Willkommen bei PaperPress Jugendpolitischer Pressedienst
suchen  
Hauptmenü  

Online  
Es sind 7 Besucher und 0 _MEMBER0 online..

Anmeldung

Sprachen  
Sprache auswählen:


  

Beiträge: The never ending story

geschrieben von: Redaktion am 01.12.2005, 17:01 Uhr
paperpress526 
In vier Wochen hat Berlin fünf Eigenbetriebe mehr.
Die Kita-Landschaft teilt sich auf in City, NordOst, SüdOst, Südwest und Norwest.
Nachdem für den Musterkitaeigenbetrieb und Vorreiter City (Bezirke Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg mit 5.400 Plätzen) schon länger alles in trockenen Tüchern ist, haben drei weitere der fünf Eigenbetriebe ihre Satzungen eingereicht: „Kindergärten NordOst“ der Bezirke Pankow, Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf (7.700 Plätze), „Kindertagesstätten Nordwest“ der Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf, Reinickendorf und Spandau (6.300 Plätze) sowie der gemeinsame Eigenbetrieb der Bezirke Treptow-Köpenick und Neukölln, „Kindertagesstätten SüdOst“ (4.800 Plätze).

Der kleinste Eigenbetrieb, SüdWest (4.500 Plätze), der Bezirke Tempelhof-Schöneberg und Steglitz-Zehlendorf hat es jetzt endlich auch geschafft. Nachdem monatelang die CDU-FDP-Mehrheit in der BVV Steglitz-Zehlendorf die Zustimmung zur Betriebssatzung verweigert hatte, besonnen sich die Bezirksverordneten erst am 16. November 2006 und stimmten zu. Allerdings bauten sie ein paar kleine Fallen ein, vielleicht sogar in der Hoffnung, dass dadurch doch noch alles kippt. In der Satzung wurden Änderungen vorgenommen, so zum Beispiel, dass auch ein Vertreter des Bezirkselternausschusses als beratendes Mitglied im Verwaltungsrat vertreten sein soll. Unproblematisch. Vor allem aber wollte sich die BVV das Recht sichern, Entscheidungen darüber treffen zu können, aus dem Eigenbetrieb heraus weitere Kitas an freie Träger übertragen zu können. Das widerspricht dem Kindertagesstättenreformgesetz und ist anmaßender Unsinn. Der Eigenbetrieb mit seinen Gremien allein kann natürlich nur derartige Entscheidungen treffen.

Da am 6. Dezember die Satzung dem Senat und am 8. Dezember dem Abgeordnetenhaus vorgelegt werden musste, musste der Partnerbezirk für den Eigenbetrieb Süd-West, Tempelhof-Schöneberg, eine Sonder-BVV durchführen. Kosten 47 x 30 Euro = 1.410 Euro zu Lasten des Steuerzahlers wegen kleinkarierter, rebellischer Bezirksverordneter der CDU und FDP aus Steglitz-Zehlendorf. So befasste sich die 50. BVV-Sitzung der Legislaturperiode allein mit dem Thema Satzungsänderung des Eigenbetriebes. Erneut begann eine heftige Diskussion über das Für und Wider, die schon mehrfach, zuletzt über eine Stunde im bezirklichen Jugendhilfeausschuss geführt worden war. Die Fronten waren klar: die CDU und FDP des Bezirks Tempelhof-Schöneberg wollten ihren Kollegen in Steglitz-Zehlendorf in nichts nachstehen und sie noch übertreffen. Sie versuchten alles, um den Eigenbetrieb doch noch zu Fall zu bringen.

Es stand auf Messers Schneide, denn nur 47 der 55 Bezirksverordneten waren anwesend. Aus allen Fraktionen fehlten Verordnete. Rechnerisch stand es gleich zwischen Schwarz-Gelb und der Rot-Grünen Zählgemeinschaft, 23 zu 23. Nervös zählten Bürgermeister Band und Jugendstadträtin Schöttler die Bezirksverordneten durch. Es wurde nicht besser. Band ging sogar persönlich zum PDS-Verordneten Gerd Julius, um sich von ihm bestätigen zu lassen, dass er zustimmt.

