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Nur eine Geschwindigkeitsübertretung?

geschrieben von: Redaktion am 19.02.2010, 10:00 Uhr
paperpress576 
Gerade erst haben wir erfahren, dass der Staat, der einen Euro in die gemeinnützige GmbH Treberhilfe an Leistungen für in Not geratene Menschen gibt, einen Euro und fünfzehn zurückerhält. (Siehe paperpress Nr. 454 Februar 2010). In der Schöneberger Monumentenstraße entstehen gegenwärtig die Häuser des Sozialen (Maisons de Socialité), ein großes Projekt der Treberhilfe (siehe paperpress Nr. 452 Dezember 2009). Und in dieser Zeit, wo es gut läuft für den Verein, auch was die öffentliche Darstellung anbelangt, wirft ein schlichtes Fahrtenbuch einen unschönen Schatten auf diese Organisation.
Wer auch immer den Dienstwagen des Geschäftsführers Harald Ehlert steuerte, er fuhr zu schnell, wurde geblitzt und musste Strafe bezahlen. Darüber, wer am Steuer saß, schweigt sich der Geschäftsführer aus. Nun soll ein Fahrtenbuch geführt werden. Das ist der erste Punkt, der mich erstaunt, weil ich es für selbstverständlich halte, dass bei Dienstwagen Fahrtenbücher geführt werden. Dagegen klagt aber nun Harald Ehlert. Auch das begreife ich nicht. Weil die Sache nun vor Gericht landete, wurde sie öffentlich und die halbe Republik nimmt Anteil. All das wäre, so unverständlich es ist, keine Aufregung wert, wenn es sich bei dem Dienstwagen nicht um einen Maserati handeln würde. Und nun ist die Empörung groß. Ein Maserati als Dienstwagen einer gemeinnützigen Organisation? Was für eine verlogene widerwärtige Diskussion in der Presse und den anderen gemeinnützigen Organisationen und Verbänden. Dass andere Sozialunternehmen auf die Treberhilfe nicht gut zu sprechen sind, kann man nachvollziehen. Will diese doch alle in die Social Profit-Berechnung zwingen, was zu einer „dramatischen Veränderung der Trägerlandschaft“ führen könnte, so der SPD Landes- und Fraktionsvorsitzende Michael Müller auf der Fachtagung „Effizienz öffentlicher Aufgaben“ am 12.2.2010 im Rathaus Schöneberg.

Die Diskussion ist deshalb verlogen, weil seit Jahren der „etwas andere“ Fuhrpark der Treberhilfe bekannt ist. Spätestens nach dem Seite-Drei-Beitrag im TAGESSPIEGEL vom 22.12.2008 „Hol schon mal de Maserati“, ist bekannt, in welchem Fahrzeug sich Harald Ehlert zu seinen Terminen kutschieren lässt. Bis auf einen Kommentar in paperpress „Das Geschäft mit der Jugendhilfe“ (24.12.2008) und ein paar Leserbriefen im TAGESSPIEGEL fanden keine Reaktionen statt. Nun aber, da es um eine Geschwindigkeitsübertretung geht, bequemte sich selbst die „Abendschau“ dazu, einen kritisch-ironischen Beitrag zu senden (18.2.2010). Und heute sind die Zeitungen natürlich voll mit Kommentaren der Gutmenschen anderer gemeinnütziger Organisationen, die Herumjammern, dass sie nur alte Gebrauchtwagen kaufen, die „sorgfältig gepflegt werden, damit sie noch lange halten“ (TAGESSPIEGEL 19.2.2010). Nun, Harald Ehlert wird den Maserati auch gut pflegen, damit er noch lange hält.

