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Beiträge: Kinderförderungsgesetz

geschrieben von: Redaktion am 15.06.2008, 12:51 Uhr
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Ein Beitrag von Wolfgang Mohns - aus KiTS, der Zeitung des Jugendamtes Tempelhof-Schöneberg, Nr. 28 - Juni 2008.
Die Bundesregierung hat ein Gesetz zur Förderung von Kindern unter 3 Jahren in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege vorgelegt. Zielsetzung ist hierbei insbesondere Familie und Erwerbsleben besser vereinbaren zu können und jedem Kind eine realistische Chance auf eine optimale Förderung seiner individuellen und sozialen Entwicklung zu ermöglichen. Dazu soll bis zu 35% der Kinder von ein bis drei Jahren ein Betreuungsangebot zur Verfügung gestellt werden. Bis zum Jahr 2013 soll dies erreicht sein und mit 2,15 Mrd. Euro finanziert werden. Die Vielfalt der Betreuungsangebote soll durch Kinderkrippen, altersgemischte Gruppen und Kindertagespflege erreicht werden. Dabei soll die Kindertagespflege zu einem Berufsbild weiter entwickelt werden, das für Eltern, Kinder und Tagespflegepersonen gleichermaßen attraktiv ist.

Ich will auszugsweise drei der Maßnahmen nennen, mit denen das erreicht werden soll und die ich in der Folge betrachten möchte:

1. Qualitative Verbesserung der Kindertagespflege durch Qualifizierung, angemessene Honorierung und professionelle Formen der Großtagespflege.
2. Berücksichtigung der privat-gewerblichen Träger beim Ausbau der Kindertagesbetreuung, indem ihnen die Förderung durch öffentliche Mittel ermöglicht wird.
3. Ab 2013 sollen Eltern, die ihre Kinder nicht in Tageseinrichtungen betreuen lassen, ein Betreuungsgeld erhalten.

Das sind sicher nur drei der Maßnahmen aus einem ganzen Maßnahmenbündel, wie ich aber finde, sind es Maßnahmen, die auch noch einmal betrachtet werden sollten. Stellung genommen zur Gesetzesinitiative haben inzwischen fast alle Verbände, Trägervertretungen und Länder einschließlich der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände. Auch die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung hat sich zum Gesetzentwurf erklärt. Es kommt dabei zu unterschiedlichen Einschätzungen, je nach Interessenlage und fachlicher Überzeugung.

Professionalisierung der Kindertagespflege

Der „Betrag zur Anerkennung der Förderleistung der Tagespflegeperson ist leistungsgerecht auszugestalten“, so die gegenüber dem ersten Entwurf geänderte Formulierung. Die Vergleichbarkeit zur tariflichen Vergütung ist weggefallen. Dennoch bleibt die „leistungsgerechte Vergütung“ der Arbeit der Tagespflegepersonen erhalten. Zusammen mit der hälftigen Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherung der wesentliche Schritt hin zu einer angemessenen Bezahlung der Tagespflegepersonen. Die Qualifizierung und Zertifizierung von Tagespflegepersonen in Berlin, war der richtige Schritt zur Professionalisierung der Tagespflege. Auf die Bezahlung dieser Qualifizierten hat das Zertifikat jedoch keine Auswirkung gehabt. Nun muss über die leistungsgerechte Vergütung von Tagespflegepersonen nachgedacht werden. Dies umso mehr, als Finanzämter und Versicherungsträger ohnehin der Meinung sind, es handele sich um Einkommen. Der Terminus „leistungsgerecht“ ist nun der Anstoß, auch über die Höhe einen entscheidenden Meilenstein zu setzen. Die Tagespflegepersonen müssen nun leistungsgerecht vergütet werden.

Eine weitere, zusätzliche Qualifikation schreibt der Gesetzgeber nunmehr auch für die Tagesgroßpflegen fest (für Berlin ja keine neue Regelung). So soll Landesrecht zukünftig bestimmen können, „dass die Erlaubnis zur Betreuung von mehr als fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern erteilt werden kann, wenn die Person über eine besondere Qualifikation verfügt“. Damit ist der Weg geöffnet für Tagesgroßpflegen mit mehr als fünf Kindern. Berlin kann also durch Landesrecht sehr schnell den Streit um die Maximalzahl der Plätze in den Tagesgroßpflegestellen beenden. Weiterhin ist diese Erlaubnis von der besonderen Qualifikation der Tagespflegeperson abhängig. Das war ja in dieser Stadt auch bisher schon so, Qualifikation durch Fortbildung, Erfahrung und Berufsausbildung. Professionalisierung der Tagespflege und hier auch und besonders der Tagesgroßpflege.

