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Öffentlich-Rechtlich

geschrieben von: Redaktion am 05.05.2018, 17:26 Uhr
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Die 1982 von Bundeskanzler Helmut Kohl eingeleitete „geistig-moralische-Wende“ bescherte uns Mitte der 1980er Jahre das Privatfernsehen in Deutschland. 1988 erklärte Edmund Stoiber schriftlich gegenüber Franz Josef Strauß: „Unsere Politik bezüglich RTL-plus war immer darauf ausgerichtet, eine Anbindung von RTL an das konservative Lager zu sichern beziehungsweise ein Abgleiten nach links zu verhindern“. Ja, das Abgleiten nach Links. Darüber machte man sich in Bayern immer schon große Sorgen. Kohl legte mit seinem Kumpel Leo Kirch den Grundstock zu einem inzwischen unübersehbaren flimmernden Schrott an so genannter Unterhaltung und bunt auf-gemachten Nachrichten. Alles Tutti Frutti.

Kein klar denkender Mensch braucht diese so genannte Vielfalt. Zur qualitativen Meinungsvielfalt hat das Privatfernsehen ohnehin nie beigetragen. Aber eben weil sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen nicht kaufen lässt, ist es bei anderen Medien und auch an vielen Stellen in der Politik nicht beliebt. Immer wieder wird die Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks am Geld, also den Gebühren festgemacht. Die Gebühren sind für das, was geboten wird, geradezu lächerlich. Für 17,50 Euro kann man sich mit seiner Familie nicht einen einzigen Film im Kino anschauen. Einen Film aber ohne Werbung, sozusagen im Ganzen, genießen zu können, sind mir allemal die Gebühren wert. Und wenn dann mal ein guter Film bei den Privaten läuft, nehme ich ihn auf und spule bei der Werbung vor. Es gibt inzwischen Systeme, bei denen diese Funktion des Vorspulens nicht zur Verfügung steht. Unglaublich. Man wird gezwungen, sich den Werbemist anzuschauen.

Wer anders als DIE WELT schreibt so etwas: „Ohne die (öffentlich-rechtlichen) Sender wäre die Medien-landschaft zwar unbestritten weniger vielfältig, auch weniger gehaltvoll. Doch im Alltag, angesichts überall verfügbarer Informationen, verblasst das. Jan Böhmermann könnte für RTL arbeiten, die Panama Papers hätte die „Süddeutsche Zeitung“ auch ohne Unterstützung von NDR und WDR auswerten können (und müssen), und die Fußball-Bundesliga rollt anderswo ebenso schön über den Schirm.“ Das zeugt wirklich von einer grenzenlosen geistigen Verengung. Über Carmen Nebel und Florian Silbereisen müssen wir nicht reden, aber über die Informationen, die Nachrichten und politischen Magazine, und, ja auch über Kabarettsendungen wie „Die Anstalt“, „heute-show“, „extra3“ oder „Nuhr im Ersten.“ Das ist Qualitätsfernsehen. „Mario Barth deckt auf“ ist sicherlich lustig, wenn man sieht, wo überall Geld in den Behörden verschwendet wird. Letztlich ist es aber nicht mehr als eine nervige Comedy-Show eines albernen Clowns, der meint, wir würden seine Gags besser verstehen, wenn er wie ein Trottel spricht. Dass sich der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, für so einen Blödsinn hergibt, ist bedauerlich.

Ob Österreich oder Schweiz und auch bei uns, machen sich die Konservativen stark gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. In Scheindemokratien wie Polen und Ungarn hat man Rundfunk und Fernsehen längst auf Linie gebracht. Alles in einer Hand: Politik, Justiz, Medien. Über die Türkei und Russland müssen wir in diesem Zusammenhang gar nicht erst reden, diese Länder sind ja nicht einmal mehr Scheindemokratien.

Es gibt viele Gründe, warum man gern in Deutsch-land lebt. Einer davon ist die Pressefreiheit. Und diese wird zu einem ganz erheblichen Teil von den öffentlich-rechtlichen Medien getragen. ZDF (13%) und ARD (11,3%) haben im Vergleich zu den Priva-ten RTL (9,2%) und Sat1 (6,7%) einen erfreulich hohen Zuschauermarktanteil.

Das Medienmagazin ZAPP halte ich für eine der wichtigsten Sendungen des deutschen Fernsehens überhaupt. Seit 2002 berichtet es über Hintergründe aus der Welt der Medien. Natürlich bekommen bestimmte Printmedien regelmäßig eins auf den Deckel. Auch das Privatfernsehen wird gründlich auseinandergenommen.

Womit aber ZAPP seine unabhängige Legitimität untermauert, ist der Umgang mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen. Die Redaktion kennt da im wahrsten Sinne des Wortes keine Ver-wandten. In den Beiträgen sehen dann schon mal leitende Mitarbeiter des WDR ganz blass aus. Großes Interesse, dass diese Sendung zu viele Menschen sehen könnten, haben die Fernsehgewaltigen dann auch nicht, denn ZAPP läuft mittwochs nach „extra3“ im NRD-Fernsehen von 23:20 Uhr bis 23:50 Uhr. Eine Zeit, zu der ich auch zu schlafen pflege. Deshalb ist ZAPP mein aufgezeichnetes Frühstücksfernsehen am Donnerstagmorgen.

