Stadtrundfahrten, von denen seit 1980 bisher 66 durchgeführt wurden. Bis zu seinem Tod 2008 hat Wolfgang Szepansky die Fahrten begleitet, lange Zeit gemeinsam mit seinem Freund, dem Widerstandskämpfer Emil Ackermann.

Oliver Schworck gab in seiner kurzen Ansprache bei der Gedenkfeier zu bedenken, dass 90 Jahre eine zu lange Zeit sind und zu weit weg ist, als dass sich viele daran erinnern wollen, was passiert ist. Deshalb dankte er allen, die an der Feier teilgenommen haben und die Erinnerung wachhalten und wünscht sich das auch für die Zukunft.

Wolfgang Szepansky habe nach dem Zweiten Weltkrieg, der nur fünf Minuten von der Methfesselstraße entfernt im Haus Schulenburgring 2 in der Nacht vom 1. zum 2. Mai 1945 für Berlin als beendet erklärt wurde, seine Aufgabe darin gesehen, über das Geschehene zu berichten. Unzähligen Schulklassen, so Schworck, habe er vor Augen gehalten, was passiert, wenn Rechtsextreme die Macht übernehmen. Die Erinnerung, sagte der SPD-Politiker, dürfe nicht verblassen, man sehe, wohin das führe. Nicht anders sei der Zulauf zu Rechtsextremen erklärbar.

Wir sagen: Die Erinnerungskultur darf aber nicht allein auf den Schultern privater Menschen und Organisationen liegen. Der Staat hat eine Verpflichtung, über den Verfassungsschutz hinaus, unsere Demokratie zu schützen und zu bewahren. Das beginnt im Elternhaus, aber vor allem auch in den Schulen. Wenn sich Kinder und Jugendliche ohne Bezug als Schimpfwort „Jude“ an den Kopf werfen, ist einiges schiefgelaufen. Der Kabarettist Diether Krebs hat einmal gesagt: „Mir ist wichtiger, dass meine Kinder keine Arschlöcher werden, als dass sie wissen, wie groß die Fläche unter der Parabel ist.“ Springer-Kalender

Heute steht an der Wand, an die vor 90 Jahren Wolfgang Szepansky seine Parole gegen Hitler schrieb, „***** Putin“. Wo sind die Helden, die diesen Spruch in Moskau an die Kreml-Mauer schreiben?

Ed Koch


  
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