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Henning Hamann verstorben

geschrieben von: Redaktion am 15.08.2023, 07:43 Uhr
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Henning Hamann war ein bekannter Radiomoderator, vergleichbar mit anderen Legenden wie Nero Brandenburg, Lord Knud oder Jürgen Jürgens. Mit dem Plattenauflegen hatte er in einem Mariendorfer Jugendclub begonnen, der ebenso legendären Jugendtanzbar Bungalow. Ich war seit 1968 dort für das Programm zuständig und lernte Henning Hamann, der sich „Smoky I.“ nannte, in dieser Zeit kennen. Damals gab es zwei weitere Legenden, den „sf-beat“ und den „RIAS-Treffpunkt“, in ihrer Qualität nie wieder erreichte Jugendfunksendungen. In den Tagestipps war der Name „Smoky I.“ ständig zu hören, als Hinweis auf seine Disco-Shows im Bungalow.


Später gelang ihm der Sprung ins Medium Radio. Eine großartige Zeit, für ihn und seine Hörer. Doch, wie das so ist mit dem Schicksal, irgendwann verlassen die Götter immer die Glücklichen. Gesundheitlich schwer angeschlagen musste er sich zurück-ziehen. Er fand später eine neue Aufgabe direkt um die Ecke seiner Wohnung im MedienPoint Tempelhof. Das war ein relativ kleiner Laden mit großer Ausstrahlung, den es in der Werderstraße 13 auch heute noch gibt, allerdings mit einer geringeren Strahlkraft als zu der Zeit, als Henning Hamann dort das Sagen hatte.

Eigentlich kann man hier nur Bücher, CDs und andere Medien, die man nicht mehr braucht, hinbringen oder, wenn Bedarf besteht, aussuchen und mitnehmen. Alles kostenlos. Ein ebenso einfaches wie erfolgreiches System. Was aber Henning Hamann darüber hinaus aus dem MedienPoint gemacht hat, lesen Sie bitte in einem Beitrag des im Juni 2020 viel zu früh verstorbenen Kiezreporters Thomas Moser.

Zwischen Radio in Berlin und Rückkehr nach Berlin war er in Rostock bei einem Radiosender tätig. In dieser Zeit verlor sich der Kontakt zu ihm. Bis mich eines Tages im Jahre 2011 Horst-Dieter Keitel (HDK) von der Berliner Woche fragte, ob ich einen gewissen Henning Hamann kenne, der behauptete, mich zu kennen. Und so trafen wir uns nach langer Zeit wieder. Eine Begegnung, aus der sich zahlreiche Kooperationen mit Projekten, an denen ich beteiligt war, ergaben, wie zum Beispiel dem Spielfest des Jugendamtes Tempelhof-Schöneberg.

Heute um 08:10 Uhr ist Henning Hamann nach langer schwerer Krankheit mit 71 Jahren in einem Pflegeheim in Mariendorf verstorben. Er lehnte es ab, sich in ein Krankenhaus verlegen zu lassen. Die Umgebung und Betreuung im Pflegeheim waren ihm angenehmer als eine unnötig lebensverlängernde ärztliche Betreuung. Er wusste, wie es um ihn steht. Die wenig verbliebenen Freunde besuchten ihn bis zuletzt, vor allem Eckhard Hohn und seine Frau Ilona ist zu danken, die fast täglich an seinem Krankenbett standen und versuchten, ihm noch ein Lächeln abzuringen. Mit Henning Hamann hat sich einer der letzten großen Radio-Moderatoren der guten alten Zeit von RIAS-Berlin und dem Sender Freies Berlin verabschiedet.

Den nachfolgenden Artikel schrieb der im Juli 2020 verstorbene Kiezreporter Thomas Moser zu Hamanns 65sten Geburtstag 2016. Wir haben den Text in die Vergangenheitsform geändert.

Er leitete ehrenamtlich den MedienPoint Tempelhof in der Werderstraße und hatte ihn in acht Jahren zu einem populären Kiez-Treffpunkt gemacht, Henning Hamann. Der waschechte „Tempelhofer-Jung“ hatte nicht nur als erfahrener Radiomann ein bewegtes Leben hinter sich.

Sportlich fing alles bei Viktoria 89 als Torwart an. Als Discjockey „Smoky I." startete er Anfang der 70er Jahre in der „Jugendtanzbar Bungalow“ am Mariendorfer Damm. Am Kurfürstendamm legte er danach im legendären „Big Eden“ über 1.000 DJ-Shows hin, „Las Vegas Dancing“ und andere folgten.

Richtig bekannt wurde er bald darauf mit seiner markanten Stimme. Er volontierte bei Ufa-Radio-RTL, holte sich u.a. als Moderator das journalistische Rüstzeug für seinen langen Marsch durch die Sender.

Ulrich Schamoni und Georg Gafron holten Ha-mann als Musikchef zum ersten Privatsender in Berlin, „Hundert, 6“. Er verpasste dem Sender in den 80ern ein besonderes Musik-Profil, konzipierte und produzierte auch neue Sendungen, z.B. das erste zweistündige-Kochstudio im Radio. Berlins Hausfrauen freuten sich über die kostenlosen Rezepte und Anregungen.