PDS rettet Kita-
Eigenbtrieb SüdWest

Dank PDS stand es damit 24 zu 23. Das Ergebnis lautete bei der namentlichen Abstimmung jedoch 25 zu 22. Für dieses dann doch noch klare Ergebnis kann sich Rot-Grün beim CDU-Bezirksverordneten Peter Heismann bedanken. Er steckte eine blaue (Ja) statt rote (Nein) Stimmkarte in die Wahlurne. Wie er später in seiner Fraktion beteuerte, aus Versehen. Wie auch immer, „das Ding ist gelaufen“ und zwar mit der Zustimmung zu einem nicht rechtskonformen Paragraphen. Darüber wird zu sprechen sein, wenn der Eigenbetrieb endlich seine Pforten geöffnet haben wird. Vorerst wird die Geschäftsführung von Steglitz aus erfolgen, weil es anderswo noch keine Räume gibt.

Auch ein anderer Streitpunkt wird die Gemüter der Bezirksverordnetenversammlungen von Steglitz-Zehlendorf und Tempelhof-Schöneberg noch erregen, nämlich die Besetzung des Verwaltungsrates. Jede BVV darf einen Vertreter benennen. In SZ wird die schwarz-gelbe Mehrheit jemanden bestimmen, in TS die rot-grüne. So ist das eben. Dann und wann funktioniert sogar in Tempelhof-Schöneberg die rot-grüne Zählgemeinschaft.

Der wichtigste Punkt ist jedoch geklärt: am 2. Januar 2006 wird kein Kind vor einer verschlossen Kita im Südwesten Berlins stehen.

„Ziel des Senats ist es“, teilt die Jugendverwaltung in einer Pressemitteilung mit, „bei öffentlichen und freien Trägern für vergleichbare Leistungs- und Finanzierungs-bedingungen zu sorgen. Deshalb sieht das Kindertagesförderungsgesetz vor, dass alle kommunalen Kindertagesstätten in Zukunft in fünf Eigenbetrieben organisiert werden. Die Eigenbetriebe sollen zum 1. Januar 2006 ihren Betrieb aufnehmen.“

Man kann über den Eigenbetrieb und vor allem über die damit verbundenen finanziellen Risiken sehr geteilter Meinung sein. Fakt ist aber auch, dass die Gründung schon einmal um ein halbes Jahr verschoben wurde. Dass jetzt der Zeitdruck unter Umständen zu Beeinträchtigungen für das Personal und die zu betreuenden Kinder führen kann, müssen allerdings allein die Bezirkspolitiker verantworten, die nicht Willens waren, rechtzeitig ihre Arbeit zu bewältigen. Der verschlafene Südwesten Berlins erhält in Punkto Kita-Eigenbetriebe die Rote Laterne, die eigtnlich schwarz-gelb leuchten müsste. Die Eigenbetriebe sind in Himmelsrichtungen eingeteilt, das mag Sinn ergeben. Warum es aber mal „Kindergärten“ und mal „Kindertagesstätten“ heißt, ist nur damit zu erklären, dass in Berlin eben nichts einheitlich vollbracht werden kann.

Streit gibt es inzwischen um die Finanzierung der Eigenbetriebe. Für den jugendpolitischen Sprecher der FDP-Fraktion, Dr. Sonning Augstin, ist mit den zusätzlich für den Eigenbetrieb erforderlichen Millionen sogar die Kita-Card in Frage gestellt.

"Die Finanzierung der geplanten Kita-Eigenbetriebe wird immer undurchschaubarer“, stellt der FDP-Politiker fest. „Der Senatsbericht vom 9. November spricht einerseits 'von einer Kostensenkung im Kita-Bereich durch die Gründung der Eigenbetriebe in Höhe von 40 Mio. Euro', kommt dann aber – einige Seiten später – zu dem Schluss, dass für 'zusätzliche Jugendamtsfunktionen in den Bezirken' zusätzliche 50 Mio. Euro in die Globalsumme eingespeist werden sollen. Hinter den Jugendamtsfunktionen, das haben Fragen im Hauptausschuss klären können, verbergen sich Sonderzuschläge für die Eigenbetriebe.

