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Das geht zu weit

geschrieben von: Redaktion am 14.09.2019, 10:43 Uhr
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In einer Stadt, in der 85 Prozent der Bevölkerung zur Miete wohnt, ist es häufig existenziell, wie viel man für sein Zuhause zahlen muss. Die Linke hat sich an die Spitze der Bewegung für bezahlbaren Wohnraum gestellt. Das wurde ihr durch einen schwerwiegenden Fehler bei der Ressortverteilung des Rot-Rot-Grünen Senats 2016 ermöglicht, weil sie die Stadtentwicklungsverwaltung in die Hände bekommen hat. Die SPD hätte nie dieses Ressort preisgeben dürfen. Abgehakt, Schnee von gestern.


Stadtentwicklung und Wohnen heißt diese Senats-verwaltung. Von Bauen ist in der Überschrift keine Rede, wohl aber in den nachfolgenden Abteilungen und Referaten. Der Titel ist aber symptomatisch, weil immer wieder der Eindruck entsteht, dass Bau-en nicht die oberste Priorität bei den Linken ist, wohl aber Wohnen. Natürlich sind die Mieter glücklich über alle Maßnahmen, die dazu führen, dass sie weniger zahlen müssen. Jetzt ist sogar mit dem Mietendeckel geplant, fünf Jahre lang keine Erhöhungen verkraften zu müssen.

Die Front gegen den Mietendeckel wird aber immer größer und die zuständige Senatorin scheint lang-sam die Nerven zu verlieren. In der Berliner Morgenpost lesen wir heute: „Jenseits des politischen Rampenlichts versucht die Linke, Einfluss auf die öffentliche Meinung zu nehmen. So sollen unbequeme Mahner leiser werden. Konkret geht es um den Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunter-nehmen. Seit 120 Jahren vertritt er die Interessen der Wohnungswirtschaft – sowohl der privaten als auch der landeseigenen Unternehmen. Gar nicht im Interesse der Wohnungswirtschaft ist der Mietendeckel. Die Vorsitzende des Verbandes, Maren Kern, äußerte sich öffentlich mehrmals kritisch zu dem Vorhaben der Koalition. Nach Informationen dieser Zeitung (Berliner Morgenpost) gab es daraufhin mindestens ein sehr intensives Gespräch von Spitzenvertretern der Linkspartei mit Kern. Sie solle sich mit öffentlicher Kritik an dem Mietendeckel zurückhalten, ansonsten könne es passieren, dass sich die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften aus dem Verband zurückziehen.“ Wenn der stellvertretende Chefredakteur der Berliner Morgenpost, Gilbert Schomaker, so einen Vorgang zu Papier bringt, bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit.

Die aufgebaute Drohkulisse hätte für den BBU erhebliche finanzielle Folgen, weil die städtischen Gesellschaften einen großen Anteil an den Beiträgen leisten. Aber: „Ganz so einfach ist übrigens ein Aus-tritt der landeseigenen Unternehmen aus dem Ver-band auch nicht“, schreibt Schomaker. „Dafür müssten sie ihre Satzung ändern. Und dagegen wenden sich, so hört man, die Fachpolitiker der SPD. Aber gefährlich ist die Angelegenheit schon.“ Nicht nur das, sondern auch skandalös.

Bei einer Pressekonferenz Anfang Juli, warnte Maren Kern vor den Folgen des Mietendeckels. „Der BBU hat seine Berliner Mitgliedsunternehmen gefragt: Welche Folgen befürchten sie von einem Mietendeckel auf Grundlage der vorliegenden Eckpunkte für ihre Wirtschafts- und Investitionskraft? Die Ergebnisse spiegeln die deutliche Sorge der teil-nehmenden Unternehmen – insbesondere Genossenschaften – dass sie ohne die Möglichkeit zu moderaten Mietanpassungen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sein werden, den Notwendigkeiten und Bedürfnissen ihrer Mitglieder- bzw. Mieterschaft, aber auch der wachsenden Stadt insgesamt gerecht zu werden. So gehen über 90 Prozent von ihnen von einer deutlichen Reduktion der energetischen Modernisierungen aus, fast 90 Prozent sehen die Ge-fahr einer starken Einschränkung der Investitionen in die Wohnumfeldgestaltung. 71 Prozent erwarten eine drastische oder deutliche Verringerung des sozialen Engagements der Unternehmen, über 60 Prozent erhebliche Einschränkungen beim Neubau. Die Umfrage zeigt, wo bei den Eckpunkten nochmal nachgedacht werden muss. Sie treffen in dieser Form vor allem die soziale Wohnungswirtschaft und behindern sie in ihrem Engagement für Berlin. Das kann von der Politik so nicht gewollt sein, ebenso wenig, dass von einem pauschalen Einfrieren der Mieten besonders auch einkommensstarke Haushalte profitieren würden.“

Aber auch die Berliner Grünen halten „den Entwurf zum Mietendeckel für zu radikal“, schreibt heute Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt in seinem Newsletter.