Als haben alle anderen Organisationen nur auf die Geschwindigkeitsübertretung gewartet, um jetzt über die Treberhilfe herfallen zu können. Gelegenheit dazu hätten sie schon viel früher gehabt. Am meisten regt sich jetzt der Verband auf, dessen Mitglied die Treberhilfe ist, das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg. Vorstandsmitglied Thomas Dane will jetzt „schnellstmöglich das Gespräch mit Ehlert suchen, um ein Umdenken in dieser Sache zu bewirken“. Da reißt mir wirklich das Strumpfband. Dane scheint Ehlert nicht zu kennen, sonst würde er wissen, dass dies ein vergebliches Unterfangen sein wird. Außerdem, warum jetzt? Liest Dane keine Zeitung? Hat er erst jetzt von dem Fuhrpark der Treberhilfe erfahren? Wenn ich nicht schon seit vier Tagen krank im Bett läge und mich für diesen Kommentar an meinen Computer geschleppt hätte, würde ich ob so viel Dummheit erst richtig krank werden.

Und natürlich, wenn man Sumpf vermutet, in dem sich wühlen lässt, muss man nicht lange auf einen Kommentar bei SPIEGEL ONLINE warten. „Seine Klientel hat oft nur das, was sie am Leib trägt“. Damit beginnt der Beitrag. „Harald Ehlert sitzt im Maserati“, geht es weiter. So etwas nennt man emotionale Hinrichtung.

Nach allem, was man weiß, ist die Anschaffung des Maserati geprüft und für in Ordnung befunden worden, auch nach allen Kriterien der Gemeinnützigkeit. Es geht also ausschließlich um das öffentliche Erscheinungsbild. Dieses ist allein bei der Person des Harald Ehlert schon eindrucksvoll. Er bezeichnet sich selbst als „Sozialkapitalist“ und ist auch sonst in der Verwendung kapitalistischer Vokabeln nicht zimperlich. Dass ein Geschäftsführer einer großen Organisation, ob gemeinnützig oder nicht, der wöchentlich rund tausend Kilometer (SPIEGEL ONLINE) zurücklege, einen Dienstwagen haben sollte, halte ich für völlig in Ordnung. Auch über den Chauffeur muss man nicht mit mir streiten, denn jeder weiß, wie viel ungenutzte Zeit im Auto verloren geht, wenn man selbst am Steuer sitzt. Auch wenn die Anschaffung des Maserati geradezu ein Schnäppchen war, so ist diese Marke jenseits dessen, was man als Sozialunternehmer zur Schau stellen sollte.

Ehlerts Argument, dass er damit Investoren beeindrucken wolle, ist albern. Niemand nimmt zur Kenntnis, mit welchem Wagen jemand vorfährt. Ich kenne einige Wirtschaftsbosse, die im Berliner Stadtverkehr gut mit ihrem Smart zurecht kommen und auch nicht beim Pförtner abgewiesen werden. Und auch wenn sich Harald Ehlert so sehen mag, er ist kein Wirtschaftsboss, er leitet kein Wirtschaftsunternehmen, sondern ein Sozialunternehmen, das sich fast vollständig aus Steuergeldern finanziert. Ebenso zieht sein „Marmeladenvergleich“ nicht. Allein die Fragestellung (TAGESSPIEGEL 19.2.2010) „Warum dürfe er, wenn er mit Marmelade handeln würde, in den Augen der Leute Gewinne machen, nicht aber als Sozialunternehmer?“, ist unsinnig. Natürlich kann man als Sozialunternehmer Gewinne machen, sollte diese aber in neue Projekte stecken, was ja die Treberhilfe tut. Vom Gewinn einen Maserati anzuschaffen, ist, auch wenn alle Prüfungen das nicht beanstanden, nicht akzeptabel. Also ehrlich, dieser Marmeladenvergleich ist einfach dämlich.

So, nun ist die Debatte losgetreten. Harald Ehlert hat nicht damit gerechnet, weil er dachte, dass die Nummer durch sei. Anstatt sich nun zurückzuhalten, ruft er eilig eine Pressekonferenz ein, auf der er sich mit Sätzen wie „Sie werden nicht respektiert, wenn Sie genau so bedürftig sind wie ihre eigenen Klienten“ (TAGESSPIEGEL 19.2.2010) verteidigt. Ich finde, und das macht mich richtig traurig, Harald Ehlert hat nicht nur die Geschwindigkeit übertreten.

Ed Koch




  
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