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Beiträge: Europa jenseits von Brüssel

geschrieben von: Redaktion am 13.08.2009, 12:06 Uhr
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Young Euro Connect ist seit 2005 sozusagen der Wortbeitrag im Rahmen des Festivals Young Euro Classic. Junge Europäer äußerten sich in den letzten Jahren u.a. zu Themen wie „Europa – Grenzenlos gleich?“ (2007) oder „Europa – Brüderlich geeint?“ (2008). In diesem Jahr stand der Abend unter dem Motto „Europa jenseits von Brüssel“. Kamen bisher junge Schriftsteller zu Wort, so hatten diesmal junge Journalisten das Sagen.
Die Mitwirkenden: Stephan-Andreas Casdorff, Chefredakteur des TAGESSPIEGEL und Moderator des Abends, Marina Ferhatovic aus Schweden, Natasa Kramberger aus Slowenien, Bastian Obermayer aus Deutschland, Bianca Zanini Vasconcellos aus Dänemark, die Schauspielerin Katharina Schmalenberg, die die Texte der weiblichen Mitwirkenden vortrug, Karsten Kammholz aus Deutschland, Witold Szablowski aus Polen und der Schauspieler Dietrich Mattausch, der die Texte der jungen Journalisten zu Gehör brachte. Foto: Ed Koch
Umrahmt wurde der Abend mit musikalischen Intermezzi von Johannes Dworatzek am Violoncello mit Werken von Bach. Veranstaltungsort war erneut der Werner-Otto-Saal im Konzerthaus am Gendarmenmarkt. Der Namensgeber und Stifter des Multifunktionssaals war tags zuvor Ehrenbürger von Berlin geworden und feiert heute die Vollendung seines 100sten Lebensjahres.

Werner Otto, dessen Unternehmen mit dem Slogan „Otto find ich gut“ wirbt – (entgegen anders lautenden Behauptungen ist der Spruch nicht von Otto Waalkes) müssen die Ohren geklungen haben, als es gleich bei der ersten Geschichte um einen Kühlschrank von Quelle ging. Vielleicht hätte Bastian Obermayer seinen Kühlschrank beim Otto-Versand kaufen sollen. In der Geschichte von Obermayer geht es, wie bei den anderen Vorträgen auch, um die kritische Auseinandersetzung mit allen möglichen EU-Verordnungen. Die Frage, wo bleibt das Positive, stellte man an diesem Abend vergeblich. Journalisten fühlen sich stets berufen, kritisch zu berichten, schöne Geschichten scheinen eher verpönt zu sein.

Die Kühlschrankgeschichte lässt sich schnelle auf den Punkt bringen. Obermayers Kühlschrank ging kaputt. Das geschah innerhalb der Garantiezeit. Also sorgte Quelle für Ersatz. Die Garantiezeit begann mit der Anlieferung des neuen Kühlschranks natürlich von vorn. Nun wollte Quelle rund 70 Euro von Obermayer, quasi als Miete für die Zeit (etwa ein Jahr), des alten Kühlschranks haben. Nun gibt es – verkürzt und verständlich gesagt – eine EU-Richtlinie, die derartige Gebühren untersagt. EU-Richtlinien müssen aber stets in nationales Recht umgewandelt werden. Das dauert. Nach EU-Recht müsste Obermayer keine Gebühr bezahlen, nach deutschem Recht zu dem Zeitpunkt noch, weil die EU-Richtlinie eben noch nicht umgesetzt war. Letztlich gab sich Obermayer in dem Schriftwechsel mit Quelle als Journalist zu erkennen und der Konzern lenkte ein und verzichtete auf die Gebühr. Schön, wenn junge Journalisten gleich zu Beginn ihrer Karriere erkennen, welche Privilegien sie haben. Recht hin Recht her, 70 Euro für die Nutzung eines Kühlschranks ein gutes Jahr lang ist keine unverschämte Forderung. Die Geschichte zeigt nur, wie auch die folgenden, jenseits von Brüssel dauert es eine Weile, ehe so „fortschrittlich“ gedacht wird wie dort.

Auch die Geschichte, die uns Bianca Zanini Vasconcellos aus Dänemark erzählt, muss von mehreren Seiten betrachtet werden. Eine Dänin heiratet in einem arabischen Land einen dort lebenden Mann. Zurück in der Heimat tun sich Probleme auf, hier gemeinsam zu leben. Zwar gibt es eine EU-Richtlinie, wonach Unionsbürger und ihre Familienmitglieder das Recht haben, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten frei bewegen und aufhalten zu dürfen, dieses Recht hielt aber die dänische Regierung vor ihren Bürgern geheim. Das Ehepaar wandert nach Schweden aus, und hat dort inzwischen eine neue Heimat gefunden. Sie hätte das nicht tun müssen. Natürlich ist es eine Sauerei, dass die dänische Regierung ihre Bürger hinters Licht führt. Aber! Wäre es wirklich unmöglich gewesen, herauszufinden, dass beide in Dänemark hätten bleiben können? Wozu gibt es das Internet? Kann man nicht in Brüssel nachfragen? Dieser Fall zeigt ganz deutlich: traue nie Deiner eigenen Regierung, sie könnte Dir Informationen vorenthalten. Erkundige Dich erst einmal in Brüssel, denn das Recht dort ist immer neuer als das im eigenen Land. Mündige Bürger müssen sich um ihre Angelegenheiten selbst kümmern, dazu gibt es heutzutage Möglichkeiten, von denen noch zwei Generationen vorher niemand zu träumen wagte.