„Petra Vandrey, neue rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im AGH, wünscht sich ‚eine weniger radikale Variante‘ des Mietendeckels, ‚als es der jetzige Referentenentwurf ist‘. In einer internen Mail nennt sie das Vorhaben ‚verfassungsrechtlich bedenklich‘ und mahnt bei ‚Eingriffen in das Eigentum‘ mehr Verhältnismäßigkeit an – die Mieten sollten deshalb nur eingefroren, nicht gesenkt wer-den. Zudem müsse die Lage einer Wohnung weiter-hin eine Rolle spielen, andernfalls drohe eine ‚Schattenwirtschaft‘ mit Schwarzgeldzahlungen.“, schreibt der Tagesspiegel.

Weitere Einwände von Petra Vandrey sind: „Es drohe ein Crash auf dem Immobilienmarkt, der ‚die Altersabsicherung einer großen Zahl von Kleininvestoren ruiniert‘. Der Zustand der Häuser wird massiv schlechter. Mieter hochpreisiger Wohnungen würden eher geschützt. Der bezirkliche Modernisierungsvorbehalt gefährde die Klimaschutzziele. Weniger Neubau wegen Planungsunsicherheit für Investoren. Überlastung der Bezirksämter. Flut von Klagen vor dem Verwaltungsgericht. Härtefallregelung zu unbestimmt. Noch mehr Zuzug durch den Mietendeckel. Die Stadt wird noch voller, die Infrastruktur noch mehr überlastet.“ Vermutlich wird Frau Vandrey in Kürze auch zum Chefgespräch bei Frau Lompscher erscheinen müssen.

Grundsätzlich sei „eine politische Steuerung“ aber „unbedingt notwendig“, zitiert der Tagesspiegel Frau Vandrey, „zumal auch ein weniger radikaler Mieten-deckel ‚wesentlich besser als die eigentlich gewollte Enteignungsdebatte der Linken‘ sei. Ihre Empfehlung für das weitere Vorgehen: ‚Nach innen sollten wir den Referentenentwurf kontrovers diskutieren, nach außen sollten wir eine geschlossene und abgewogene Position vertreten.“ „Na, dann mal los“, meint Lorenz Maroldt und merkt zum Schluss an: „Ach, und die Jusos (sie stellen 1/3 der SPD-Mitglieder) halten Mietendeckel und Kommunalisierung ohnehin für einen ‚Tropfen auf dem heißen Beton‘ - sie plädieren u.a. für eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes.“

Längst ist der Mietendeckel zu einem bundespolitischen Thema geworden. „Mit Interesse verfolgen auch viele Politiker aus anderen Bundesländern das Berliner Vorgehen.“, schreibt die Berliner Morgen-post. „Diese Woche gab es ein Treffen von Journalisten und Politikern des Landes Schleswig-Holstein. Dessen Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) ist zurzeit Bundesratspräsident – als Nachfolger von Michael Müller. Zu dem Treffen im Bundesratsgebäude hatte Günther auch seinen Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) mitgebracht. Der warnte vor dem Berliner Versuch. Mit dem Mietendeckel und der Bundesratsinitiative zur Grundsteuer, die demnächst nur noch die Eigentümer zahlen sollen, beschreite Berlin einen gefährlichen Weg. Man verspreche den Bürgern Dinge, die kaum zu halten seien. Grote geht davon aus, dass die Grundsteuer im Bundesrat keine Mehrheit findet. Dann sei das nur eine Show-Politik.“

Das nennt man Dauerwahlkampf, in dem wir uns ja auch ständig befinden. Am 27. Oktober wird in Thüringen gewählt. Da stellt die Linke mit Bodo Rame-low den Ministerpräsidenten in einer Koalition mit der SPD und den Grünen. Das könnte wieder knapp werden, denn schon jetzt verfügt die Koalition im Landtag nur über eine Stimme Mehrheit. Die jüngste Umfrage sieht wie folgt aus: In Klammern das Ergebnis von 2014 – CDU 24% (33,5%), SPD 9% (12,4%), Grüne 11% (5,7%), FDP 4% (2,5%), Linke 26% (28,2%), AfD 21% (10,6%).

Ed Koch

  
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