Exzellent moderieren Anja Reschke seit 2002 und Constantin Schreiber seit 2017 die Sen-dung. Der inzwischen legendäre Fußballexperte Gerhard Delling hat 2002 die Sendung aus der Taufe gehoben. Aber auch Tita von Hardenberg, Dieter Moor und Caren Miosga waren kurzzeitig für ZAPP tätig.

Und nun zu dem, was mich am öffentlich-rechtlichen Fernsehen geradezu begeistert. Die Qualitätssatire. Seitdem sich „Die Anstalt“ in jeder Sendung mit einem hervorragend recherchierten Einzelthema beschäftigt, erfährt man hier, zum Beispiel über Hartz IV oder Umweltschutz, mehr Details als in vielen anderen Magazinen.

„extra3“, wöchentlich mittwochs mal beim NDR oder donnerstags in der ARD, und die „heute show“ Freitagabend im ZDF, sind für politisch interessierte Menschen ein Muss. In einer Nachrichtensendung bleibt wenig Platz für Kommentierendes. Da hat das Kabarett ganz andere Möglichkeiten, nämlich durch Überspitzung einen Sachverhalt zu verdeutlichen. Ja, da werden auch Politiker verächtlich gemacht und bloßgestellt. Manche Hintergrundbilder neben den Moderatoren gehen auch mir manchmal zu weit. Das müssen die Politiker aushalten, wie Schauspieler, die von der Kritik häufig auch im Schnürboden versenkt werden. Ein Beitrag im „taz blog“ vom 30. April 2018 ließ mich aber grundsätzlich mal über die „heute show“ nachdenken. Der Autor schreibt einleitend: „Zugegeben: Es gibt immer wieder gute Beiträge in der heute-show und nicht selten ist sie informativer als das heute-journal. Das muss man den Autoren, den Kabarettisten und Herrn Welke lassen.“ Da stimme ich zu. „Insgesamt lohnt es sich aber nicht, einzuschalten.“ Da stimme ich nicht zu.

„Es ist oft Klientel-Kabarett: Es werden politische Positionen links der Mitte bedient: es wird allzu offensichtlich auf ihren Beifall kalkuliert. Aber es ist wenig sinnvoll, etwas lächerlich zu machen, was alle, auf deren Beifall man kalkuliert, ohnehin nicht gut finden. – Als Bürger ‚links der Mitte‘ fühle ich mich verarscht: Es ist allzu offensichtlich, dass sie mir gefällig sein wollen.“ Auch das sehe ich anders. Niemand „rechts der Mitte“ wird sich die „heute show“ ansehen. Das ist halt so. Und was heißt „Klientel-Kabarett“? Es ist ein Format für einen sehr großen Zuschauerkreis, und der soll auf die „heute show“ verzichten und sich stattdessen was anschauen?

Kommen wir zu einer Annäherung an den Autoren, dessen Namen ich leider nicht ermitteln konnte. „Schwerwiegender sind aber die ‚Maschen‘. Die heute-show nutzt immer wieder drei davon, um die Zeit zu füllen: Einzelne Worte oder Gesten werden aus verschiedenen Reden eines Politikers herausgeschnitten und montiert. Der Politiker wird dadurch lächerlich gemacht. Der Aussagewert ist Null, denn so könnte man selbst die Besten lächerlich machen. Bilder, Verhalten oder Äußerungen von Politikern werden sexualisiert – z.B. Trump und Macron als schwules Pärchen dargestellt. – Teilweise ist der Witz ebenso abgedroschen wie vorhersagbar: Raketen sind immer Penisse.“ Berechtigte Kritik, finde ich.

„Durch nicht vorhersehbare Verulkung ihrer Partei oder ihrer Politik werden Politiker in Spontaninterviews in Verlegenheit gebracht und lächerlich gemacht. – Ob ein Politiker dabei schlagfertig ist oder nicht, sagt nicht das geringste über seine Fähigkeiten aus. Auch diese Art von Sketchen hat keinerlei Aussagewert. Sie fördern höchstens eine irrationale Politikverdrossenheit bei den Bürgern.“ Naja. Es sagt schon etwas über die Fähigkeiten eines Politikers aus, was er auf noch so provokante Fragen antwortet.

Überhaupt nicht provokant war die Frage, die ein Reporter Thorsten Schäfer-Gümbel stellte. Zuvor sagte der SPD-Politiker, der gern Ministerpräsident von Hessen werden möchte, dass es nicht akzeptabel sei, wenn LkW-Fahrer quasi in ihren Fahrzeugen wohnen würden. „Da muss was passieren“, sagte er. Frage des Reporters: „Was muss passieren?“ „Das ist eine gute Frage“, sagte Herr Schäfer-Gümbel und senkte seinen Kopf. Nach einiger Zeit drehte er sich rechts um zu einem Gewerkschafter und bat ihn, „…sag mal, was ist denn für Euch das Wichtigste, was geschehen muss?“ Wer selbst nicht weiß, was passieren muss, wenn er vorher sagt, es müsse was passieren, hat seine Hausaufgaben nicht gemacht. Politiker werden nicht grundlos kritisiert. Wer in die Politik geht, sollte es können, oder etwas anderes machen.

Eines ist aber auch klar. Politiker sind Menschen wie du und ich. Ein Querschnitt der Gesellschaft. Politik ist immer nur die Kunst des Möglichen, und vieles ist eben nicht möglich. Und daran sind nicht allein die Politiker schuld.

Ed Koch

  
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