Marina Ferhatovic aus Schweden berichtet über den Wahlerfolg der Piratenpartei zur Europawahl. Mit sieben Prozent gelang es ihr einen Vertreter nach Straßburg und Brüssel zu entsenden. Grundlage der Bemühungen dieser Partei ist das ausgeprägte kriminelle Gedankengut von inzwischen Millionen Menschen weltweit, die sich um Urheberrechte einen Dreck kümmern. Mit der EU-Richtlinie zur Durchsetzung geistigen Eigentums wird dem „Filesharing“ eine Grenze gesetzt. (Mit Filesharing (deutsch Dateifreigabe oder gemeinsamer Dateizugriff, wörtlich Dateien teilen) bezeichnet man das direkte Weitergeben von Dateien zwischen Benutzern des Internets unter Verwendung eines Peer-to-Peer-Netzwerks. Dabei befinden sich die Daten auf den Computern der Teilnehmer oder dedizierten Servern und werden von dort aus verteilt. Normalerweise kopiert man Daten von fremden Rechnern (Download), während man gleichzeitig andere Daten versendet (Upload). Um auf solche Netzwerke zugreifen zu können, braucht man spezielle Computerprogramme. Quelle: wikipedia).

Anschaulich gesagt: eine teure Hollywoodproduktion kommt in die Kinos. Kaum ist der erste Vorhang gefallen, gibt es den Film im Internet zum Herunterladen. Kostenlos, versteht sich. Die Urheberrechte spielen keine Rolle. Urheberrechte sind geistiges Eigentum, und der Eigentümer hat einen Anspruch darauf, dieses vermarkten zu können. Wenn dem unkontrollierten Downloaden nicht Einhalt geboten wird, wird es bald keine teuren Spielfilme mehr geben. Wer gibt Millionen aus, um letztlich nicht einmal den Einsatz wieder herauszubekommen? Nein, die Sache mit der Piratenpartei verklärt sich. Wer geistiges Eigentum nutzt, ohne etwas dafür bezahlt zu haben, begeht einen Diebstahl! „Man kann nicht das Fahrrad erfinden und die Leute dann zwingen, zu Fuß zu gehen“, ist das Argument der freiheitsliebenden Schwedenpiraten. Also. Stellt das Internet die technische Möglichkeit zur Verfügung, illegale Downloads vorzunehmen, ist es völlig in Ordnung dies zu tun. Diese Haltung ist schlicht und einfach kriminell. Leider hat Frau Ferhatovic diesen Aspekt in ihrem Beitrag völlig unberücksichtigt gelassen.

In den anderen drei Geschichten geht es um Mülltrennung und den ständigen unterschwelligen Vorwurf, dass das, was wir trennen, die Müllmänner doch wieder zusammenkippen, um Fangquoten von Fisch und um die europäische Ostgrenze in Polen. Zu Zeiten des Warschauer Paktes befand sich der Eiserne Vorhang zwischen West- und Ostdeutschland. Nun, nachdem Polen in der EU ist, ist die Grenze um viele hundert Kilometer östlich gewandert. Der Bug ist jetzt nicht nur Grenzfluss zwischen Polen und Weißrussland, sondern zwischen EU und dem Rest der Welt. Die beiden Länder sind zwar keine Bruderstaaten mehr, dennoch ist diese Grenze nicht annähernd vergleichbar mit der so genannten innerdeutschen Grenze, an der viele Fluchtversuche tödlich ausgingen. Gerade heute, am 13. August, dem Tag des Mauerbaus vor 48 Jahren, sollten wir daran denken.

Insgesamt gesehen, waren die Geschichten der jungen europäischen Journalisten interessant und vor allem deshalb hörenswert, weil allein das Vortragen der Texte durch Katharina Schmalenberg und Dietrich Mattausch ein Genuss war. Uns waren die Geschichten zu negativ angelegt und teilweise, siehe Internet/Urheberrechte, zu unkritisch betrachtet. Dennoch: ein lohnenswerter Abend. Young Euro Connect sollte fortgesetzt werden. Dafür werden sicherlich der Vorsitzende des Vereins, Wolfgang Klein, und der künstlerische Leiter Michal Hvorecky sorgen. Wolfgang Klein, derzeit Redaktionsleiter der Talksendung „Maybrit Illner“ war 15 Jahre lang für die ARD Korrespondent in Brüssel und der DDR.

Über die ersten vier Veranstaltungen von Young Euro Connect ist ein Buch erschienen. ISBN: 978 – 3 – 89574 – 705 – 2 – 9,80 Euro.

Das Programm vom 12. August geht auf Tournee und ist am 18.9. in München, 19.9. in Frankfurt, 21.9. in Paris und am 23.9. in Warschau zu hören.

Bei Young Euro Classic geht es heute weiter mit dem Symphonieorchester der Universität Süddänemark u.a. mit einem Klavierkonzert von Mozart.

Bericht: Malte Groth/Ed Koch

  
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