Sowohl der rot-rote Senat als auch der Rat der Bürgermeister sind sich schon jetzt der Tatsache bewusst, dass die Eigenbetriebe nicht konkurrenzfähig seien werden und ohne verborgene Zuschüsse schnell gegen die Wand fahren werden. Die zusätzlichen 10 Mio. Euro werden die Kita-Eigenbetriebe mittelfristig aber auch nicht vor dem Ruin retten können. Allein die Sanierungskosten der Kitas übersteigen weit diesen Betrag.

Wer das Kita-Card-Prinzip 'Gleiches Geld für gleiche Leistung' ernst nimmt, darf den unwirtschaftlichen Eigenbetrieben nicht zusätzliche Mittel zuschustern. Stattdessen sollte man einen klaren Schlussstrich ziehen und die öffentlichen Kitas schnellstmöglich privatisieren."

Die jugendpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, Ramona Pop, kommt zu der Einschätzung: „Keine Einsparung - mangelnde Transparenz – Defizite absehbar.“

„Die geplante Gründung von Kita-Eigenbetrieben scheint teurer zu werden als bislang vermutet. Eigentlich wollte der Senat damit 9 Prozent der Ausgaben für öffentliche Kitas sparen. Das ist der Teil an der Finanzierung, der künftig von den Kitas selbst erbracht werden soll - wie es die Kitas der freien Träger schon immer tun müssen. Doch der Senat schummelt, denn die Gründung der Eigenbetriebe spart nichts und birgt Risiken.

Zwar plant der Senat für die Jahre 2006 und 2007 Ausgaben in Höhe von 701 Millionen Euro für Kitas, in Wahrheit werden es aber fast 780 Millionen Euro. Das ist auch die bisherige Größenordnung an Kita-Ausgaben. Denn 50 Millionen Euro werden zusätzlich bereitgestellt, um so genannte Jugendamtsfunktionen zu finanzieren. Was sich für Senator Böger dahinter verbirgt, hat er im Hauptausschuss deutlich gemacht: eine Anschubfinanzierung für die Eigenbetriebe. Die Finanzverwaltung aber dementiert, allerdings ohne sich festzulegen, wofür die 50 Millionen Euro vorgesehen sind. Sollte es sich dabei um eine Risikovorsorge für die zu gründenden Kita-Eigenbetriebe handeln, wäre es richtig und weitsichtig, aber dann muss man es auch klar benennen.

Weitere 27 Millionen Euro verstecken sich in den Personalmitteln: Aufgrund der Umstrukturierung im Kitabereich wird Personal in den
Stellenpool wechseln, die Personalmittel werden jedoch nicht eingespart und müssen zwingend hinzugerechnet werden. Insgesamt ergibt das eine Summe von 778 Millionen Euro, von Einsparung kann keine Rede sein.

Mit der Gründung der Eigenbetriebe, wie sie der Senat jetzt angeht, häufen sich die Risiken: Die Gehälter der übernommenen Mitarbeiter/innen sind vermutlich höher als bei freien Trägern, die notwendigen Mehrausgaben sind nicht abgesichert. Die meisten Kitas sind stark sanierungsbedürftig, Geld dafür fehlt. Und für die Einführung der elektronischen Kita-Card zum 1. Januar 2006 brauchen die Kitas neue Software. Auch hier sind bislang keine Mittel eingeplant.“

„The never ending story“ wird uns auch 2006 erhalten bleiben.



  
Anmeldung  




 


Registrierung

Impressum  
p a p e r p r e s s
Ed Koch (Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt)
Träger: Paper Press Verein für gemeinnützige Pressearbeit in Berlin e.V.
Vorstand: Ed Koch - Mathias Kraft
Postfach 42 40 03
12082 Berlin
Email: paperpress[at]berlin.de
PDF-Newsletter-Archiv:
www.paperpress-newsletter.de

Diese WebSite wurde mit PostNuke CMS erstellt - PostNuke ist als freie Software unter der GNU/GPL Lizenz erh�ltlich.