Wie heißt es in der Begründung zum Gesetzentwurf? „Um die angestrebte Versorgung mit Plätzen in der Kindertagespflege zu erreichen, muss die Ausübung der Kindertagespflege mit einer finanziellen Vergütung verbunden werden, die ab einem gewissen Umfang der Ausübung der Tätigkeit das Auskommen der Tagespflegepersonen sichert.“ Wohl war! Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Bildung und Forschung sieht „die Änderungen im Bereich der Kindertagespflege ... überwiegend kritisch...“ Dies gelte nicht nur für die hälftige Übernahme der Kranken- und Pflegeversicherung, sondern auch für die, inzwischen nur noch leistungsgerechte Vergütung, der Tagespflegepersonen. Befürchtet wird eine erhebliche Kostensteigerung für das Land, die der Bundesgesetzgeber hier nun verfügen will. Dies wiederum könne zu Erhöhungen der Kostenbeteiligung der Eltern führen! Aha, jetzt wissen wir also, dass die Höhe der Kostenbeteiligung von den Ausgaben abhängt. Das müsste ja dann für die Kindertageseinrichtungen ebenso gelten, denn bisher sind die Kosten für einen solchen Platz ja immer noch deutlich höher, als in der Tagespflege. Geht der Senator hier weg von dem Kerngedanken, dass die Kostenbeteiligung abhängig vom Einkommen der Eltern sein muss? Teurer werdende Kindertagespflege gleich höhere Kostenbeteiligung für Eltern, die ihre Kinder dort unterbringen wollen. Und das nur, weil Tagespflegepersonen leistungsgerecht bezahlt werden sollen? Nein das ist eine falsche Argumentation.

Kommerzialisierung der Tagesbetreuungseinrichtungen

Der zunächst vorgelegte Entwurf hatte für Träger von Tageseinrichtungen das Gebot der Gemeinnützigkeit im §74 SGB VIII aufgehoben. Der jetzt vom Kabinett beschlossene Entwurf sieht diese Regelung nicht mehr vor, hat aber den für die Finanzierung von Tageseinrichtungen geltenden §74a erweitert, um den Zusatz, dass „alle Träger von Einrichtungen, die die rechtlichen und fachlichen Voraussetzungen für den Betrieb der Einrichtung erfüllen, gleich zu behandeln“ sind. Damit ist weiterhin die Entscheidung, wie privat-gewerbliche Tageseinrichtungen finanziert werden, in die Hände der Länder gelegt worden. Das war im Übrigen bereits auch vorher so. Berlin hat ja bereits Erfahrungen mit privat-gewerblichen Anbietern. In Tempelhof-Schöneberg gibt es bereits seit langem eine privat-gewerbliche Kita, die auch erfolgreiche Arbeit leistet und mit öffentlichen Mitteln finanziert wird. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass gewerbliche Kitas in großer Zahl doch eher die marktpolitischen als die gesellschaftspolitischen Ziele im Auge haben. Das Gemeinnützigkeitsgebot hat gerade im Bildungsbereich einen hohen fachpolitischen Wert. Garantiert dieses Gebot doch, dass die bildungspolitischen Ziele im Vordergrund stehen und nicht ökonomische oder Gewinn maximierende Aspekte. Da in Berlin mit dem privat-gewerblichen Modell sehr behutsam umgegangen wurde, dürfte die Sorge vor großen Kitagesellschaften eher unbegründet sein. Zusätzlich und erschwerend für den freien Markt dürften die für Berlin geltenden Qualitätskriterien, das Fachkräftegebot und die Gutscheinfinanzierung hinzu kommen. Hierdurch sind Mechanismen vorhanden, die Wildwuchs verhindern werden. Die Sorge vor einer zunehmenden Kommerzialisierung des Tagesbetreuungsbereiches scheint daher durch den nun vorliegenden, vom Kabinett beschlossenen Entwurf, etwas gemildert zu sein.

Betreuungsgeld

„Ab 2013 soll für diejenigen Eltern, die ihre Kinder von ein bis drei Jahren nicht in Einrichtungen betreuen lassen wollen oder können, eine monatliche Zahlung (zum Beispiel Betreuungsgeld) eingeführt werden.“ Das ist ja nun eine merkwürdige Form von Anreizsystem! Wenn der Besuch von Tageseinrichtungen als Einstieg in das staatliche Bildungssystem erleichtert werden und gewünscht sein soll, dann sollten doch eher Bemühungen unterstützt werden, die die Elternbeiträge geringer werden lassen. Jetzt (oder zumindest ab 2013) sollen diejenigen be(ent)lohnt werden, die ihre Kinder nicht in eine Einrichtung bringen. Dies ist ein falsches Signal. Eltern wird eine zusätzliche Einnahmequelle über die Kinder erschlossen, der Preis ist der Verzicht auf den Kindergartenbesuch. Gerade bildungsferne oder arme Eltern werden dieses Angebot gern in Anspruch nehmen.

Eine Misere bei der Entwicklung von Kindern sind die Defizite in den sprachlichen und sozialen Kompetenzen, mit verheerenden Folgen für das Jugendalter, die Schulbildung und die berufliche und gesellschaftliche Zukunft. Der Weg aus dieser Misere ist eine Verstärkung der frühkindlichen Bildung, indem der Besuch von Kindertageseinrichtungen mit zusätzlichen Reizen ausgestattet wird. Der Besuch einer Kindertageseinrichtung muss belohnt werden und nicht der Verzicht auf dieses Bildungsangebot. Berlin geht hier den richtigen Weg zum Spracherwerb und zur Qualitätssicherung in den Kindertageseinrichtungen.

Andererseits eröffnet diese neue Sichtweise des Bundeskabinetts natürlich auch ungeahnte Möglichkeiten für die Nichtnutzung anderer staatlicher Institutionen. Erinnert seien hier an den Besuch von Schwimmbädern (in anderen Bundesländern vielleicht eher noch staatlich), Bibliotheken und Universitäten. Ich verzichte z.B. auf die Ausleihe von Büchern, dann erhalte ich ein „Lesegeld“, weil ich mein literarisches Bedürfnis anderweitig stille?!

Wolfgang Mohns


  
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