Ebenfalls damals neu im Radio, die von Hamann produzierte erste CD-Hitparade nach Verkaufszahlen mit ausführlichen Neuerscheinungen der neuen Medienart. Hamann erinnerte sich: „Es gab am CD-Anfang weltweit nur drei CD-Fabriken, eine davon in Japan und diese hatte, anders als die deutsche Fabrik in Hannover-Langenhagen, viele sogenannte LP-Raritäten als Silberling. Selbige kamen jeden Sams-tag per Flugzeug aus Tokio via Frankfurt mit einem PanAm-Clipper in Tegel an und wurden mit einem Taxi in die Sende-Villa von „Hundert, 6“ in die Paulsborner Straße gefahren. Wenn das Flugzeug Verspätung hatte, musste ich ‚Plan B‘ senden und präsentierte nur die Neuerscheinungen aus der deutschen Fabrik", so Hamann im Rückblick.

Auch RIAS-Programmdirektor Siegfried Buschschlüter war von Hamanns Arbeit angetan und holte ihn als Musikchef samt seinen Sendungen zum RIAS, wo er das neue Musiklayout für RIAS 1 mit Erfolg entwickelte und mit dem neu produzierten "VolldampfRadio" jeden Samstag von 9 bis 12 Uhr eine neue erfolgreiche Samstag-Vormittag-Sendung hinlegte.

Eine von Hamanns großen RIAS-Aktionen war eine 50 Kilogramm schwere Hauptstadt-Boulette, für die er anlässlich des Hauptstadtbeschlusses extra zehn Starköche, mit Alfons Schuhbeck und Heinz Winkler an der Spitze, einfliegen ließ, die diese Riesenboulette (Foto) in einer Riesenbratpfanne im RIAS Studio 10 brutzelten.

Nach dem Ende von RIAS 1 durch den Vertrag zur Wiedervereinigung, war ‚Aufbauarbeit Ost' angesagt, denn Hamann bekam aus Rostock ein Ange-bot, das er nicht ablehnen konnte. Dort baute er mit der OSTSEEWELLE zum zweiten Mal einen neuen Sender auf. Viele Berliner staunten nicht schlecht, wenn sie am Ostseestrand liegend auf einmal die markante Berliner Stimme hörten.

Hamann zog bei allen Sendern die Promis an, welche sich gerne die Studioklinke in die Hand gaben. Ob Tony Christie und Roy Black (Foto) Udo Jürgens, Howard Carpendale, Dieter Hildebrandt, Nicole, Peter Kraus, Drafi Deutscher, Harald Juhnke, Gitte Hænning, Roland Kaiser, Mary Roos und auch Bandleader James ‚Hansi' Last, der Hamann sogar in sein Haus nach Florida einlud und für die tolle Zusammenarbeit eine seiner Goldenen Schallplatten schenkte. Auch die Schauspieler Nadja Tiller, Walter Giller und Senta Berger, besuchten das Studio des Radiomachers.

Durch große gesundheitliche Probleme musste er sich aus dem Radiogeschäft zurückziehen und wurde die ehrenamtliche Seele des MedienPoints Tempelhof, der zum KulturRing in Berlin e.V. gehört. Hamann fand es wichtig, dass es solche Institutionen gibt, die Menschen und Interessen zusammenführen und die Lesekultur fördern. Voller Stolz zeigte er die vollen Regale: Romane, Sachbücher, Krimis, Ge-dichte, Erzählungen, Biografien, Zeitgeschichte und vieles mehr sind hier zu finden.

Hamann hatte viele Freunde, die ihn wirkungsvoll aktiv unterstützen. Auch die Bezirkspolitik half gerne. Alle waren regelmäßige Gäste und Unterstützer in dieser Tempelhofer Nachbarschaftseinrichtung.

Etwas Besonderes waren die ständig wechselnden Ausstellungen: Beatles, Bertolt Brecht, Udo Jürgens, James Last, Rolling Stones, Marilyn Monroe, Raumpatrouille Orion, Kurt Tucholsky, Woodstock, Frank Sinatra und David Bowie, um nur einige zu nennen. Die meisten, denen die Ausstellungen gewidmet sind, konnten aus verständlichen Gründen nicht persönlich erscheinen. Da war es 2016 eine besondere Freude, zur Eröffnung der Ausstellung anlässlich des 65sten Geburtstages von Klaus Hoffmann im März den Berliner Sänger live und in Farbe im MedienPoint zu Gast haben zu dürfen.

Ein besonderes Anliegen Hamanns waren die Kinderveranstaltungen. Ob große Nutella-Party zum 50. Geburtstag des beliebten Brotaufstrichs oder die zur Tradition gewordenen „Nikolausi- und Osterhasi-Kinder-Partys“. Bis zu 300 Kinder verstopften die Werderstraße vor dem kleinen MedienPoint in ein Meer von Nikolaus-Mützen bzw. Hasen-Ohren, die die Kinder „stolz wie Bolle“ trugen.

Ein bewegtes Leben lag hinter ihm. Für besondere Verdienste und herausragendes ehrenamtliches Engagement wurde Hamann am 3. Juni 2016 mit der Verdienstmedaille des Bezirks Tempelhof-Schöneberg ausgezeichnet.

Im März 2018 beendete Henning Hamann seine Tätigkeit im MedienPoint. paperpress erinnerte damals an die Projekte und Veranstaltungen des MedienPoints unter Hamanns Leitung. Diesen Newsletter fügen wir bei.

Was bleibt, ist mal wieder nur die Erinnerung an Radio-Shows, wie es sie heute nicht mehr gibt, an eine Einrichtung, die es in dieser Form auch nicht mehr gibt, und an einen Menschen, der zeitlebens dazu beigetragen hat, diese Welt ein wenig unterhaltsamer und damit erträglicher zu machen.

Ed Koch



  
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